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Die phantastische Reise
Spannung
im Mikrokosmos
Der "Kalte Krieg" -
der Schutz eines aus dem "Ostblock" übergelaufenen Wissenschaftlers
oder Spions - lieferte 1966 das auslösende Moment für einen Sciencefiction
der besonderen Art, mit dem Richard Fleischer ("20.000 Meilen unter dem
Meer", 1954; "Der Frauenmörder von Boston", 1968; "Conan, der Zerstörer", 1984) einen
lang ersehnten Traum Wirklichkeit werden ließ. Fleischer, der kurzzeitig
Medizin studiert hatte, einmal Arzt werden wollte, verlegte das Genre mit diesem
Film sozusagen vom Makro- in den Mikrokosmos. Nicht der Kampf um Galaxien in
den Weiten des Alls, sondern eine Irrsinnsfahrt durch den menschlichen Körper
nimmt ca. eine Stunde des 100 Minuten langen Films in Anspruch.
Fleischer machte sich Erkenntnisse
der sog. Nanotechnologie" zunutze. Es wird wohl nie möglich sein,
wie im Film ein U-Boot auf Nanometer-Größe zu schrumpfen (ein Nanometer
gleich ein Millionstel eines Millimeters). Aber immerhin haben Forscher bereits
sog. "Gentaxis", kleine Siliziumteilchen, mit einem Durchmesser von
weniger als einem 200millionstel Millimeter, entwickelt, die durch Andocken
an bestimmte Zellen Krebs bekämpfen sollen.
Fleischer ließ für
"Fantastic Voyage" sowohl Miniaturattrappen, als auch Modelle von
Teilen des menschlichen Körpers bauen, z.B. ein begehbares Herz, zwölf
Meter breit, neun Meter hoch, das beweglich war. Außerdem zog er Ärzte
hinzu, um die Dialoge und die Darstellung des Inneren des menschlichen Körpers
authentisch wirken zu lassen. L. B. Abbott, einer der führenden Trickspezialisten
bei 20th Century Fox, war für die Spezialeffekte verantwortlich.
• I N H A L T •
Die Geschichte selbst ist einfach
gestrickt. Ein aus dem "Ostblock" Übergelaufener namens Jan Benes
(Jean de Val) steht unter dem Schutz der US-Regierung und soll vor Anschlägen
oder Entführung bewahrt werden. In seinem Gehirn hat sich allerdings ein
lebensgefährlicher Thrombus gebildet, den man durch operativen Eingriff
nicht zerstören kann, weil er äußerst ungünstig liegt und
eine Operation wesentliche Teil des Gehirns zerstören würde.
In einer riesigen unterirdischen
Laboranlage, wo man Benes bewacht, haben Col. Reid (Arthur O'Connell) und Gen.
Carter (Edmond O'Brien) beschlossen, den Thrombus von innen anzugehen: durch
ein auf Mikrobengröße verkleinertes U-Boot samt Besatzung. Der Spezialist
Dr. Duval (Arthur Kennedy), der eine Laserkanone zur Zerstörung des Blutgerinnsels
entwickelt hat, seine engste Mitarbeiterin Cora Petersen (Raquel Welch), der
Sicherheitsexperte Grant (Stephen Boyd) und der Leiter der Expedition Dr. Michaels
(Donald Pleasence) sollen die Besatzung des U-Boots bilden, das von Captain
Owens (William Redfield) gesteuert wird.
Bevor die Reise beginnen kann,
muss das U-Boot samt Besatzung in drei Stufen so verkleinert und positioniert
werden, dass es in einer Wasserlösung in die Halsschlagader injiziert werden
kann. Das alles klappt. Die Reise kann beginnen - allerdings mit einem Anfangsverdacht.
Ist der als sehr eigensinnig geltende Dr. Duval ein Spion, der Benes an den
Kragen, sprich: letztendlich die Zerstörung des Thrombus verhindern will?
•
I N S Z E N I E R U N G •
Fleischer setzte natürlich
vor allem auf eine ausgiebige Tricktechnik - und das ohne die damals noch lange
nicht entwickelten Möglichkeiten der digitalen Technologien. Weiß
der Henker, wie man sich die Verkleinerung des U-Boots erklären soll, aber
das ist auch nicht wichtig. Gerade dieser Prozess der Verkleinerung in drei
Stufen steigert die Spannung für die nachfolgende Fahrt der fünf Personen
durch Benes Körper. Der liegt aufgebahrt in einem abgeschlossenen Raum,
umgeben von Ärzten und Schwestern, die seinen Zustand kontrollieren. Sein
rasierter Kopf, mit einem dunklen Stift in Zonen eingeteilt, ist von kleinen
Radarschirmen umgeben, um die Fahrt des U-Boots zu beobachten.
