zur
startseite
zum
archiv
Men
in Black II
Déjà-vu
der Killerschaben
Variationen
eines Blockbusters: "Men in Black II"
Die
Erde, ach was, die ganze Galaxis war von Ungeziefer bedroht. In der mehr schlecht
als recht übergestülpten Haut eines tumben Farmers zog 1997 eine intergalaktische
Riesenschabe die Aufmerksamkeit jener Organisation auf sich, die Barry Sonnenfelds
Kinohit seinen Namen gab. Ein Fall für die Men
in Black
(MIB),
eine geheime Alien-Einwanderungsbehörde in Manhattan, vertreten durch die
Spitzenkräfte Agent K (Tommy Lee Jones) und Agent J (Will Smith). "Wir
haben eine Schabe", lautete Ks knappe Warnung. Genauer gesagt war es neben
dem Monster eine ganze Masse von Schaben, die permanent aus der notdürftigen
Menschenverkleidung purzelten.
In
Men
in Black II
sind aus den Insekten nun schlangenartige Pflanzenwesen geworden und aus ihrer
behelfsmäßigen Bauernverpackung ein Topmodel aus dem Unterwäschekatalog,
gespielt von Lara Flynn Boyle. Wie schon MIB
präsentiert sich auch die Fortsetzung MIIB
als Blockbuster in Gestalt eines Science-Fiction, der im Sinne zeitgemäßer
Zielgruppenerweiterung zusätzlich alles Mögliche ist und auch sein
will: zum Beispiel ein Buddy-Movie der notorisch ungleichen Partner, eine Mystery-Verschwörungsposse,
eine Comic-Verfilmung, eine Werbung für den Soundtrack und die MIB-Computerspiele,
ein Monster- und Polizeifilm, eine Verwurstung der Blues Brothers und noch dazu
- um es mit K zu sagen - "Casablanca, nur ohne Nazis".
In
diesem selbstbewussten Alien-Organismus ist das Flüchtlingsthema eine Art
Herzstück. Nicht nur, weil es bei den Men
in Black
ja um nichts anderes als Einwanderung und Abschiebung geht und Alien im Amerikanischen
sowohl Außerirdischer als auch Ausländer meinen kann. Auch der Titel
führt zum Diskurs um Migration und Staatsgewalt: Immerhin teilt die Behörde
ihren Namen mit der 1995 in Frankreich gegründeten Initiative M.I.B. (Mouvement
de l'immigration et des banlieues; Bewegung der Einwanderer und der Banlieues),
die unter anderem gegen Polizeiwillkür und skandalöse Abschiebungspraxis
vorgeht.
Sowohl
in MIB
als auch in MIIB
wird zwischen guten (erwünschten) und bösen (unerwünschten) Fremden
streng unterschieden, wobei man Letztere im Bedarfsfall kurzerhand eliminiert.
"Die besten Viecher sind tote Viecher!" Andererseits aber wurde schon
beim ersten Teil darauf geachtet, dass die wahre Alien-Bedrohung, "der
Abschaum des Universums", als Mensch weißer Hautfarbe auftritt. Das
ist auch im zweiten Teil nicht anders, und diesmal wird sogar noch auf einen
früheren Kritikpunkt reagiert. Waren in MIB
lateinamerikanische Einwanderer latent als ungute Fremde verdächtig, spielt
in MIIB
mit Rosario Dawson eine Vertreterin der new wave of Latina leading ladies die
(positive) weibliche Hauptrolle. Sehr verdächtig - so viel zu den Vorurteilen
- bleiben allerdings Blumen.
Ansonsten
tauchen die alten Freunde der Agenten wieder auf, allen voran das bekiffte Wurm-Quartett
aus der MIB-Kaffeeküche
und der Hund Frank the Pug, der kurzzeitig sogar Js Partner wird und seine Version
von I will survive intoniert: "I know you're back from outer space ...".
Alles in allem ist Men
in Black II
gar keine Fortsetzung, sondern eine variierte, auf 88 Minuten komprimierte,
dreiste und überaus smarte Wiederholung des ersten Teils. Sie entspringt
ganz und gar der Logik der Marke MIB
und wendet mit der darin verankerten Selbstironie die aufgestellten Regeln an.
Back in Black: Nachdem das Musikvideo zu Will Smiths Titelhit Men in Black seinerzeit
damit geendet hatte, den berühmten Gedächtnis-Neutralisator direkt
auf Kamera und Publikum zu richten, ist es nur folgerichtig, dass mit MIIB
quasi der gleiche Film als Neuheit verkauft wird - die Erfüllung eines
Produzententraums.
Jan
Distelmeyer
Dieser Text ist zuerst erschienen in der: Zeit
Men
in Black 2
USA
2002 - Regie: Barry Sonnenfeld - Darsteller: Tommy Lee Jones, Will Smith, Lara
Flynn Boyle, Johnny Knoxville, Rip Torn, Rosario Dawson, Tony Shalhoub, Patrick
Warburton, Jack Kehler, David Cross - FSK: ab 12 - Länge: 88 min. - Start:
18.7.2002
zur
startseite
zum
archiv