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Der
Partyschreck
Komparse
Hrundi V. Bakshi stellt die Geduld seiner Zeitgenossen auf eine harte Probe:
Erst dehnt der Statist eine kurze Sterbeszene ins schier Unerträgliche,
dann hält der Unglücksrabe ein Handgelenk ins Bild, das vom Armband
einer deutlich erkennbaren Taucheruhr umschlossen wird – und das, wohlgemerkt,
in einem Film, der im Jahre 1878 spielen soll!
Als
der Tropf dann noch versehentlich eine Kulisse in die Luft jagt, ist das Maß
endgültig voll: Produzent CS Divot zeigt dem indischen Nebenrollendarsteller
die rote Karte und versichert ihm, für ihn, Bakshi, sei der Traum vom Film
ausgeträumt. Ein kurzer Telefonanruf bei Studiochef Fred „General“ Clutterbuck
soll sicherstellen, dass Bakshi so schnell keine Rolle mehr in der Traumfabrik
angeboten bekommt. Der Angerufene notiert sich den Namen zwar auch brav – nur
ist die Aufstellung, in der Bakshis Name aufgrund einer Unachtsamkeit landet,
nicht etwa eine Schwarze Liste, sondern ausgerechnet die Gästeliste für
eine Party im Hause des Moguls.
Am
Abend der großen Party tritt Bakshi dann von einem Fettnäpfchen ins
andere. Das fängt mit einem Schuh an, der dem Tollpatsch in der avantgardistischen
Pool-Landschaft des Gastgebers schwimmen geht und endet schließlich mit
der Säuberung eines Baby-Elefanten namens Jungo, die das Anwesen des Gastgebers
in ein Winterwunderland aus Seifenschaum verwandelt und Clutterbucks Gattin
einen Nervenzusammenbruch erleiden lässt.
Hinter
all dem steckt natürlich kein böser Wille, sondern schlicht die Tücke
des Objekts: sämtliche von Bakshis Sabotagen geschehen in vollkommener
Unschuld – und genau das macht die immer neuen Missgeschicke, für die Bakshi
sich bei seinen Gastgebern stets und sehr wortreich entschuldigt, natürlich
umso komischer.
„Der
Partyschreck“ ist Blake Edwards’ Hommage an die Slapstick-Filme aus Hollywoods
Kindertagen, und tatsächlich hätte „The Party“, so der Originaltitel,
nach dem Willen von Regisseur Blake Edwards ursprünglich ein Stummfilm
werden sollen. Wenn daraus nichts geworden ist, dann lag das wohl auch am Hauptdarsteller:
Peter Sellers habe sich, das erfahren wir im knapp halbstündigen Making
of „Inside the Party“, nicht mit einer Rolle als sprachloser Partygast anfreunden
können.
Zum
Glück – denn dass „Der Partyschreck“ eine Ehrbezeugung in Richtung Laurel,
Hardy, Tati & Co. ist, wird auch so deutlich genug, und Sellers’ Akzent
ist einfach klasse: Rund 30 Jahre, bevor Comedian Kaya Yanar auf SAT 1 zum ersten
Mal als indischer Student „Ranjid“ herumkasperte, bewies Sellers schon, wie
drollig gewisse sprachliche Färbungen klingen können, wenn der Imitator
nur ein Ohr für sprachliche Nuancen hat (und Sellers war nun einmal einer,
der das hatte – wovon nicht nur sein Inspektor Clouseau, sondern eine Reihe
anderer Figuren mit herrlich dämlichen, dabei aber durchaus authentisch
klingenden Akzenten zeugt).
Die
Stimme des im Jahre 2002 verstorbenen Berliner Kabarettisten Wolfgang Gruner
(Achtung, jetzt kommt hier der „Die Älteren unter Ihnen werden sich noch
erinnern“-Teil: vielen von ihnen wird Gruner sicher noch durch seine Auftritte
als schnellsprechender Taxifahrer „Fritze Flink“ in Wim Thoelkes „Der große
Preis“ in guter Erinnerung sein) passt freilich ebenso wenig zu Sellers wie
überhaupt die ganze deutsche Synchronisation, die den Akteuren immer wieder
Witzeleien in den Mund legt, die teils erheblich von den Texten des englischen
Originals abweichen. Die durch Rainer Brandts Eindeutschung der TV-Serie „Die
Zwei“ zunächst berühmt, in der Folge dann auch berüchtigt gewordene
Manier, Figuren unentwegt mehr oder minder erheiternde Sponti-Sprüche in
den Mund zu legen, ist im Falle von „Der Partyschreck“ wirklich überflüssig:
Sellers’ Hrundi V. Bakshi ist auch so schon komisch genug – wenn die deutsche
Fassung versucht, lustiger als das Original zu sein, ist das m.E. bloße
Verschlimmbesserung. „Wenn schöne Menschen lachen, geht die Seele spazieren“
ist zwar ein nettes Bonmot, entstellt aber eben das Original „A good laugh makes
the world go round“.
