Die Affen rasen durch den Wald...
Planet der Affen (2001)
"Es scheint, dass das Universum Gewalt immer mit Macht belohnt"
- "Nicht, wenn wir uns wehren", spricht's und sprengt eine
Affenhorde in die Luft. Wem das noch nicht zu hanebüchen klingt,
der mag noch an Tim Burtons sogenannter Re-Interpretation einige
halbwegs gelungene Momente entdecken, der dünnen, oftmals
unlogischen Handlung um grunzende und augenrollende Affen
hingegen kann beim besten Willen nichts abgewonnen werden.
Tim Roth als brutaler, machtversessener Affen-General, Charlton
Heston, der seinen Vater mimt, als sabbernder Patriarch, Paul
Giamatti, seines Zeichens Menschen-Sklavenhändler, als
schleimiger Orang-Utan, Helena Bonham Carter als
Menschenrechtlerin, Ex-Model Estella Warren als - keine Ahnung
was, Kris Kristofferson, als langhaariger Vater von
Keine-Ahnung-Was ... und Mark Wahlberg, der in gewohnt
forsch-amerikanischer Manier dem Affentheater die Krone
aufsetzt. Die Handlung ist schnell erzählt: Astronaut Leo
Davidson fliegt durch ein (sehr originell?!) Raum-Zeit-Loch und
landet, zu unserer allen Überraschung, auf einem Planeten, den
Affen beherrschen und auf dem Menschen als Sklaven gehalten
werden. Er will nur nach Hause. Vorher aber zettelt er noch eben
eine Revolution an.
Irgendwer hat sich irgendwann in die Idee verliebt, Affen
müssten doch meterhoch und meterweit durch die Luft springen
können. Was beim ersten Mal noch unfreiwillig komisch wirkt,
reizt bei der x-ten Wiederholung den einen nur zum Gähnen, den
anderen vielleicht sogar noch zum Abhaken im Stile eines
Beckmessers, um so der quälenden Langeweile zu entkommen, den
der Unsinn großzügig versprüht. Auch sonst wirken die Über-Affen
wenig realistisch, strapazieren mit pseudo-äffischem Gang nur
die Geduld und mit unmotivierter Grausamkeit die Nerven des
Zuschauers. Selbst die im Voraus hochgelobten Masken bleiben
weit hinter den Erwartungen zurück: Mimik reduziert sich auf
besagtes Augenrollen, das gerade Roth bis zum Exzess
praktiziert. Seine stärkste Ausdrucksmöglichkeit, der böse Blick
von unten nach oben, erweckt unwillkürlich die Vorstellung eines
Brettes, welches das Autoren-Dreigestirn den Darstellenden
verpasst haben muss, und unter dem er jetzt krampfhaft
hindurchzuschauen versucht.
Die ersten zwanzig Minuten zeigen, wie sich Burton das Jahr
2029 vorstellt: Dressierte Affen sitzen in Raumkapseln, um
Knöpfe zu drücken und Hebel zu ziehen. Fast schon selbstironisch
bemerkt Wahlberg: "Man lässt einen Affen nicht das tun, was
Menschen tun müssen", nämlich Knöpfe ziehen und Hebel drücken,
denn natürlich macht der Affe einen Fehler und zwingt Davidson
zu der für ihn und das Publikum unerfreulichen Rettungs-Aktion.
Zeichnete sich diese Anfangssequenz, in der neben der
Vorstellung unwichtiger Charaktere Bill Clinton über den
Bildschirm flackert (als dezenter Hinweis auf die
Zeitverschiebung zu verstehen, denn dass er in dreißig Jahren
noch die Nachrichten dominiert, ist eine etwas zu gewagte
Vorstellung), noch durch übertriebene Langsamkeit aus, so endet
diese schlagartig mit dem Betreten des Affen-Planeten. Von nun
an wird es keine Langsamkeit mehr geben! Die dichtgedrängten,
schnellschnittigen Action-Szenen, noch gesteigert von
Haus-Komponist Elfman, treten einander auf die Füße, nur
unterbrochen, wenn ein wahlweise kluger oder dummer Spruch
unangebracht schien. Für Witz soll Limbo, der Sklavenhändler,
sorgen - Soll! Denn dieses Vorhaben missglückt völlig. Dieser
platte, ärgerliche Charakter stellt sogar fast
Menschenrechtlerin Ari in den Schatten, deren Rolle und
Auftreten zu den größten Schwächen des Films zählt. Auf süß
getrimmt (mit Augenbrauen, damit's mehr menschelt) muss sie aber
leider Burtons Botschaft vertreten, sofern hier nicht Davidson
vorgesehen war, der mit Arroganz und Selbstverständlichkeit
davon ausgeht, das amerikanische Wertarbeiten sogar nach
Tausenden von Jahren noch funktionieren (was sie dann auch
freilich tun): Toleranz, miteinander in Frieden Leben. Dass es
hierbei nicht um das Tier-Mensch-Verhältnis geht, sondern um den
Rassismus-Konflikt, kann angenommen werden.
Es sei ja nicht sein Wunschprojekt, entschuldigte sich Burton
schon im Vorfeld, machte aber seine Drohung wahr, den "ganzen
philosophischen Ballast" der Vorlage zu eliminieren. Das ist ihm
hervorragend gelungen. 100 Millionen Dollar in Popcorn-Kino ohne
Augenzwinkern, ohne Esprit und ohne Klasse zu verwandeln aber
auch. Die einigermaßen (!) gelungene, wenn auch vorhersehbare,
Schlusspointe, die zu allem Überfluss noch dreist eine
Fortsetzung ankündigt, ist allein das Eintrittsgeld nicht wert
und entschädigt nicht für vorhergehende 117 stupide Minuten.
Stefan Strucken
Diese Kritik ist zuerst erschienen bei:
Zu diesem Film gibt es im filmzentrale-Archiv mehrere Kritiken.
Planet der Affen (Planet of the Apes)
USA 2001; Darsteller: Mark Wahlberg (Leo Davidson), Tim Roth (General Thade), (Ari), Michael
Clarke Duncan (Attar), Kris Kristofferson (Karubi), Estella Warren (Daena), Paul Giamatti
(Limbo), Cary-Hiroyuki Tagawa (Krull), Erick Avari (Tival), Luke Eberl (Birn), Evan Dexter
Parke (Gunnar), Freda Foh Shen (Bon), David Warner (Sandar), Glenn Shadix (Senator Nado),
Lisa Marie (Nova), Charlton Heston (Thades Vater); Regie: Tim Burton; Drehbuch: Lawrence
Konner, Mark Rosenthal nach Pierre Boulles Roman; Kamera: Philippe Rousselot; Länge: 120
Minuten; FSK: ab 12 Jahren - Kinostart: 30.08.2001