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Napola
– Elite für den Führer
Alles
wegen Dr. Theo Sommer (Die Zeit), dem "Meinungsmacher". So Napola-Regisseur
Dennis Gansel ("Mädchen Mädchen!"). Denn als Adolf-Hitler-
resp. Napola-Schüler sei der junge Theo ja ausgebildet worden, Herrscher
des tausendjährigen Reiches zu werden "mit den Berufszielen: Gauleiter
von Minsk oder London", und Gansel, 30 Jahre alt, sinniert: "Hätte
der Krieg nur wenige Jahre länger gedauert", wären Theo Sommer
- und Persönlichkeiten wie Hardy Krüger, Hellmuth Karasek, Alfred
Herrhausen - "Manager einer modernen Tyrannei" geworden. "Das
fand ich faszinierend." - Was "in extrem schwierigen Zeiten"
(Filmverleih) in den "Kaderschmieden des Dritten Reiches" vorging,
sei lange verschwiegen worden.
Damit
ist nun aber Schluss, denn jetzt klärt uns der Film über die Nationalpolitischen
Erziehungsanstalten auf und über das faszinierende "Erziehungskonzept
des Führers" nicht nur für Dr. Theo Sommer, nein, für die
ganze "gewalttätige, herrische, unerschrockene, grausame Jugend"
des Führers. Ein Zitat von Adolf Hitler selbst, wie uns versichert wird.
Damit
nun keiner etwas in den falschen Hals bekommt: im "Napola"-Film geht
es nicht um Theo, sondern um Friedrich (Max Riemelt), und der ist 17 Jahre alt
und entflieht soeben (1942) der Arbeiterfamilie in Berlin-Wedding, wo das Klassendenken
herrscht. Per Autostopp (!) erreicht er mit glänzenden Augen die Napola
Allenstein, erfreut sich der dort herrschenden "Jungmannen"-Erotik
(nackt, wenn möglich) und freundet sich, da die Klassenschranken niedergerissen
sind, mit dem Gauleitersohn Albrecht an (Tom Schilling). Sport (Boxen), Segelfliegen,
Kameradschaft!
Wir
haben den Blick frei und das Bild pur. Alles eins zu eins, und die rechte Haltung
dazu wäre affirmativst -; okay: voll affirmativ. Der Ton (Ecki Kuchenbecker)
ist klasse. Das Schmackes, wenn der Boxhieb gekonnt im Gesicht des anderen landet.
Das ist professionell. So gut hab ich das lange nicht gehört. Und doch
ist etwas schlecht, denn, ach, es ist Krieg, und ein verletzter russischer Kriegsgefangener
wird vom Gauleiter Wartheland erschossen, obwohl der Russe sich soeben noch
mit spassibo, towarisch! per Handschlag beim deutschen Kameraden für erste
Hilfe bedankt hatte. Auch er im Jungmannenalter.
Sohn
Albrecht begehrt auf: "Das Böse bekämpfend, sind wir Teil des
Bösen geworden." Das klingt nun aber nach Irakkrieg. Die Nazis nannten
"das Weltjudentum" beim bösen Namen. Sind die Nazis jetzt Teiljuden?
- Die Drehbuchautoren Maggie Peren und Dennis Gansel haben 2003 für "Napola"
den Deutschen Filmpreis für das beste noch nicht verfilmte Drehbuch bekommen.
Ja,
wenn die Napola-Methoden nicht so grausam gewesen wären … ! - Um das Schlimmste
zu verhindern, rettet sich Faszinosum-Gansel in klasse Kunstgewerbe. Sucht da
einer unter der Eisdecke den Suizid, wird die Unterwasserkamera ausgiebig eingesetzt,
und statt den Albrecht zu retten, wird dann auch noch von oben durch das Eis
gefilmt, damit wir sehen, wie malerisch sich das Gesicht des Napola-Schülers
von unten an die Decke pressen kann. Schön ist das, aber auch ein wenig
traurig. Deswegen gibt es zum Schluss noch ein sportliches Box-Match zwischen
Napola Allenstein und Napola Potsdam. Potsdam siegt, und die FFA Berlin hat
den Film gefördert, nur die Bayernförderung hat das Nachsehen.
Im
Nachspann sprießen wunderschöne Eisblumen zu dem, was uns die Inschrift
noch schnell zu sagen hat. Wir haben ein Kriegerdenkmal gesehen! Die Napola-Schüler:
"Aus ihren Reihen fiel jeder Zweite." - O Gott, und Dr. Theo Sommer
lebt!
Dietrich
Kuhlbrodt
Dieser
Text ist zuerst erschienen in der taz Nr. 7563 vom 13.1.2005
Zu
diesem Film gibt’s im archiv
der filmzentrale mehrere Texte
Napola
- Elite für den Führer
Deutschland
2004 - Regie: Dennis Gansel - Darsteller: Max Riemelt, Tom Schilling, Devid
Striesow, Joachim Bißmeier, Justus von Dohnányi, Michael Schenk,
Florian Stetter, Alexander Held - Prädikat: wertvoll - FSK: ab 12 - Länge:
115 min. - Start: 13.1.2005
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