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Pretty In Pink
Liebe mit 18 kann so grausam sein
romantisierende
Einleitung:
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Zuweilen
bin ich der Meinung, daß ein Film, den Du häufig siehst, mehr über
Dich aussagt als über den Film selbst. Wobei ich dann immer an Nietzsche
denken muß, vielleicht etabliere ich mich da aber bei dem einen oder anderen
als “Meister” des hinkenden Vergleichs:
“Wenn
du lange in einen Abgrund blickst, blickt er auch in dich hinein!”
Ich
würde das nicht unbedingt auf jeden häufig gesehenen Film beziehen,
aber auf einige trifft dies bestimmt zu.
Vielleicht
sind es ähnlich gemachte Erfahrungen / Erlebnisse, (unerfüllte) Sehnsüchte,
oder ganz einfach Ausdruck eines Fluchtbedürfnisses, dem Alltag zu entgehen
und ihm ein “heile-Welt-Klischee” mit happy-end entgegenzusetzen. Von daher
ist das oftgelesene
“Video
rein, Alltag raus!”
mehr
als passend.
In
diesem Sinne ist Film für mich ohnehin eine “Ausstiegs-Droge”
und
so betritt man mit dem / der ProtagonistIn eine Alternativwelt
So
habe ich z.B. eine Schwäche für romantische Jugendfilme bzw. sogenannte
“Teenie-Filme” (weiche Droge) und gehe dann regressiv zurück in meine Teenagerzeit,
allerdings vorwiegend durch amerikanische high-school-Korridore. Ja, ich “leide”
zuweilen an dem “Peggy-Sue-Syndrom”, denn nicht selten verspüre ich diesen
(naiven) Wunsch:
Ach
könnte ich doch zurückgehen, mit dem Wissen und Erfahrungsschatz von
heute. Ich würde vieles anders bzw. bestimmte Fehler erst gar nicht machen,
ungenutzte, damals auch nicht im entferntesten gesehene Chancen in die Tat umsetzen,
ach hätte ich doch eine Zeitmaschine oder ähnliches...
(wie
z.B. “PEGGY SUE HAT GEHEIRATET” oder “ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT” aus den goldenen
80ern)
Die
80er Jahre waren für mich ohnehin die Hochzeit des romantischen Teeniefilms,
wo jenseits der gängigen - auch von mir gerngesehenen - FSK-16-Pubertätskomödien
(z.B. “PORKY´s” - 1981 oder “DIE RACHE DER EIERKÖPFE” - 1984) die
Problematik des Erwachsenwerdens “FSK-12-konservativer” angegangen und mehr
geredet als “herumexperimentiert” wurde.
Einen
nicht unwesentlichen Anteil daran hatte John Hughes.
(Später
wurde er vorübergehend “erwachsen”, widmete er sich doch mit “SHE´S
HAVING A BABY” den “Twens”, um danach wieder mit Filmen wie “KEVIN ALLEIN ZUHAUS”
oder “CURLY SUE” gänzlich in die Kindheit “zurückzufallen” )
Passenderweise
stand 1984 im LOS ANGELES HERALD eine Kritik zu “BREAKFAST CLUB” und da soll
man noch sagen, Kritiker wären keine Visionäre:
“Die
Jugend von heute ist kaputt, und schuld dran sind die Eltern. Mit dieser wenig
originellen Aussage könnte BREAKFAST CLUB Auslöser für ein ganz
neues Genre rührseliger Teenager-Schnulzen sein.”
Die
“Befürchtung” des Kritikers bewahrheitete sich, brach doch jetzt das “Hughes-Zeitalter”
an, das mit Inbrunst sein Credo in die Welt hinausschrie:
“When you grow up, your heart dies!”
