zur
startseite
zum
archiv
Per
Anhalter durch die Galaxis
27.07.2005, UFA Palast Kosmos
Aus
einem Film mit der fröhlich–sarkastisch geträllerten Zeile „So long,
so long, so long – and thanks for all the fish!“ geschmissen zu werden, wenn
dies gerade eben in der Tat die (persönlich) letzte Vorführung in
einem Kino gewesen ist, das mit Ende des laufenden Geschäftstages den Spielbetrieb
einstellt (und das einem, in letzter Zeit, sehr ans Herz, vor allem auch im
Sinne von Lebensqualität, gewachsen ist), macht auf seltsame Weise Sinn.
Zumal ich dort auch Big
Fish
von Tim Burton zum ersten Mal gesehen hatte, der mich seinerzeit umgeworfen
hatte, weil er alles, was Kino kann und ist, so prägnant auf den Punkt
brachte, weil er mich, einmal mehr, wissen ließ, warum das Kino für
mich, mit Wiglaf Droste letztens in der taz gesprochen, „ein heiliger Ort“ ist.
„So long – and thanks for all the films!“, möchte ich da antworten, eine
kleine, verschämte Träne im Augenwinkel. Draußen der vergnügte
Sonnenschein – vor dem Gang ins Kino herrschte noch trübe Wolkentristesse
– scheint mich auszulachen.
Der
Film selbst, der die letzte Begegnung bestimmte, hätte dabei nun sicher
etwas besser ausfallen können. Beileibe ist Jennings’ Adaption kein schlechter
Film, gewiss nicht, er ist liebevoll gestaltet und vor allem geht er verantwortungsvoll
mit der honorigen Vorlage um. Vielleicht kann man von einem Film gewordenen
Hitchhiker’s
Guide,
der natürlich auch meine Jugendtage dereinst versüsst hatte (auch
wenn ich nun kein Freund von Physik und dergleichen gewesen bin), auch gar nicht
viel mehr erwarten. Dies mag gut sein. Dennoch, die Quirligkeit des Geschehens
überträgt sich nicht recht, man schaut zu, beziehungsweise wohnt man
eher bei, aber man ist nicht drin. Dies ist schade, aber zu mehr als respektvollem
Abnicken hat es in meinem Falle, leider, nicht gereicht.
Es
liegt vielleicht an den unterschiedlichen Bedingungen unter der jeweiligen Medialität
des Stoffes. Die Literatur (aber auch: Der Comic und mithin das Hörspiel)
hat leichtes Spiel, einen diegetischen Raum mit Phantasmen und Gedankenspielen
vollzustopfen, ohne in sich zusammenzubrechen, da das ureigene Terrain – Schrift
und Sprache – eben nie verlassen wird. Es bedarf dazu auch zunächst keines
großen Aufwands, man erinnere sich nur an das recht beschränkte Vokabular,
mit dem H.P. Lovecraft seinerzeit und mit einigem Effekt den kosmologischen
Schrecken aus der Tiefe des Alls und der Zeit in irdische Keller und Grotten
verpflanzte. Film hingegen sieht sich bei solchen Vorhaben besonderen Härten
ausgesetzt und kann ein phantastisch aufgeladenes diegetische Gefüge nur
mit einigem technischem Mehraufwand leisten, der perfektioniert genug sein muss,
um nicht in erster Linie auf die Installiertheit des Geschehens aufmerksam zu
machen (besonders trashige Filme, die ihren Produktionsprozess auf diese Weise
aufdringlich sichtbar machen, nähern sich deshalb auch schon wieder eher
der Avantgarde als dem Trivialen der Groschenheftliteratur an). Douglas Adams
hat nun also zunächst einmal keine größeren Probleme, ein, im
wahrsten Sinne des Wortes, unwahrscheinliches Geschehen durch allerlei Exkurse
und wilde physikalische Spekulationen in eine in sich geschlossene Systematik
zu überführen, in der es sich orientieren lässt (auch wenn die
nächstgrößere Überraschung immer nur eine Seite weit entfernt
liegt, aber auch diese wird sich mit Sicherheit integriert haben lassen). Es
ist ja geradewegs ein Merkmal von Adams’ phantastischem Zyklus, dass die Dinge,
Erscheinungen und Begebenheiten bei ihm nie nur immer Äußerlichkeit
besitzen, sondern ganz im Gegenteil abstrakte Tiefe, Historie, sich durch ein
Gebettet-Sein in einem Zusammenhang auszuzeichnen, den Adams, als omni-präsenter
und –potenter Erzähler, der das Geschehen immer wieder zwecks Erläuterung
verlässt und sich dem Leser zuwendet, nicht müde wird zu schildern
und zu kitten.
