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No
Man’s Land
Der
Antikriegsfilm gehört spätestens seit „Die
durch die Hölle gehen“
(Michael Cimino, 1978) und „Apocalypse
Now“
(Francis F. Coppola, 1979) zu den etablierten Genres des amerikanischen Kinos.
Meistens beschäftigen sich diese Streifen mit dem Vietnamkrieg; in so gut
wie allen sind Blutvergießen und maßlose Schießereien die
Mittel der Wahl, um dem Zuschauer die Sinnlosigkeit des Krieges vor Augen zu
führen.
In
„No Man’s Land“ beschreitet der bosnische Regisseur Danis Tanovic einen anderen
Weg, um die Absurdität des Krieges zu veranschaulichen. Keine großangelegten
Schlachten, keine Bombardements werden hier gezeigt, sondern eher eine „kammerspielartige“
Dramaturgie entwickelt:
Bosnien-Krieg
1993. Der Zufall führt einen serbischen und einen bosnischen Soldaten in
einem Schützengraben im „Niemandsland“ zusammen. Besonders heikel wird
die Situation durch eine Mine, die bei der kleinsten Bewegung des Schwerverletzten,
der auf ihr liegt, zu explodieren droht. Die Männer liefern sich einen
absurden Kleinkrieg, während die Artillerie von beiden Seiten feuert. Dauernd
wechseln die Vorwürfe im Wortgefecht, ab und zu wechseln auch die Waffen
den Besitzer, doch im Kern ist der Dialog simpel: „Ihr habt den Krieg begonnen!“
„Nein, ihr!“.
Entgegen
den Befehlen seiner Vorgesetzten entschliesst sich ein französischer Unteroffizier
der „Blauen Helme“ einzugreifen. Dieser wird von einer britischen Journalistin
begleitet, die die Rettungsaktion in ein Medienspektakel verwandelt.
Durch
seine weitgehend dem absurden Theater nahe Inszenierung („Warten auf Godot“
lässt grüssen) gelingt es Tanovic, ohne das übliche Feuerwerk
der amerikanischen Antikriegsfilme die Sinnlosigkeit des Krieges im ehemaligen
Jugoslawien vorzuführen. In einem Interview äußert der Regisseur:
„Wie soll ich erklären, dass ein Junge, mit dem ich zusammen studiert habe,
mit dem ich allerhand angestellt habe, von einem anderen Tag auf den anderen
ein Gewehr genommen hat, um in der Stadt auf alles zu schiessen, was sich bewegt?“
Um diese Ratlosigkeit mit den Mitteln des Kinos zu illustrieren, setzt Tanovic
auf eine Satire mit knappen Dialogen. So etwa als die zwei Männer feststellen,
dass die Frau, für die sich der eine vor ein paar Jahren interessierte,
eine Klassenkameradin des anderen war.
Oft
genügen auch kleine Gesten mit starkem symbolischem Charakter, um die absurde
Situation zu demonstrieren: Verbunden durch das gemeinsame Schicksal kommen
sich der Serbe und der Bosnier bisweilen näher. Mitunter scheint es, als
könnten wenigstens sie untereinander Frieden schließen. Einmal sind
sie sogar so weit, dass der eine dem anderen die Hand reicht. Dieser scheint
zunächst einschlagen zu wollen ... bis er es sich doch noch anders überlegt:
„Sollen wir jetzt auch noch die Visitenkarten tauschen?“, lautet dann die ironische
Antwort. Der alte Kampf geht weiter in diesem Mikrokosmos des Schützengrabens
im Niemandsland.
Die
Satire über die zwei sich bisweilen näher kommenden und dann doch
wieder einander bekämpfenden Soldaten, über die schillernde Rolle
der UN-Streitkräfte und der nach Nachrichten begierigen Medien enthält
urkomische Züge, aber dem Zuschauer gefriert das Lächeln auf den Lippen.
„No
Man’s Land“ gewann 2002 den Oscar und den Golden Globe als „Bester nicht-englischsprachiger
Film“ sowie den Preis für das „Beste Drehbuch“ in Cannes und bei den European
Film Awards 2001.
José García
Diese Kritik ist zuerst erschienen bei: texte zum film
No
Man’s Land
Regie:
Danis Tanovic
Darsteller:
Branko Djuric, Rene Bitorajac, Filip Sovagovic, Katrin Cartlidge
Land,
Jahr: Frankreich/Belgien/Grossbritannien/Slowenien 2001
Laufzeit:
98 Minuten
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