(Ganz
nebenbei wurde in dieser Zeit noch ein neues Subgenre geschaffen: “der 1-Tag-Teenie-Film”
wie z.B. “BREAKFAST CLUB”, “FERRIS MACHT BLAU”, “DIE NACHT DER ABENTEUER” oder
“Eine verrückte Reise durch die Nacht”)
Die
häufig in diesen Filmen aus den Mittachzigern zum Einsatz kommenden Schauspieler
wurden schnell dem sogenannten “Brat Pack”-Ensemble zugeordnet (wie z.B. Ally
Sheedy, Andrew McCarthy, Anthony Michael Hall, Rob Lowe, Emilio Estevez, Judd
Nelson oder aber auch Molly Ringwald).
So
schuf John Hughes in weniger als 4 Jahren absolute Klassiker des romantischen
Teenie-Films und erklomm ganz nebenbei meinen ganz persönlichen Teeniefilm-Olymp,
wobei ich auf “LISA - DER HELLE WAHNSINN” definitiv verzichten kann:
“DAS
DARF MAN NUR ALS ERWACHSENER” (SIXTEEN CANDLES, 1984; Regie und Drehbuch)
“BREAKFAST
CLUB” (1984; Regie, Drehbuch und Produktion)
“PRETTY
IN PINK” (1986; Drehbuch und ausführender Produzent)
“FERRIS
MACHT BLAU (FERRIS BUELLER´S DAY OFF, 1986; Regie, Drehbuch und Produktion)
“IST
SIE NICHT WUNDERBAR” (SOME KIND OF WONDERFUL, 1987; Drehbuch und Produktion)
Zugleich
machte er auch Molly Ringwald mit 3 Filmen (auf ebengenannter Liste Film 1-3)
zur absoluten “Teen-Queen” der 80er, die leider den Karriereschub nicht in die
90er Jahre mit rüberretten konnte und “durfte” zuletzt in “TÖTET MRS.
TINGLE” als AushilfslehrerIn die “bettlägerige” Mrs. Tingle vertreten,
oder in “NICHT NOCH EIN TEENIE-FILM” als Stewardeß aufwarten. Wenn man
bedenkt, welche Filmrollen sie abgelehnt hat bzw. durch andere Unwegbarkeiten
des Lebens nicht an sie kam, ist ihr Karriereverlauf schon als tragisch zu bezeichnen:
So
schickte ihr z.B. David Lynch das Drehbuch von “BLUE VELVET”, wo sie den später
von Laura Dern gespielten Part übernehmen sollte. (Kannst Du Dir vorstellen,
wie sie “was ist das bloß für eine fremde, seltsame Welt?” sagt?
Nach langem Grübeln: Ein definitives JA!) Ihre Mutter las es, fand es zu
“disturbing” und gab es ihrer Tochter erst gar nicht zur Ansicht. (Was bei mir
sofort Selbstsuchtalarm auslöst)
Dann
brachte sie John Hughes in Rage, weil sie in “IST SIE NICHT WUNDERBAR” Lea Thompson´s
Part nicht spielen wollte.
Genauso
lehnte sie “PRETTY WOMAN” ab. Julia Roberts dankte es ihr.
Ehrlich
gesagt habe ich so meine Probleme, sie mir in “PRETTY WOMAN” vorzustellen, hätte
es ihr aber gewünscht, wäre dies doch die Möglichkeit gewesen,
ihrem “Teen-Queen”-Image zu entkommen und der Welt zu zeigen, daß sie
noch weitaus mehr drauf hat. Denn tief in ihr “schlummerte” vielleicht etwas,
was niemals erwachte...
Mein
persönlicher All-time-favorite ihrer Filme ist “PRETTY IN PINK” (von jetzt
ab nur noch “PIP”) und ganz nebenbei einer dieser “häufig gesehenen Filme”.
Die
Geschichte könnte man als klassisch-schmalzige, einfallslose - weil mehr
als oft gesehene - “CINDERELLA” meets “Romeo & Julia”-Variante sehen, oder
auf französich:
Eine
amour fou aufgepeppt mit einem menage-a-trois-Element.
denn:
(romantisierende
Inhaltsangabe:)
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Die
18-jährige Andie (Molly Ringwald) macht in einem Monat ihren High-School-Abschluß.
