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Matrix
Reloaded
„Matrix“
war 1999 eine Sensation – visuell, filmhistorisch (kann man heute fast schon
sagen), der Look, die Geschichte, ja die verkehrte Welt, die die Wachowskis
dem Publikum präsentierten, schlugen ein wie eine Bombe. Eine vor allem
in Grün und Schwarz gehaltene Welt, in der Morpheus (Laurence Fishburne),
einer der wenigen Menschen im Kampf gegen eine von hochentwickelten Maschinen
beherrschte Welt, Neo (Keanu Reeves) in die Geheimnisse dieser Matrix einführt
und in ihm den Erlöser sieht, der allein in der Lage ist, den Kampf gegen
die Maschinen zu gewinnen – eine Welt, in der die Körper von Menschen als
Energiereservoir dienen, während ihrem Geist eine normale Welt vorgegaukelt
wird, die jedoch rein virtuellen Charakter hat.
Zumindest
eines bewirkte „Matrix“. Der Film dokumentierte eine Welt, in der das Visuelle
sich verselbständigte und die Unterscheidung zwischen Fiktion und Realität
nicht mehr eindeutig gelingen konnte – eine Thematik, die mehr mit unserer Gegenwart
als mit einer fernen Welt oder Phantasien zu tun hat.
Jetzt
dient „Matrix“ als Werbeträger u.a. für Trinkbares. Agent Smith (Hugo
Weaving) wird zur Witzfigur der Werbebranche, und der Rummel, der um das Sequel
getrieben wurde und wird und auch um den dritten Teil, der im November 2002
folgen wird, holt das Kino von seinem Anspruch als Kunst- und Kultstätte,
als Ideenlieferant und Phantasieproduzent wieder zurück in die Niederungen
des ökonomisch beherrschten Alltags und der Banalität der Geschäftstüchtigkeit.
„Matrix
Reloaded“ ist ein guter Sciencefiction, die nicht besonders reizvoll gelungene
Fortsetzung von „Matrix“ auf inhaltlich mittelmäßiger Ebene und eben
keine filmische Revolution. Vielleicht haben die Wachowskis das auch nicht beabsichtigt.
Zum
Inhalt des Sequels sei nur so viel verraten: Der Kampf geht weiter. Zion, die
letzte Zufluchtsstätte der befreiten Menschen, ist in Gefahr, von den Maschinen
unter Führung eines zigmal geklonten Agent Smith und anderer Software-Übeltäter,
u.a. der weißhaarigen, langmähnigen Zwillinge (Neil und Adrian Rayment)
endgültig zerstört zu werden. Im Kreis der Verteidiger herrscht Zwist.
Während Commander Lock (Harry J. Lennix), der Vorgesetzte von Morpheus
und mit dessen Ex-Partnerin Niobe (Jada Pinkett Smith) liiert, alle Kampfeinheiten
auf die Verteidigung von Zion konzentrieren will, glaubt Morpheus weiterhin
an die Prophezeiung und die Weissagungen des Orakels (Gloria Foster) – und damit
auch an die zentrale Rolle von Neo als Erlöser. Der Senat erlaubt Morpheus,
gegen den Willen von Lock den Kampf gegen die Maschinen in der virtuellen Welt
weiterzuführen.
Ein
gewisser Merovingian (Lambert Wilson) soll wissen, wo sich der Schlüsselmacher
(Randall Duk Kim) befindet, der im wahrsten Sinn des Wortes die Schlüssel
zur Zentrale des „Maschinenparks“ besitzen soll. Allerdings weigert sich Merovingian,
Neo, Morpheus und Trinity den Weg zum Schlüsselmacher zu zeigen. Seine
Partnerin Persephone (Monica Bellucci) denkt da anders ...