Die folgenden Szenen sind fast
in Echtzeit gedreht. Man hat nur 60 Minuten Zeit, um den Thrombus zu zerstören;
danach vergrößert sich das Schiff wieder, und Benes würde natürlich
dabei umkommen. Die Tricktechniker zeigen die Fahrt durch umherziehende Blutkörperchen,
Arterienkanäle, durch das Herz, die Lunge, das Ohr und das Gehirn. Dabei
werden Spannungselemente durch die auftauchenden Schwierigkeiten erzeugt, etwa
einen Strudel an nicht erwarteter Stelle, einen Herzstillstand, der notwendig
wird, weil das U-Boot vom vorgesehenen Weg abkommt und durch die Herzschläge
zerstört werden würde, die Verstopfung der Ansaugrohre, die Aufnahme
von Luft aus der Lunge, eine Fahrt durchs Innenohr, die notwendig wurde, um
Zeit zu sparen usw.
All diese Szenen müssen für
die damalige Zeit (1966) phantastisch auf das Publikum gewirkt haben. Nebenbei
erklären die Wissenschafter ab und an die Funktionsweise verschiedener
Vorgänge im menschlichen Körper. Aber auch andere Gefahren schildert
der Film, etwa den Angriff von Antikörpern auf Cora und - das nur nebenbei
-, wie die Männer sie retten und ihr das Antikörpergewebe vom Leib
entfernen und dabei tunlichst vermeiden, Mrs. Welch an die Brüste zu fassen.
Ethical correctness.
Auch der Verrat eines Anwesenden
in der Protheus - so heißt das Schiff - spielt natürlich eine entscheidende
Rolle, und selbstverständlich die Art und Weise der Rettung in letzter
Sekunde. Allerdings enthält der Schluss des Films auch einen knallharten
Logikfehler: vier der fünf Besatzungsmitglieder können dem Körper
entkommen, ein weiterer allerdings nicht und auch das U-Boot bleibt im Körper,
umgeben von Antikörpern. Nach der Logik des Films hätten beide nach
einer Stunde wieder wachsen müssen. Tun sie aber nicht. Und Benes bleibt
am Leben.
Die bunte Vielfalt der Trickaufnahmen,
die überzeugenden und beeindruckenden Aufnahmen vom Innern Benes machen den
Film also auch heute noch sehenswert.
•
D V D •
"Fantastic
Voyage" erschien in der Reihe der "Großen Klassiker" der
20th Century Fox (mit Filmen aus den 40er bis 70er Jahren) in einer Box mit
vierseitigem Booklet mit zusätzlichen Informationen zum Film, natürlich
dem Originalfilmplakat auf der Box und auf einer beigelegten Postkarte. Es ist
anzunehmen, dass der Film für die DVD-Edition überarbeitet wurde,
denn Fox präsentiert den Film in ausgezeichneter Bild- und Tonqualität.
Die DVD ist für € 12,99 (bei jpc) zu haben.
Weitere
Informationen unter:
www.fox-grosse-klassiker.de
Wertung Film: 9 von 10 Punkten.
Wertung DVD: 9 von 10 Punkten.
Ulrich
Behrens
Dieser
Text ist zuerst erschienen bei:
Die phantastische Reise
(Fantastic Voyage)
USA 1966, 100 Minuten (DVD: 96 Minuten)
Regie: Richard Fleischer
Drehbuch: Harry Kleiner, Jerome Bixby, Otto Klement, David Duncan
Musik: Leonard Rosenman
Kamera: Ernest Laszlo
Schnitt: William B. Murphy
Produktionsdesign: Dale Hennesy, Jack Martin Smith, Stuart A.
Reiss, Walter M. Scott
Spezialeffekte: Marcel Delgado (Miniaturen), L. B Abbott, Art
Cruickshank, Emil Kosa Jr., Greg C. Jensen
Darsteller: Stephen Boyd (Grant), Raquel Welch (Cora Petersen),
Edmond O'Brien (General Carter), Donald Pleasence (Dr. Michaels), Arthur O'Connell
(Colonel Reid), William Redfield (Captain Owens), Arthur Kennedy (Dr. Duval),
Jean del Val (Jan Benes)
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