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Nothing
Ja, doch – ich bin dankbar für gute, skurrile
Ideen und eine ruhig mit sparsamen Mitteln umgesetzte Produktion, aber eine
einzige Idee reicht deswegen noch lange nicht für einen richtig guten Film.
So auch bei Vincenco Natalis „Nothing“. Natali, der der Fangemeinde den weithin
beliebten „Cube“ gab, hat mit diesem seinem dritten Film wieder
mit geringen Mitteln einen visuell orginellen Streifen abgeliefert, eine bizarre
Idee für alle, die mit Hass auf die Gesellschaft rumlaufen.
Dave und Andrew, zwei Loser vor dem Herrn geraten
nämlich hier zunehmend in eine ausweglose Situation, der eine der Unterschlagung
angeklagt, der andere der Misshandlung einer Pfadfinderin, während gleichzeitig
noch ihr Haus abgerissen werden soll, ihr letztes Refugium, besonders wichtig
für Andrew, der wohl vor allem und jedem Angst schiebt. Im letzten Moment
„hassen“ die beiden schließlich die komplette Realität fort und stranden
mit ihrem Haus in einem strahlenden, weißen Nichts. Dort müssen sie
erst mal mit ihrer neuen Situation klarkommen und herausfinden, wie sie dort
überleben können...
Das Herausragende an „Nothing“ ist das Visuelle.
Die Sets, in denen sich die beiden Darsteller bewegen (andere Personen tauchen
nur in den ersten 15 Minuten auf), sind phantastisch bearbeitet, eine endlose
weiße Weite, durch die die Figuren ziehen, bzw. hüpfen. Hier wurde
die Computertechnik wirklich mal geschickt benutzt, um etwas zu erschaffen,
was man noch nicht gesehen hat (und es auch jetzt nicht tut, denn es ist „nichts“
da).
Und trotzdem gibt es zwei Elemente, die den Film
torpedieren. Da wären zunächst die beiden Charaktere. Zu Beginn mag
das ja noch monty-pythonesk wirken, diese beiden Nerds im Kampf mit der Realität
zu sehen, wie sie da in einem abbruchreifen Märchenhaus zwischen zwei Stadtautobahnen
wohnen, während um sie herum alles wackelt und rauscht, aber spätestens
nach 35 Minuten gehen die beiden dem Zuschauer auf die Nerven. Solche Außenseiter
muss man liebgewinnen können, aber Dave ist eigentlich nur ein Arschloch
und Andrew ein hibbeliger Phobiker. Immer wieder punktet die Optik, aber weil
sich so ein Kammerspiel auch über die Dialoge definiert, kommt es ständig
zum Stillstand.
Der zweite Punkt: „Nothing“ ist ein Witz ohne Pointe.
Immerhin machen die beiden Figuren eine (sehr ungewöhnliche) Entwicklung
durch, was ja nicht das Schlechteste ist, aber der Film führt nirgendwo
hin, sondern genügt sich am Ende, wie seine Figuren, lediglich selbst.
Alles, was geschieht, kann man von vornherein vorausberechnen, lediglich die
letzte Konsequenz ist eine orginelle, aber dann pointenlose Idee, der Film läuft
einfach aus, wo ein Höhepunkt hingehören würde. Das werden manche
trotzdem ausreichend komisch finden, mich hat es trotz nur 83 Minuten Lauflänge
(ohne Abspann) zum Vorspulen getrieben, damit hier irgendetwas Tempo entwickelt.
Nach dem Abspann folgt übrigens noch eine kurze Szene, die aber nicht weniger
sinnlos ist als der Film an sich.
Eine nette Idee, hübsch anzuschauen, moralisch
simpel, aber ohne strukturelle Finesse und ohne wirkliche narrative Brillianz.
(5/10)
Silvan Prefetzky
Dieser Text ist
zuerst erschienen in: www.ofdb.de
Zu diesem Film gibt’s
im archiv
mehrere Texte
Nothing
(Kanada 2003)
Regie: Vincenzo Natali, Buch: Vincenzo Natali, Andrew Miller,
David Hewlett, Musik: Michael Andrews, Kamera: Derek Rogers, Schnitt: Michele
Conroy
Darsteller: David Hewlett, Andrew Miller, Gordon Pinsent, Marie-Josée
Croze u.a.
Verleih: EuroVideo
Länge: ca. 85 Minuten
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