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Nichts
bereuen
Benjamin
Quabeck macht sich Gedanken über das Erwachsenwerden
Beim
diesjährigen Münchner Filmfest hat Nichts
Bereuen
den Regiepreis der HypoVereinsbank erhalten. Regisseur Benjamin Quabeck, der
auch Autor der Romanvorlage ist (nicht aber des Drehbuchs), studiert noch an
der Filmakademie Baden-Württemberg.
Nichts
bereuen.
Ein befremdlicher Titel für einen jungen deutschen Film. Doch immer öfter
in letzter Zeit sieht es so aus, als würde die aktuell junge Generation
die fröhliche Dauerjugend der heute 50-Jährigen mit vorzeitiger Veralterung
parieren. 16-Jährige sinnieren über Lebensplanung, mit 20 werden erste
Resümees der Versäumnisse gezogen. So hat auch das Erwachsenwerden
einen neuen Stellenwert bekommen. Früher fand es einfach irgendwie statt
(oder auch nicht), heute wird es gleichzeitig zu seinem Stattfinden als Zustand
dauerreflektiert.
Auch
Nichts
bereuen
ist ein Film über das Erwachsenwerden. Protagonist ist Daniel, ein Abiturient,
der uns in die Kamera erzählt, dass er als 15-Jähriger angesichts
eines Mädchens erkannt hat, dass es nun mit der Kindheit vorbei sei. Das
Mädchen heisst Luca, und sie ist nicht nur hübsch, man kann mit ihr
auch über die große Liebe, das Heiraten und so weiter fantasieren.
Luca ist der Klassenstar. Und sie ist verdammt cool. Doch dann geht sie nach
Amerika. Und Daniel bekommt von seinem Vater gegen seinen Willen eine Zivildienststelle
in einer Kirche besorgt, die er auch antritt.
Wie
viele der interessanteren jungen deutschen Filme ist Nichts
bereuen
im nervösen Digital-Hand-Kamera-Look gedreht. Wie viele andere auch ist
er situativ und sprachlich nah dran am Lebensalltag seiner Wuppertaler Protagonisten.
Hauptdarsteller Daniel Brühl, der schon letztes Jahr beim Saarbrücker
Festival als aufsteigender Star gefeiert wurde, gibt dem gleichnamigen Helden
eine beiläufige Präsenz. Anscheinend aber reichte solche Alltags-Gewöhnlichkeit
den Machern nicht. So versucht das Drehbuch immer wieder, mit haarsträubenden
Wendungen und Witzchen der Sache Drive zu geben und bringt seine Geschichte
damit um die Glaubwürdigkeit. So in einer zentralen Szene, in der Daniel
die Wohnung einer Bekannten im letzten Moment vor dem Beischlaf (kurzes Flashback
auf eine Fantasie mit Luca: Aha!) in Panik nackt durch das Badezimmerfenster
verlässt, bevor er sich dann kurz drauf in seiner Kirche ans Kreuz schlägt
(ja, wirklich!). Dadurch lernt er die mütterliche Krankenschwester Anna
kennen, die ihm gleich eine neue Zivistelle verpasst und ihn dann entjungfert.
Und dann ist Nicole wieder da und das Dreieck vollendet. Es folgen ähnlich
unmotiviert noch der alkoholbedingte Tod eines Pflegefalles und ein brutaler
Tankstellenüberfall, der so gar nicht zu dem zurückhaltenden Daniel
passen will. „Ich wollte es einfach machen, solange ich noch Lust dazu habe",
sagt der 19-Jährige dem Richter. Bereuen tue er nichts. Es lässt sich
wohl vorstellen, was dieser Film uns sagen will. Aber es funktioniert nicht.
Bei aller Sympathie: Erwachsenwerden allein ist abendfüllend höchstens
für die Betroffenen selbst.
Silvia
Hallensleben
Dieser
Text ist zuerst erschienen bei:
Zu
diesem Film gibt’s im archiv
der filmzentrale mehrere Kritiken
Nichts
bereuen
BRD
2001. R: Benjamin Quabeck. B: Hendrik Hölzemann. P: Stephanie Wagner. K:
David Schultz. Sch: Tobias Haas. M:
Lee Buddah. A:
Miriam Möller, Markus Wollersheim. Ko:
Sandra Schulte. Pg:
Arri/WDR. V: Ott Film, Clausewitzstr. 6,
10629 Berlin. L: 98 Min. Da: Daniel Brühl (Daniel), Jessica Schwarz (Luca),
Denis Moschitto (Dennis), Josef Heynert (Axel), Sonja Rogusch (Maria), Marie-Lou
Sellem (Schwester Anna). Start: 15.11.2001 (D).
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