F
a z i t :
“Never
change a winning team”: Für „Der Partyschreck” trommelte Regisseur Blake
Edwards das Team wieder zusammen, das bereits die Filme der „Pink Panther“-Reihe
zum Publikumsliebling gemacht hatte – allen voran natürlich Hauptdarsteller
Peter Sellers, der Edwards in einer Art von inniger Hassliebe zugetan war. Henry
Mancini, dessen „The Pink Panther Theme“ eine der bekanntesten Erkennungsmelodien
der Filmgeschichte ist, steuerte auch die Musik zu „Der Partyschreck“ bei (in
einer Szene von „Der Partyschreck“ ist im Hintergrund übrigens „It had
better be tonight“ zu hören, das Mancini für „Return of the Pink Panther“
geschrieben hatte).
„Der
Partyschreck“ steht und fällt mit Peter Sellers: Er ist 94 Minuten lang
der unbestrittene Star in einem Film, der in erster Linie eine durch eine Rahmenhandlung
lose miteinander verknüpfte Abfolge von Sketchen und in zweiter Linie eine
mit teils recht bissigen Seitenhieben gespickte Persiflage auf die Gepflogenheiten
des Show Business à la Hollywood ist. Jacques Tatis „Die Ferien des Monsieur
Hulot“ klingen an, beizeiten fühlt man sich an den visuellen Humor einiger
der Sketche Loriots erinnert.
Für
Fans von Peter Sellers ist „Der Partyschreck“ Pflichtkauf. Wer Sixties-Komödien
im Allgemeinen und die von Blake Edwards („Das große Rennen rund um die
Welt“, „Der rosarote Panther“) im Besonderen schätzt, wird „Der Partyschreck“
ebenfalls mögen.
Z
u r D V D :
Die
DVD bietet neben deutscher und englischer Tonspur außerdem französischen,
italienischen und spanischen Ton – dass jede Fassung in Dolby 5.1 abgemischt
ist, wird Filmfans mit dem erforderlichen Equipment sicherlich freuen. Das Bild
ist für einen Film aus dem Jahre 1968 sehr gut, aber wohl keine neue Referenz.
Die Extras, die MGM für die „Gold Edition“ spendiert hat, finden sich sämtlich
auf der zweiten DVD, was sicherlich auch der Qualität des eigentlichen
Films zugute kommt, der sich so den Speicherplatz der DVD nicht mit dem Bonusmaterial
teilen muss.
Mit
„Making of“ und einem zweiten kurzen Filmbeitrag mit dem Titel „Die Party-Revolution:
Eine neue Technik“ sind die Highlights des Bonusmaterials auch schon genannt:
Beide Beiträge sind leidlich interessant, dabei aber, wie auch die „Profile
der Filmemacher“, keine Zugaben, die den geneigten Sammler zu Freudenschreien
und anderen lautstarken Beifallsbekundungen hinreißen dürften. Sellers-Interessierte
werden die Interviewschnipsel zu schätzen wissen, in denen Sellers sich
zu diversen Fragen äußert; außerdem finden sich noch drei jeweils
einminütige Spots, in denen Sellers sich für die Services der englischen
„Barclays Bank“ stark macht. Sellers-Fans dürften die Werbefilme aber wohl
schon von der im vergangenen Jahr erschienenen „Pink Panther“-Edition kennen.
Des weiteren finden sich eine Fotogalerie, die Aufnahmen vom Set und (leider
viel zu kleinformatig) verschiedene Plakatmotive zeigt sowie der Kino-Trailer.
Insgesamt
bleibt der Eindruck: Bild, Ton und Ausstattung bieten weniger Leckerbissen als
vielmehr gute Hausmannskost. Aus dem vorhandenen Material hat man hier das Beste
gemacht; die Bezeichnung „Gold Edition“ ist im Falle von „Der Partyschreck“
kein Verweis auf ein bis zum Bersten mit raren Schmankerln wohlgefülltes
Schatzkästlein, sondern bedeutet, dass der geneigte Käufer vor allem
einen Peter Sellers in Bestform erleben kann – und das zudem in sehr manierlicher
Bild- und Tonqualität. Die Extras der zweiten DVD sollte man wirklich als
einen nett gemeinten Mehrwert betrachten.
Manko
der DVD: Henry Mancinis Musik, von der es im Film eine ganze Menge zu hören
gibt, klingt zwar dank neuer Abmischung durchaus räumlich, die Dialoge
allerdings sind, sei es im englischen Original oder in der deutschen Synchronfassung,
streckenweise schwer verständlich – was, zugegeben, insofern nicht weiter
ins Gewicht fällt, als es sich bei einem großen Teil der Dialoge
in „Der Partyschreck“ ohnehin um Geplänkel handelt, das zum Verstehen der
Handlung herzlich unerheblich ist.
eine
Kritik von:
„Gemeinwesen“
Dieser
Text ist zuerst erschienen bei: www.ciao.de
Der
Partyschreck
THE
PARTY
England
- 1967 - 99 min. - Scope
FSK:
ab 6; nicht feiertagsfrei
Verleih:
United Artists
Erstaufführung:
30.1.1969
Produktion:
Blake Edwards
Regie:
Blake Edwards
Buch:
Blake
Edwards
Tom
Waldman
Frank
Waldman
Kamera:
Lucien Ballard
Musik:
Henry Mancini
Schnitt:
Ralph E. Winters
Darsteller:
Peter
Sellers (Hrundi V. Bakshi)
Claudine
Longet (Michele Monet)
Marge
Champion (Rosalind Dunphy)
Fay
McKenzie (Alice Clutterbuck)
Steve
Franken (Levinson)
Sharron
Kimberley (Prinzessin Helena)
Denny
Miller (Wyoming Bill Kelso)
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