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The Others
Filme, deren hauptsächliches Ziel es ist, dem Zuschauer Angst
zu machen, sind in vielen Fällen weitgehend sinnfrei bzw. ziehen ihren
Sinn, ihre Daseinsberechtigung aus dem kunstvollen Aufbau von Schockeffekten,
deren Anbahnung und Auflösung den Rezipienten in eine sich kontinuierlich
wiederholende Schleife aus Erwartung und Einlösung von Schreckensmomenten
schickt. The Others von Alejandro Amenábar ist ein neueres Exemplar dieser Gattung
Film. Auch hier liegt die hauptsächliche Motivation des Regisseurs sichtlich
im Aufbau von präzise choreographierten Spannungsmomenten. Die Bildung
von einzelnen kleinen Spannungsbögen wurde vom Horrorfilm der 80er Jahre
im Stil von A Nightmare on Elm Street noch extensiviert, indem kaum mehr ein übergeordnetes Spannungsmoment
bestand, das sich gegen Ende des Films zu lösen versprach, sondern der
Spannungsaufbau statt dessen voll und ganz auf einzelne anekdotenartig erzählte
Situationen ausgerichtet war, die meist mit dem Tod eines der Protagonisten
endeten, bis gen Ende nur noch der ein oder andere übrig war, der dann
auch bis in die Fortsetzung überleben durfte. Sicherlich die krassesten
Ausformungen erlebte das Genre dann im Splatterfilm beispielsweise eines George
Romero, in dem nur noch der Zerfall und die Zerschlagung des menschlichen Körpers
inszeniert wurde, auf den Aufbau von Spannung verzichtet werden konnte und statt
dessen zu filmbegleitender fröhlicher Keyboardmusik nach Gesichtspunkten
einer Ästhetik der Zerstörung geschlachtet wurde.
So betrachtet ist The Others mit Sicherheit ein äußerst traditioneller Horrorfilm,
der beinahe schon klassisch mit seinem Sujet umgeht. Über den gesamten
Film hinweg spannt sich ein Bogen, der erst ganz zum Schluss aufgelöst
wird. Erzählt wird die Geschichte von Grace (Nicole Kidman) und ihren beiden
Kindern Anne (Alakina Mann) und Nicholas (James Bentley). Die drei wohnen in
einem Haus in völliger Dunkelheit, da die beiden Kinder unter einer seltenen
Lichtallergie leiden. Das gesamte Personal hat das Haus (aus dem Zuschauer unbekannten
Gründen) verlassen, und so sind die drei einsamen Bewohner natürlich
außerordentlich erfreut, als drei Bedienstete ihnen ihre Dienste anbieten.
Mit dieser kleinen Besetzung ist der Stab des Films auch bereits vollständig
versammelt, was zu einer fast kammerspielartigen Atmosphäre führt.
Natürlich beginnen sich bald merkwürdige Dinge in dem immer dunklen
Haus zu ereignen, die Bewohner haben unheimliche Visionen, Gegenstände
entwickeln ein Eigenleben, und all die typischen Spukhauskomponenten beginnen
sich einzufinden und den Bewohnern unerwünschte Gesellschaft zu leisten,
die Pointe des Ganzen ist zwar nicht wirklich neu, funktioniert aber dennoch
durchaus erstaunlich gut.
The Others bietet neben den Schauspielern und dem gelungenen Spannungsaufbau
vor allem enorme Atmosphäre. Nebelschwaden außerhalb des Hauses und
die Kamera von Javier Aguirresarobe in den Innenräumen vermitteln eine
klaustrophobisch-beengte Stimmung. Was ein wenig stört an all dem, ist
vor allem die ein wenig zu penetrant auf kommende Effekte verweisende Musik,
vom Regisseur selbst komponiert. Hier wäre weniger mehr gewesen. Insgesamt
bleibt The Others exzellentes Unterhaltungskino, dessen wunderbar blaudunkle Bilder
eine Gothicatmosphäre schaffen, die alten Schauerromanen durchaus würdig
ist.
Wenn nach The Others der Appetit auf mehr aus gleicher Hand geweckt wurde, so kann zumindest
im Moment im Kino aus dem Vollen geschöpft werden: Von Amenábar
läuft momentan auch noch der bereits 4 Jahre alte Open your Eyes, dessen Hollywood-Remake Vanilla Sky mit Tom Cruise in der Hauptrolle zeitgleich die Sääle zu
füllen versucht.
Benjamin Happel
Dieser Text ist zuerst erschienen bei:
Zu diesem Film gibt’s
im archiv der filmzentrale mehrere Texte
The Others
Spanien / USA 2001 - Regie: Alejandro Amenábar - Darsteller: Nicole Kidman, Fionnula Flanagan, Christopher Eccleston, Alakina Mann, James Bentley, Eric Sykes, Elaine Cassidy, Renée Asherson, Alexander Vince - FSK: ab 12 - Länge: 101 min. - Start: 10.1.2002
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