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Peter
Pan
Das
ewige Kind
Peter
Pan,
J. M. Barries klassische Kindergeschichte vom Jungen, der nicht erwachsen werden
will, wurde schon mehrfach verfilmt. Disneys Leinwandversion von 1953 galt bislang
als die gelungenste, denn lange liessen sich Barries fliegende Kinder, goldene
Feen, blutrünstige Piraten und Schatten, die sich selbständig machen,
nur im Medium des Zeichentrickfilms überzeugend verwirklichen. Doch heute,
im Zeitalter des digitalen Kinos, ist fast nichts mehr unmöglich, und so
wagt Regisseur P.J. Hogan einen neuen Versuch.
Man
könnte Peter
Pan
als Real-Trickfilm bezeichnen, denn obwohl die Darsteller Menschen aus Fleisch
und Blut sind, wird in so gut wie jeder Szene tüchtig in die Trickkiste
gegriffen, und was am Ende entsteht, hat – natürlich mit voller Absicht
– mit Realismus gar nichts mehr zu tun. Wenn Peter
Pan
gemeinsam mit Wendy und deren zwei Brüdern nach Neverland fliegt, darf
ruhig auch mal ein kurzer Ausflug in den Weltraum genommen werden – es sieht
doch so schön aus. Doch bei aller Tricktechnik sind die Schauspieler keineswegs
Nebensache; die beiden Hauptfiguren Peter (Jeremy Sumpter) und Wendy (Rachel
Hurd-Wood) sind ganz im Gegenteil nahezu perfekt besetzt.
Was
Hogans Verfilmung aber vor allem auszeichnet, ist, dass er die Kontraste der
literarischen Vorlage nicht verwischt. Für Barrie bedeutet Kindlichkeit
nicht einfach garantierter Knuddeleffekt; Kinder sind bei ihm immer Engel und
Monster gleichzeitig, und das gilt natürlich in ganz besonderem Masse für
das ewige Kind Peter. Der kann im einen Augenblick so sanft lächeln, das
jedes Erwachsenherz schmilzt wie Butter an der Sonne – nur um sich dann im nächsten
Augenblick von seiner egoischsten und rücksichtslosesten Seite zu zeigen.
Peter
Pan
ist gewissermassen der Schirmheer der Spasskultur; was ihn unterhält, liebt
er, doch sobald es ihn langweilt, lässt er es links liegen. Der junge Jeremy
Sumpter spielt diese widersprüchliche und doch so lebensechte Figur mit
erstaunlicher Leichtigkeit und trägt damit nicht wenig zum Erfolg des Filmes
bei. Der Gefahr, die Geschichte allenthalben zu verniedlichen. entgeht Hogan
weitgehend, anders als bei Disney werden die Gegensätze bei ihm nicht eingeebnet.
Die Freude über die farbenprächtigen Bilder und die märchenhafte
Einfälle wechselt sich ab mit wohligem Schauder: Wenn die Piraten unter
Anführung des bösen Captain Hook (Jason Isaacs) auftreten, ist’s mit
der märchenhaften Heimeligkeit endgültig vorbei. Da wird's dann für
einen Kinderfilm auch ganz schön gewaltt¨tig. Hook setzt seinen berüchtigten
Haken mehr als einmal ein, um einen einen respektlosen Matrosen aufzuschlitzen.
Das mag den einen oder anderen kleinen Zuschauer vielleicht erschrecken, zeigt
aber, dass Hogan sein Publikum ernst nimmt und Barries über 100 Jahre alter
Devise folgt, derzufolge Kinder „fröhlich, unschuldig und herzlos“ sind.
Simon
Spiegel
Diese
Kritik ist zuerst erschienen in:
Zu diesem Film gibt's im archiv der filmzentrale mehrere Kritiken
Peter
Pan
USA
2003 - Regie: P.J. Hogan - Darsteller: Jason Isaacs, Jeremy Sumpter, Rachel
Hurd-Wood, Ludivine Sagnier, Olivia Williams, Harry Newell, Freddie Popplewell,
Lynn Redgrave, Richard Briers, Theodore Chester - FSK: ab 6 - Länge: 107
min. – Start (D): 1.4.2004
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