Die
Mörder sind unter uns
Die
Mörder sind unter uns
ist der erste Teil einer Trilogie von Wolfgang Staudte über den Umgang
der Deutschen mit ihrer Vergangenheit (Rotation
(1949), Der
Untertan
(1951))
und die wohl schärfste Abrechnung mit den Verdrängungsmechanismen
der Nachkriegszeit.
Staudte
war trotz seiner antifaschistischen Ansichten während des Krieges als Schauspieler
an Nazipropagandafilmen (Legion
Condor,
Jud
Süß)
beteiligt, um seine Einberufung an die Front zu verhindern. Insofern ist sein
Film auch ein Stück persönliche Vergangenheitsbewältigung.
Da
die westliche Besatzung eine Filmproduktion unter rein deutscher Regie noch
ablehnte, wurde dies auch einer der ersten Filme der ostdeutschen DEFA-Studios.
Der ursprünglich als Der
Mann, den ich töten werde
geplante Film, an dessen Ende der heimkehrende Frontsoldat seinen ehemaligen
Hauptmann zur "Wiedergutmachung" von dessen Kriegsverbrechen erschießen
sollte, erschien jedoch auch den dortigen Besatzungsmächten als zu offener
Aufruf zur Selbstjustiz, so daß Staudte zu einigen dramaturgischen Verrenkungen
greifen mußte, um noch zu einem damals moralisch korrekten Schluß
zu kommen.
In
phantastischen Bildern, die noch ganz die Aura des Stummfilmexpressionismus
ausstrahlen, inszeniert Staudte die Trümmerstadt Berlin von 1946, und geht
bei der Stromknappheit der Zeit bis an die Grenzen des technisch Machbaren,
als er die pittoresken Ruinen für den "Abendspaziergang" der
beiden Hauptfiguren taghell ausleuchten läßt. Um zu seiner extrem
bitteren Aussage zu kommen, wurde das Szenario allerdings mit zu vielen satirischen,
eindimensionalen Figuren bevölkert; darin steht Staudte dann doch in einer
Tradition, die von Sergei Eisenstein bis zur Einhämmer-Symbolik des Nazi-Films
(bei dem er nun mal gelernt hat) reicht. Auch Hildegard Knef paßt mit
ihrem Diva-Look nicht so recht in das Umfeld der Trümmerfrauen.
Interessant
ist allemal die Parallele zwischen dem Hauptdarsteller F. W. Borchert und dem
1947 von Wolfgang Borchert inszenierten Theaterstück Draußen
vor der Tür,
das sich seinerseits mit der Problematik der schweigenden Mehrheit, den daheimgebliebenen
"Mördern unter uns", die nun vom Wiederaufbau profitieren, auseinandersetzt.
Johann
Georg Mannsperger
Dieser
Text ist zuerst erschienen in:
Die
Mörder sind unter uns
D 1946
R:
Wolfgang Staudte D: Hildegard Knef, Ernst Wilhelm Borchert