Auch
wenn nun die filmische Adaption sich bemüht, diesem Gestus durch gelegentliche
Brüche in der Narration – der (natürlich allerliebst gestaltete) Führer
„Per Anhalter durch die Galaxis“ schiebt sich immer mal wieder erläuternd
in den Vordergrund – Entsprechung zu leisten, will es ihm eben doch nicht gelingen,
adäquat analog zu funktionieren. Er ist, im wesentlichen und über
weite Strecken, Darstellung der Abfolge äußerlicher Ereignisse, die
alleine schon durch ihre räumlich-physikalischen Verhältnisse zueinander
in Bewegung geraten. Notgedrungen bleibt da einiges an Gehalt und Relevantem
auf der Strecke, denn wenn man Douglas Adams’ Story einfach nur nacherzählt,
respektive in diesem Fall: mit sicherlich viel Liebe zum Detail illustriert,
kommt dabei vor allem Stückwerk, heilloses Chaos und selbstzweckhafte Skurrilität
heraus, die notwendig nur an die leicht dümmliche Konzeption von Trash
erinnert, die sich an der Sinnlosigkeit des Dargebotenen schon zufrieden gibt
(von daher wundert es im übrigen auch keineswegs, dass das hiesige Feuilleton
den Film ein wenig krampfhaft in die Nähe von Monty Python zu rücken
versuchte, was sich anhand des Films nun allerdings keineswegs nachvollziehen
lässt, aber eben auch Monty Python wurde ja hierzulande immer nur als Nonstop-Nonsens-Revue
rezipiert und keineswegs als das intellektuell wie künstlerisch durchdachte,
hochgradig subversive Projekt, welches das Werk der Briten nun einmal darstellt).
So bleiben die Macken der unzähligen, grotesk gestalteten Wesen, die das
All in diesem Film beherbergt, eben reine Episode, das Ding mit dem Unwahrscheinlichkeitsantrieb,
der im Buch immer wieder aufgegriffen und thematisiert wird, bloßes Fortbewegungsmittel
mit teils ins Absurde spielenden Ergebnissen. Er wird eben erklärt, so
ein bisschen zumindest, um eine grundsätzliche Bedingung zur Möglichkeit
von Flucht in ausweglosen Situationen einigermaßen zu verankern, um dergestalt
den Fortgang der Ereignisse gewährleisten zu können. Ein bloßes
narrative device, dem aber die Gehirnakrobatik – und damit überhaupt erst
das, was bei der Lektüre des Buches noch mit der Zungen schnalzen ließ
– abgeht. Dort ist er kniffliges Gedankenspiel, wenn auch an sich unrealistisch,
aber von der Idee her brillant, hier nun haben wir einen Grund, das Raumschiff
für einen Moment lang als Wollknäuel durchs All treiben zu lassen
– ein bloß optischer Gag, weil es eben unwahrscheinlich ist. „Wir haben
wieder Normalität erreicht!“ – in der Adaption klingt das nur schräg,
bedeutet aber nichts.
Wobei
dies nun vernichtender klingt als der Film es eigentlich verdient hat. Er hat
gewiss schöne Momente – eben jener mit dem Wollknäuel etwa führt
immerhin dazu, dass auch im Inneren des Raumschiffs für eine kurze Sequenz
lang alles, buchstäblich, gestrickt ist und sich die Figuren per Woll-Animation
vor unseren Augen bewegen. Eine Idee zum Küssen! Oder aber die vortreffliche
Visualisierung der Planeten-Werkstatt – hier treibt die optische Phantastik
wunderbare Blüten, hier entwickelt sich binnen Momenten die ganze Kraft
des Films, eben in der Äußerlichkeit, welche die literarische Vorlage
eben doch immer nur annäherungsweise implizieren kann. Wir sausen durch
einen schier endlosen Raum, überall angefangene Planeten, mögliche
Ersatzteillager, Baustellen, Fragmente, ja auch Arbeiter, die emsig ans Werk
gehen. Einer streicht noch eben, für Erde 2, die australische Wüste
mit dem Farbeimer rot an. Überhaupt hat man sich Mühe gegeben, die
Gestaltung ganz im Sinne der Vorlage zu leisten – und trifft deren Duktus oft
ziemlich gut.
Auch
für Freunde der alten TV-Serie gibt es ein klein wenig Zucker für
die Seele. So taucht beispielsweise die liebgewonnene, ungelenk spielfigurartige
Roboterfigur des depressiven Marvin aus der Serie hier nun als Statist im Bild
auf. Der filmeigene Marvin hingegen, futuristisch wie ein Kolani-Computer anzusehen,
gibt bloß mehr einen Sprücheklopfer ab, dessen Tag das heute (und
gestern und morgen) schlicht nicht ist. Nur die Grille eines Programmierers,
könnte man meinen, eine eben wunderliche Begebenheit, von der allerdings,
außer im Präsentieren ihrer selbst, kaum Gewinn geschlagen wird.
Leider
gehen besagte Glanzmomente unter im Trubel und in der Hektik anderer, weniger
gelungener Episoden, die eben, von der Komplexität der Gedankenzwickereien
und –saltos, die das Buch absatzweise durchführt, weitgehend befreit, zu
bloßen Revuenummern verkommen. Diese stehen im Ganzen des Filmes oft befremdlich
nebeneinander, finden aber kaum zueinander. Der Film betont den Trash- und Campappeal
der Vorlage, lässt alles freakig erscheinen, belässt es aber bei einer
Bebilderung, und schafft eben die Entsprechung nicht. Man wohnt bei, schaut
nur zu. Drin ist man nicht. Und in diesem Kino hier auch nicht mehr - so long!
Thomas
Groh
Dieser
Text ist zuerst erschienen im:
Zu diesem Film gibt’s im archiv mehrere Kritiken
USA / Großbritannien 2005 - Originaltitel:
The Hitchhiker's Guide to the Galaxy - Regie: Garth Jennings - Darsteller: Sam
Rockwell, Martin Freeman, Mos Def, Zooey Deschanel, Bill Nighy, Anna Chancellor
- Prädikat: wertvoll - FSK: ab 6 - Länge: 109 min. - Start: 9.6.2005
zur
startseite
zum
archiv