Sequels
haben es bekanntlich nicht leicht. Nur selten gelingt eine auch nur annähernd
qualitativ vergleichbare Leistung, so etwa beim zweiten Teil von „Der Pate“
und bei „Aliens“ als Sequel von „Alien“. „Matrix Reloaded“ leidet aber nicht
nur unter dem Erfolgszwang des Sequels. Die Geschichte, die der Film erzählt,
ist auf eine enttäuschende Art wenig spannend und bietet gegenüber
Part One kaum etwas originell Neues. Nebenschauplätze wie die Konkurrenz
zwischen Morpheus und Lock oder das Tauschgeschäft zwischen Persephone
und Neo (sie liefert den Schlüsselmacher gegen einen Kuss von Neo, so wie
Neo Trinity küssen würde) tragen zur Handlung nichts bei. Der erste
Teil, der sich u.a. mit den Auseinandersetzungen unter den Commandern beschäftigt,
ist langatmig und endet mit einer Rede von Morpheus vor den Menschen in Zion,
die an trivialer Dialogfreudigkeit kaum zu überbieten ist, auch wenn diese
Szene visuell beeindrucken kann. Das Mysteriöse, Rätselhafte, lange
Zeit Unbekannte, das „Matrix“ auszeichnete, etwa auch die Rolle des Orakels,
verkommt im Sequel zu Star-Wars-ähnlichem Geplänkel, wie der Film
überhaupt eher an eine Geschichte von George Lucas erinnert als an die
Fortsetzung von „Matrix“. Dieser Vergleich soll nicht bedeuten, dass „Matrix
Reloaded“ ein schlechter Film sei. Er ist nur keine angemessen qualitative Fortsetzung
von „Matrix“.
Die
Wachowskis legten sehr viel Wert auf Verfeinerung und Ausbau der Actionsequenzen,
der digitalen Tricks, der Kampfszenen, aber sie vernachlässigten die Idee
des Projekts und seine Geschichte. Hervorzuheben sind eine Verfolgungsjagd von
14 Minuten über den Highway, eine Kampfszene zwischen Neo und Agent Smith
in Mehrfachanfertigung (an die 100 Agents) sowie die Einführung einer neuen
Figur, dem Erfinder der Matrix, genannt „Der Architekt“, die Stoff für
den dritten Teil liefert.
„Matrix
Reloaded“ wäre „ohne“ „Matrix“ ein (bei wenigen Abstrichen) exzellenter
Sciencefiction, der anderen Erfolgen des Genres in nichts nachstehen würde.
„Mit“ „Matrix“ ist der Film nur ein mäßiges Sequel, was vielleicht
auch die Schwierigkeiten dokumentiert, die in einer Trilogie oftmals der zweite
Teil mit sich bringt. So ist das Ende von „Matrix Reloaded“ in jeder Hinsicht
offen gelassen; man befindet sich sozusagen mitten in der entscheidenden Schlacht,
und es bleibt demzufolge leider abzuwarten, was „Matrix
Revolutions“
im November zu bieten hat.
Wertung:
7,5 von 10 Punkten.
Ulrich
Behrens
Dieser
Text ist zuerst unter dem Namen POSDOLE erschienen in: ciao.de
Zu
diesem Film gibt’s im archiv
der filmzentrale mehrere Texte
Matrix Reloaded
(The Matrix Reloaded)
USA
2003, 136 Minuten
Regie:
Andy Wachowski, Larry Wachowski
Drehbuch: Andy Wachowski, Larry Wachowski
Musik: Don Davis
Director of Photography: Bill Pope
Schnitt:
Zach Staenberg
Produktionsdesign: Owen Paterson, Hugh Bateup, Catherine Mansill,
Charlie Revai, Jules Cook, Mark Mansbridge
Hauptdarsteller: Keanu Reeves (Neo), Laurence Fishburne (Morpheus),
Carrie-Ann Moss (Trinity), Hugo Weaving (Agent Smith), Jada Pinkett Smith (Niobe),
Gloria Foster (Das Orakel), Monica Bellucci (Persephone), Collin Chou (Seraph),
Nona Gaye (Zee), Randall Duk Kim (Der Schlüsselmacher), Harry J. Lennix
(Commander Lock), Harold Perrineau Jr. (Link), Neil Rayment (Zwilling 1), Adrian
Rayment (Zwilling 2), Lambert Wilson (Merovingian), Anthony Wong (Ghost), Anthony
Zerbe (Senator Hamann), Helmut Bakaitis (Der Architekt)
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