Einen Partner für den Abschlußball - was scheinbar in den USA einer
der wichtigsten Ereignisse der Teenagerzeit ist - hat sie allerdings noch nicht.
Neben
der Schule jobbt sie in dem Plattenladen TRAX, wo sie in Iona (Annie Potts)
- der Besitzerin des Geschäfts - eine “groß-schwesterliche” Freundin
gefunden hat.
Da
Andie aus ärmlichen Verhältnissen stammt und allein mit ihrem arbeitslosen
Vater “auf der anderen Seite des Gleises” (eine oft gelesene Bezeichnung für
einen nicht vorzeigbaren “Niedrig-Einkommens-Bezirk”) lebt, läßt
sie ihre Herkunft lieber unerwähnt.
Ohnehin
möchte sie nicht danach beurteilt werden, woher sie kommt, sondern was
sie daraus gemacht hat. Den Traum einmal Fashion-Designerin zu werden, lebt
sie schon jetzt und näht sich ihre Kleider aus pekuniären Gründen
selber oder peppt second hand erworbene Mode dank ihrer kreativen Fähigkeiten
auf. (Nicht selten entsteht Stil / Individualität aus Kompensation.)
“Sie
kann etwas ansehen wie ein Stück Stoff und erkennen, daß sie daraus
mehr machen kann, was ein wichtiger Teil ihres Charakters ist.”
(Molly
Ringwald im “Paramount Handbook of Product Information” über ihre Rolle)
Andie
und ihre Kleidung sind identisch, sie ist ein Spiegelbild ihres Charakters und
Lebens, eine perfekt sitzende 2. Haut
Ihre
augenscheinliche Vorliebe für die Farbe pink und ihr außergewöhnlich-individueller
Stil, stößt nicht überall auf Gegenliebe, ganz besonders in
ihrer high-school, wo hauptsächlich Teenager reicher Familien zur Schule
gehen, die teure Designer-Mode von der “Stange” kaufen.
(Deren
Kleidung ist kein Spiegelbild ihrer Individualität, sondern ein Indiz für
den gern gezeigten Reichtum, also eher eine Art “Schul-Uniform”)
Eine
dieser oberflächlichlichen “Haute-Couture-Mitschülerinnen” bringt
Andie´s oft empfundene Außenseiterstellung voll auf den Punkt:
“Mit
Dir in einem Raum ist Mord.”
Andie
würde gerne “dazugehören”, denn
“wenn
man dazugehört, ist es gut!”,
aber
nicht um jeden Preis.
Andie
ist stolz, möchte sich selbst treu bleiben und keine faulen Kompromisse
eingehen. So wird sie oft von den bessergestellten MitschülerInnen “geschnitten”,
schlägt, nein “schneidet” aber zuweilen zurück. Nicht ausschließlich
aus Revanchismus, sondern auch aufgrund guter Menschenkenntnis:
So
schiebt sie den wiederholten und eindeutigen Avancen des versnobten Steff (herrlich:
James Spader spielt im Alter von 26 einen High-school-Abschlußjahrgang)
erneut den Riegel vor, der ihr chronisches “NEIN!” und ihren Stil beleidigt
mit einem
“Du
hast keinen Geschmack, Du leidest an Geschmacksverirrung”
quittiert.
Der
frauenverschleißende Steff begehrt Andie schon lange, will aber mit ihr
ausschließlich sexuell, aber nicht gesellschaftlich verkehren. So ist
er für Andie die Art Stoff, aus dem nichts “herauszuholen” ist. Steff hat
kein Potential.
Anders
ist dies möglicherweise bei seinem Kumpel Blane (Andrew McCarthy), ebenfalls
Sprößling wohlhabender Eltern, denn:
“Blane
hat immer alles gehabt, was er wollte. Er kommt aus einer wohlhabenden Familie,
aber nun ist er an einem Punkt im Leben angelangt, wo er alles hinterfragt.
