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Manila
Deutschland
überall
"Der
Totmacher" war ein starker Film. Aus drei Gründen: Romuald Karmakar
schrieb ein dichtes Drehbuch, er trieb die Schauspieler zu Höchstleistungen
und konstruierte mit seinem Kameramann Fred Schuler eine sensationelle Auflösung
des Raums.
Sein
neuer Film "Manila" erscheint zunächst ebenfalls als ein äußerst
mutiges Projekt: Eine Gruppe deutscher Urlauber steckt auf dem Flughafen in
Manila fest, und im Laufe der zermürbenden Wartezeit zeigt irgendwann jeder
sein wahres Gesicht. Mit gut einem Dutzend Hauptfiguren wartet das Drehbuch
auf, die sich auf beschränktem Raum über fast zwei Stunden hinweg
zum Teil extremen Entwicklungen hingeben: drei Probleme in einem Satz, zwei
davon bleiben im Film ungelöst. Da wäre der "beschränkte
Raum", von Bauten-Methusalem Rolf Zehetbauer zwar irgendwie flughafenadäquat
ausgestattet, doch hängt jedem seiner Motive so deutlich die Studioatmosphäre
an, dass diesem Umstand zum großen Teil der theatrale Mief zuzuschreiben
ist. Auch die Lichtsetzung dürfte das ihrige dazu beigetragen haben, dass
selbst das Airportklo wirkt wie auf Presspappe genagelt und der Sonnenuntergang
müde von einer Panoramatapete herunterlächelt. Kein Wunder also, daß
Fred Schuler so seine liebe Müh' mit den Räumen bekommt.
Dass
die Deko dem Hintergrund eines Kasperletheaters ähnelt, wäre zu verkraften,
schließlich will "Manila" beileibe kein Hochglanzmainstream
sein; dass aber die Figuren streckenweise gleiche Assoziationen erwecken, bleibt
schwer verzeihlich. Da legt Martin Semmelrogge beispielsweise schwitzend einen
sicherlich irgendwie gelungenen tobenden Nervenzusammenbruch hin, der allerdings
jeglicher Grundlage entbehrt. Keine Ahnung, was in der Figur vorgeht, warum
sie gerade jetzt ausflippt, keine Ahnung, warum Herbert Feuerstein am Ende den
Steward anfällt, keinen blassen Schimmer, warum Elizabeth McGovern Sex
mit Jürgen Vogel hat oder warum sich Manfred Zapatka auf dem Klo einen
runterholt. Von vornherein erscheint es derart offensichtlich, worauf das Buch
hinauswill, dass all die großen Gesten die Oberfläche aufwärts
durchdringen und zu Stolpersteinen mutieren. Das ist besonders bedauerlich,
weil Romuald Karmakar seine Darsteller hinreißend zu inszenieren versteht.
TV-Stammgäste wie Michael Degen oder gerade der imposante Manfred Zapatka
zeigen lange nachwirkende Präsenz, Elizabeth McGovern ist verführerisch
wie lange nicht, und selbst Sky Dumont fügt sich nach seinem Kubrick-Abstecher
(und immerhin 59 Folgen "General Hospital") in das Ensemble ein. Doch
was vermag ein Schauspieler noch zu zaubern, wenn das Geheimnis seiner Rolle
von Beginn an gelüftet ist?
So
bleibt "Manila" in seiner scheinbaren Boshaftigkeit und seiner platten
Obszönität am Ende doch erschreckend harmlos. "Polizeistunde
kennen wir nicht", singt am Ende der Chor der Steckengebliebenen aufmüpfig.
Das glaube ich ihnen nicht.
Oliver
Baumgarten
Diese
Kritik ist zuerst erschienen bei:
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diesem Film gibt’s im archiv
der filmzentrale mehrere Kritiken
Manila.
D 2000. R,B: Romuald Karmakar. B: Bodo Kirchhoff. K: Fred Schuler. S: Peter Przygodda. M:
Stefan Broedner. P: Pantera/Cobra/Senator. D: Margit Carstensen, Michael Degen, Sky
Dumont, Herbert Feuerstein, Peter Rühring, Martin Semmelrogge, Manfred
Zapatka, Jürgen Vogel, Elizabeth McGovern, Eddi Arent, Jochen Nickel u.a.
115 Min. Senator ab 29.6.00
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