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Masked
and Anonymous
Blowin'
in the wind
Grotesk. Absurd. Eigenwillig. Charakteristika, die
entweder seit je her das Faszinosum des pilgernden Troubadours markieren oder
diesen nun um dieselbigen bereichern, und wer, wenn nicht die ewige Ikone des
kryptischen Pops, Bob Dylan alias Robert Allen Zimmermann selbst wäre adäquat
in der Lage aus Qualitäten wie diesen, eine nicht weniger inkohärente
filmische Botschaft an ein interpretationswilliges Publikum zu bringen.
Worum es eigentlich geht, bleibt lange im Verborgenen,
versteckt hinter post-apokalyptischer Satire mittels einer plumpen Bananen-Republik,
die vermutlich Americana genannt werden darf und den irrsinnigen Anwandlungen
des gesellschaftlichen Umsturzes. Gelegentlich wird von Revolutionen und Revoluzzern
gefaselt, deren Ziel es ist, der Omnipräsenz des Diktators (Richard C.
Sarafina) ein Ende zu setzen. Man fühlt sich an totalitäre Staatsapparate
erinnert, um im nächsten Schritt von der Naivität der Handlung eingeholt
zu werden.
Durch Uncle Sweetheart (John Goodman) beispielsweise.
Ein in die Jahre gekommener Musik-Agent und Konzert-Organisator. Bei ihm beginnt
der abstruse Faden, der zielgerichtet zu Jack Fate (Bob Dylan) führt, einem
inhaftierten Ex-Musiker, den Sweetheart für ein Benefiz-Konzert engagieren
will, gegen Armut undso, vor allem aber für sich oder besser gesagt unangenehme
Verbindlichkeiten mit dem Mob, denn echte Größen wie Sting oder Springsteen
hatten wider Erwarten andere Pläne.
Fate, der wandernde Barde, wird prompt aus der Haft
entlassen und begibt sich auf eine doch zumeist surreale Reise durch dieses
möglicherweise als Alternativ-America oder zivilisatorische Provinz deklarierte
Terrain. Ebenso sensibel wie diese durch Rebellen, Zynismus und Gewalt bestimmte
Parallelwelt reagieren die mitunter befremdenden Charaktere, denen der wortkarge
und, gelinde gesagt, ineffizient agierende Fate/Dylan unterwegs begegnet. Personen,
die ungefragt über Krieg sinnieren (Giovanni Ribisi) oder sich in utilitaristischer
Tierethik verlieren (Val Kilmer), ungleiche Paare wie der zynische Journalist
Tom Friend (Jeff Bridges) und seine seltsame, betende und hypernervöse
Freundin (Penélope Cruz) oder Bobby Cupid (Luke Wilson), einen ergebenen
Fan.
Eine Suche nach Antworten. Der Film verschweigt sie
gänzlich. Nuancen der Zusammenhänge werden in Facetten erkennbar,
aber nur dann, wenn man sie sehen will. Einzig die Musik hält zusammen,
was wohl nicht planmäßig liiert ist, denn trotz all der geballten
Prominenz an Darstellern, die ohne weiteres in der Lage wären, dem limitierten
und weitgehend langweiligen Spiel der Hauptfigur entgegenzuwirken, bleiben tatsächliche
Antworten nur Schall und Rauch, irgendwo im immerwährenden Wind Dylan'scher
Poesie.
Um es vorwegzunehmen: es wird niemals deutlich, worum
es eigentlich geht. Der inhaltliche Sinn dieser frei beweglichen Parabel und
allseitig interpretierbaren Farce scheint das Verborgene zu schätzen. Vielleicht,
weil es dort so etwas wie den Schutz vor Entlarvung gibt, sich der Film ganz
bequem einnisten kann in der Gewissheit, dass diese abstrakte und bisweilen
idiotische Kunst sich nur dem Auge des wahrlich Sehenden erschließen wird.
Alle anderen sind wohl Blinde unter Blinden.
Patrick Joseph
Dieser Text ist zuerst erschienen
bei www.ciao.de
Masked
and Anonymous
USA
2003
Regie:
Larry Charles
Drehbuch:
Bob Dylan & Larry Charles
Darsteller:
Bob
Dylan, Jeff Bridges, Penélope Cruz, John Goodman, Jessica Lange, Luke
Wilson, Angela Bassett, Steven Bauer, Michael Paul Chan, Bruce Dern, Ed Harris,
Val Kilmer, Cheech Marin, Chris Penn, Giovanni Ribisi
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