Er macht einige Fehler und bemerkt, daß seine Handlungen Konsequenzen
nach sich ziehen. Die Tatsache, daß Blane rebelliert, führt ihn dirket
zu Andie, dem Mädchen von der anderen Seite des Gleises, etwas, was er
bislang nicht kannte, und so repräsentiert sie für ihn viele Dinge,
nach denen er sucht. Abgesehen von ihrem attraktiven Äußeren, ist
Andie von seinem normalen Gesellschaftskreis, den er anfängt zu hinterfragen,
getrennt. Ich denke, dies ist einer der Gründe, warum er sich so von ihr
angezogen fühlt. In seinen Kreisen wäre sie nicht `gesellschaftsfähig´.
Vielleicht sagt sogar eine Stimme in ihm `Du solltest das nicht tun´,
aber genau das tut er.”
(Andrew
McCarthy über seine Rolle)
Und
so faßt er nach ersten schüchternen Blicken in der Schule endlich
den Mut und es kommt im Plattenladen zum “ersten Kontakt”.
(Was
zuvor dem Kameramann die Möglichkeit zu einem simplen, aber äußerst
gelungenen Kameraschwenk gab, denn eine “Einstellung” sagt zuweilen mehr als
1001 Worte: Von dem Konsumtempel - wo wahrscheinlich gerade die meisten Teenager
reicher Eltern nachmittags einem Kreditkartenkaufrausch erliegen - über
die Straße zum Schallplattenladen “TRAX”, wo Andie nach der Schule jobbt.)
Dass
die auserwählte Schallplatte mit dem Konterfei von Steve Lawrence (ich
habe noch nie etwas von ihm “gehört”, aber bin mir sicher, daß man
auch mit seiner Musik Marsianer töten könnte) eher Mittel zum Zweck
ist, dürfte mittlerweile jedem klar geworden sein, läßt “PIP”
doch von Anfang an keinen Zweifel daran, was beide füreinander empfinden,
schließlich wird dieser Eindruck durch die einsetzende, betont romantische
Musik von Michael Gore mehr als zementiert.
Und
als Blane Andie die wohl wichtigste aller je auf der Highschool gestellten Frage
stellt, nein nicht “Wo fand die russische Revolution statt?”, sondern, ob sie
mit ihm zum Abschlußball geht, scheint ihr “größter” Traum
in Erfüllung zu gehen...
aber:
Die
frisch-aufkeimende Liebe steht unter keinem guten Stern, ist sie doch nach dem
Motto
“Man
soll nie Brunnenwasser mit Flußwasser vermischen.”
gesellschaftlich
gesehen ein “Unding”. (Ganz nebenbei schreiben wir nicht das Jahr 1800 sondern
1986)
Die
gesellschaftlichen Unterschiede überwindend, müssen sie nicht nur
gegen die Vorurteile in den “feindlichen”, sondern auch in den eigenen Lagern
ankämpfen.
Erschwerend
kommt noch hinzu, daß Andie bereits von jemand anderem geliebt wird:
“Duckie”
(Jon Cryer)
“Er
ist schon seit 8 Jahren in sie verliebt, aber es ist eine einseitige Liebe.
`Pretty in Pink´ geht darum, was mit ihrer Beziehung passiert, als sie
sich in Blane verliebt. Als wir den Film begannen, kannte ich `Duckie´
noch nicht, aber durch das Drehen lernte ich ihn besser kennen. Er ist ein besonderer
Kerl, den ich sehr gut verstehe. Auch wenn er sich nichts aus den reichen Kids
macht, liebt er es doch, sich über sie lustig zu machen, und das ist es,
wie er sich selbst darüber hinwegsetzt. Das ist auch der Hauptunterschied
zwischen mir und Duckie. Ich benutze Humor um Freunde zu gewinnen, während
Duckie Humor dazu benutzt, Leute die er nicht mag, zu befremden.”
(Jon
Cryer über seine Rolle)
“Duckie”,
oder wie ich ihn lieber nenne “Er-muß-mit-Melonen-geübt-haben”*****,
ist die traurig-komische Figur des Films, der ideale Clown. Er ist zwar nicht
im falschen Film, aber in der falschen Zeit geboren. Was immer tragisch ist,
wenn es so empfunden wird und keine Zeitmaschine zur Hand ist.
Diesen
Eindruck erweckt er zumindest, denn vom Outfit und Musikgeschmack, passt er
eher in die Endfünfziger oder Anfangssechziger. (Marty McFly, nimm ihn
mit!!!)
“Sie
schreiben einfach nicht mehr solche Liebeslieder wie früher”
Von
daher müssen die 80er und die Tatsache, daß Andie in einem Plattenladen
arbeitet, wo hauptsächlich “zeitgenössische” Musik gespielt wird,
eine “Qual” sein.
Aber
“Duckie” nimmt ohnehin wegen Andie vieles in kauf, auch, daß er nicht
in ihr Lieblings-Musiklokal darf, weil der Türsteher - mit dem er fast
schon ein freundschaftliches Verhältnis hat - ihn nicht hereinläßt.
Da treffen ein typischer 80er-Jahre-Zeitgeist-Vertreter “Liebe ist eine Nutte!”
und der immer noch die 50er-Jahre-Schmalzromantik verinnerlichende “Duckie”
aufeinander.
Der
Türsteher versucht “Duckie” die Augen zu öffnen, indem er ihn fragt,
warum Andie immer in dieses Lokal geht, wo sie doch weiß, daß Duckie
draußen bleiben muß.
Aber
“Duckie” ist blind vor Liebe und will die Wahrheit nicht erkennen.
Zuweilen
beschleicht mich der Verdacht, Andie würde in “Duckie” lediglich einen
treuen Hund sehen, der einem überall hin folgt. Freundschaft ja, aber Liebe?
Niemals!
“Duckie”
repräsentiert für sie eher die “abturnende” Einstellung ihres Vaters,
der auch ihre Mutter - die Mann und Tochter vor Jahren verlassen hatte - ähnlich
anhimmelte und außerdem noch das, wovon sie so schnell wie möglich
wegkommen will. Sie hat klare Vorstellungen und Pläne für ihr Leben.
Die Zukunft ist das Ziel und die liegt jenseits des Gleises...
Ihr
Vater und “Duckie” sind hoffnungslos in der Vergangenheit gefangen. Die Zukunft?
“Egal
ob man der Zukunft ins Gesicht sieht, sie findet auf jeden Fall statt.”
(“Duckie”)
Von
daher würde “Duckie” schon eher mit Iona zusammenpassen, die als sogenannter
“thirty-something” irgendwie in ihrer Jugendzeit hängengeblieben ist und
Andie um ihre beneidet. So ist es dann auch nicht verwunderlich, daß Iona
folgendes sagt:
“Warum
können wir nicht alt anfangen und dann jünger werden!”
Iona
spiegelt den Zeitgeist der 80er so wunderbar wieder und ist wie die Pop-Ikone
Madonna einem ständigen Mode-Trendwechsel unterworfen. Experimentierfreudig,
ständig “auf der Suche”. Mal poppig, punkig, flippig, schrill und dann
total konservativ, was ihr dann vollkommen krass vorkommt.
(Passenderweise
ist sie dann auch BesitzerIn eines Plattenladens, wo diese unterschiedlichen
Stilrichtungen “zuhause” sind)
Ob
sie sich im Prozeß des “Werdens” befindet (wie vielleicht ein Jugendlicher),
oder dies ihre Form des “Seins”, also ihr Stil “ist”, sei dahingestellt, ist
es doch reine Ansichtssache.
Und
so sehe ich in Andie zuweilen eine “Erwachsenere” (was weder positiv noch negativ
gemeint ist), die ihren Stil gefunden hat und nun Wurzeln schlagen kann. Wohl
auch aus diesem Grund wählt sie Blane. Ist er doch “solider” und “bodenständiger”
als der träumerische “Duckie”. In diesem Sinne eine äußerst
konservativ-traditionelle Wahl, die nicht jedermanns Geschmack trifft und so
stieß und stößt das Ende bei so manchem auf, denn:
Nachdem
Blane bis 5 Minuten vor Ende (dieser Spannungsbogen gehört einfach zu einem
Hollywood-Film) der “inneren” Stimme `Du solltest das nicht tun´ nachgegeben
hatte und einen Rückzieher von seiner früher ausgesprochenen Einladung
machte und Andie fortan “schnitt” - Steff konnte ihn mit gruppendynamisch-motivierten
Argumenten wieder zurück auf seine Seite ziehen -, revidiert er am Ende
“seine” Meinung und folgt seinem Herzen. Und lernt die Lektion des Films:
Sei
Dir selbst treu, stehe zu dem was Du bist, verstell Dich nicht, um der Akzeptanz
willen.
Und
wenn Du um Deiner selbst willen akzeptiert wirst, hast Du einen Freund oder
vielleicht sogar noch die Steigerung davon gefunden.
Anders
Steff, er ist nicht Blanes Freund, kann in seiner Oberflächlichkeit und
Egozentrik nicht die Bedeutung von Freundschaft verstehen. Im Sinne von Oscar
Wilde ist Steff ein Zyniker, der zwar den Preis, aber nicht den Wert einer Sache
kennt.
“Du
bist es gewohnt alles zu kaufen, aber sie konntest Du nicht kaufen, das macht
dich fertig... Sie hält dich für ein Stück Dreck und irgendwo
ahnst du, daß sie recht hat!”
(Interessanterweise
sehe ich in Steff den Charakter, den ebenfalls James Spader später in “SEX,
LÜGEN UND VIDEO” spielt, bzw. der er rückwirkend - weil ungezeigt
- vor 8 Jahren war. Klingt etwas kompliziert-verwirrend, aber ich hoffe DU verstehst
MICH)
Anders
Blane, der eine 2. Chance gewährt bekommt und sie dankend ergreift, denn
Andie´s Wert hat er schon lange erkannt:
“Ich
glaube sogar in einem türkischen Knast wär es toll mit Dir.”
Und
so steht “Duckie” am Ende wie ein “bedröppelter Pudel” da. Er, der Andie
beim Abschlußball den Rücken stärken und bei ihrem Unternehmen
“ihr habt mich nicht gebrochen!” unterstützen wollte. Der wahre Freund
räumt für seinen Rivalen den Platz, kennt und akzeptiert er mittlerweile
Andie´s Gefühle, aber gänzlich leer geht “Duckie” dann doch
nicht aus:
Eine
im Abspann sogenannte “Duckette” (Kristy Swanson bei ihrem 2. Kurzauftritt neben
“FERRIS MACHT BLAU” im “Hughes-Universum”) schmachtet den sein Glück nicht
fassenden und “moi” fragenden “Er-muß-mit-Melonen-geübt-haben” auf
dem Abschlussball an. Sein Blick in die Kamera spricht Bände...
Das
eigentlich vorgesehene Ende von “PIP” bekamen nur wenige zu sehen:
Hughes
wollte eigentlich ein “Arbeiterklasse-Ende”, wo “Duckie” und Andie “sich kriegen”.
“Dummerweise” litt Molly Ringwald während dieser Aufnahmen an einer Magendarmgrippe
(Schicksal?!?!!!). So konnte Hughes nicht jede gewünschte Szenen drehen,
was den Schnitt erschwerte. Außerdem stieß diese Version beim Testpublikum
nicht auf Gegenliebe. Es wollte ein klassenübergreifendes “Andie &
Blane-Ende”. Genauso wie ich, nicht aufgrund der Klassenunterschiede, sondern
wegen der im Film gezeigten und von mir erwähnten Details. Daraus wäre
ein unbefriedigendes “180-Grad-Kehrtwendung-Lückenbüßer-Ende”
geworden (ich kann aber auch verstehen, wenn jemand exakt dasselbe über
das uns nun vorliegende Ende sagt).
So
wurde der schon in einer nächsten Produktion steckende Andrew McCarthy
zurückbeordert:
Für
ein Broadway-Stück hatte er sich den Kopf kahlrasieren und einiges an Gewicht
abnehmen müssen, was dem einen oder anderen vielleicht auffällt, schließlich
trägt er in den neugedrehten Szenen eine Perücke (was mir bis dato
nicht aufgefallen war, aber man kann es sehen).
Dank
des Schicksals und des Testpublikums, gab es Hughes dann ein Jahr später
die Möglichkeit sein eigentlich vorgesehenes “Arbeiterklasse-Ende” zu drehen.
Schließlich waren einige über “die Moral von der Geschichte” bei
“PIP” empört, ging doch der - im doppelten Sinn - Arme leer aus und der
Reiche bekam alles. So ist es einer dieser ganz seltenen Augenblicke, wo 2 Filme
eigentlich nicht 2 sondern 1 1/2 Filme sind:
PRETTY IN PINK
und
IST
SIE NICHT WUNDERBAR (was hat Eric Stoltz für eine Haarfarbe? Zufall?)
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“PIP”
liebt oder haßt man, da für so manchen Klasse-M-Planeten-Bewohner,
die Kitschgrenze schnell überschritten und konsequent-bedingungslos der
Oberflächlichkeit gefrönt wird. Klischees werden ausgereizt und ganz
nebenbei immer wieder kleine Postkartensprüche eingestreut, die perfekt
zur Popkultur passen.
Ohnehin
ist “PIP” für denjenigen, der die 80er Jahre erlebt hat, die ideale Zeitmaschine
und er wird sich vielleicht in diesem Film wiederfinden/verlieren, wenn die
unzähligen Songs aus diesem Jahrzehnt ertönen...
Wahrscheinlich
wird “PIP” irgendwann als ein Klassiker bezeichnet, da - stellvertretend durch
Iona aufgezeigt - derartige Wünsche - weil menschlich - niemals aussterben,
und ab und zu darf man doch den unmöglichen Traum träumen...
Vor
und hinter der Kamera gibt es keine Ausfälle, eine perfekte Crew und ein
glänzendes Darstellerensemble, allen voran die hinreißende Molly
Ringwald, die hier ihre Sternstunde erlebte und dank ihres Magendarmvirus dem
Fan von solchen Teeniefilmen einen wundervoll-romantischen Kitsch-Streifen bescherte.
Manchmal
wünsche ich mir, die gruppendynamischen Prozesse und der Wunsch nach Akzeptanz
wäre mehr ausgeleuchtet worden, aber vielleicht hätte mehr Tiefe dem
Film seine Wirkung genommen...
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Randnotizen:
-
Jon Cryer war nicht die erste Wahl für die Rolle des “Duckie”. John Hughes
wollte auf Kontinuität in seinem “Universum” setzen und bot sie “Hughes-Veteran”
Anthony Michael Hall an, der ablehnte, weil er nicht auf den Typus des “nerd”
festgelegt werden wollte (ich konnte leider in diversen Dictionaries keinen
derartigen Eintrag finden, aber vielleicht hat es ja etwas mit “Scheißer”
zu tun, da die “Nerd´s” ja bei “Die Rache der Eierköpfe” (REVENGE
OF THE NERDs) oft so genannt wurden.
-
Ein Fehler ist mir aufgefallen:
Andie
macht ihren Abschluß und geht zum Abschlußball mit Blane, der einem
im Film gefallenen Satz nach eigentlich “eine Klasse höher” ist. Diese
Stelle müßte man im Original “hören”, vielleicht hat sich die
deutsche Synchronisation da kräftig geirrt und eine eventuelle Anspielung
auf seine gesellschaftlich “höhere Klasse” fehlinterpretiert.
-
www.geocities.com/Hollywood/8762/pink/ bietet dem Fan des Films reichlich Infos
-
***** Falls sich jemand fragt, warum ich “Duckie” lieber “Er-muß-mit-Melonen-geübt-haben”
nenne: In einer Szene küsst “Duckie” Iona im Musiklokal - der Türsteher
hat “Duckie” mit Iona reingelassen!!! -, um Andie eifersüchtig zu machen.
Später sagt Iona zu Andie:
“Als
Duck mich letzte Nacht abgeknutscht hat, ich schwörs dir, mein ganzer Unterleib
stand in Flammen. Er muß mit Melonen oder sowas geübt haben.”
Abschließend
kann ich nur noch sagen:
Sie
machen einfach nicht mehr solche Teeniefilme wie früher...
Danke John Hughes!
Transpluto
8
von 10 Punkten
Dieser
Text ist zuerst erschienen bei: ciao.de
Anmerkungen
des Herausgebers: Duckie steht nicht unbedingt nur in einer Tradition der Fünziger,
sondern eher in einer RocknRoll/Soul/Punk/New Wave-Tradition, was sich a) bei
seinem leidenschaftlichen Playback-Auftritt im Plattenladen (eine Idee, die
in den Neunzigern von irgendeiner Fernsehwerbung - natürlich schlecht -
kopiert wurde) zu Otis Reddings „Try a little tenderness“, einer 60er-Jahre
Soul-Nummer, zeigt, b) beherrscht er den 70er John Lennon ("Love")
und c) liebt er die in Wahrheit beste Band der 80er Jahre, The Smiths, zu deren
„Please please please let me get what I want this time“ (einer der gelungensten
und längsten Songtitel überhaupt) er exzessiv im Post-No-Future-Stil
zu leiden versteht, sehr stilsicher wavig und auf einer nackten Matratze vor
einer mit Graffiti besprayten Wand. Er gehört zu den letzten aufrechten
Soul Rebels, die sich jeglicher verlogenen Anpassung verweigern. Andie hingegen
changiert schon zwischen New Romantic Style und Leistungsbewußtsein/Integration,
ein Verrat an der, sich Anfang der 80er in der modischen Differenz äußernden,
Subversivität, den ihre Freundin Iona am krassesten praktiziert. „PiP“
steht insofern, vielleicht ganz ungewollt, auch für das Aufweichen des
letzten Widerstandes gegen eine kapitalistische Kontrolle, gegen die Normierung
durch Statussymbole. Der Style (Ausdruck einer unangepassten Subkultur) wurde
in den Achtzigern immer mehr durch die Modeindustrie vereinnahmt, die Werte
selbstbestimmter Lebens- und Denkweisen immer stärker durch materielle
Werte ersetzt. Die Mehrheit der Schulabgänger in „PiP“ sind bezeichnenderweise
schon Yuppies, bevor sie die Schule verlassen haben..
„Pretty
in Pink“, der größte Hit der New Wave-Band „Psychedelic Furs“ handelt
nach bandeigenen Erläuterungen übrigens nicht davon, dass das besungene
Mädchen in rosa Klamotten “pretty“ ist. Der titelgebende Song handelt von
einem Mädchen ohne Klamotten, das pink, da fleischfarben, da nackt ist...
Hätte
das jemand gewußt, wäre der Film auf dem Index gelandet.
Andreas Thomas
Pretty in Pink
OT: Pretty in Pink
USA 1986; 93 Min.; FSK 12;
Darsteller:
Molly Ringwald (Andie Walsh), Jon Cryer (Phil "Duckie"
Dale), Andrew McCarthy (Blane McDonough), Annie Potts (Iona), Harry Dean Stanton
(Jack Walsh), James Spader (Steff McKee), Alexa Kenin (Jena), Kate Vernon (Benny),
Margaret Colin (Englisch-LehrerIn), Gina Gershon, Christian Jacobs (Junge im
Schallplattenladen), Kristy Swanson (“Duckette”) u.v.a.
Regie: Howard Deutch
Drehbuch: John Hughes
Produktion: John Hughes + Lauren Shuler
Produktionsfirma:
Paramount
Kamera:
Tak Fujimoto
Musik: Michael Gore, The Smiths, Psychedelic Furs, Orchestral
Manoevres in the Dark + div. Popsongs
aus den “goldenen 80ern”
Schnitt:
Richard Marks
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