Tom Hanks in Forrest Gump, Jim Carrey in der Truman Show – wenn Komödianten
ins ernste Fach wechseln, führt meist kein Weg vorbei an der Rolle des reinen Toren, des
arglosen Naivlings, der nicht weiß, wie ihm geschieht, und der gerade dadurch am Ende all
die schlauen Besserwisser abhängt. Nun ist Adam Sandler an der Reihe, bekannt aus
Werken wie Big Daddy und Waterboy, und seine Figur paßt nahtlos in diese Reihe. Er ist
Kleinunternehmer, fertigt phantasievoll dekorierte Toiletten-Saugglocken, wird terrorisiert
von seinen sieben Schwestern und sammelt nach Feierabend Puddingbecher mit
Gutscheinen, die ihm zu Bonusmeilen für den Rest seines Lebens verhelfen sollen – er ist,
wie der Verleih es mal wieder treffend beschreibt, der einsame Simpel auf der Suche nach
der wahren Liebe.
Paul Thomas Anderson, mit Magnolia Gewinner auf der Berlinale 2000, ließ sich von
einer wahren Geschichte inspirieren – nicht die Suche des Naivlings nach dem Glück,
sondern der tatsächliche Fall eines Kerls, der einem Fehler auf die Spur kam und sich mit
Pudding im Wert von ein paar tausend Dollar eine Million Flugmeilen verschaffte. So
interessant diese Geschichte sein mag, einen Film trägt sie nicht, also baute Anderson sie
aus, strickte eine Liebesgeschichte drum herum und erfand Sandlers sympathisch-dämliche
Figur. Dem mag er damit, siehe oben, einen Gefallen getan haben, und möglicherweise ist
das auch schon das beste an Punch-Drunk Love. Denn der Rest wirkt einigermaßen
zerfahren. Stellenweise hat offenkundig der Humor der Coen-Brüder Pate gestanden,
manch anderes erinnert an David Lynch, die Dialoge schwanken zwischen belanglos und
witzig, und der Kamerastil ist original Anderson, doch was in Magnolia insgesamt gut
funktionierte, läuft hier ins Leere.
Es beginnt mit Sandler, der in einer ansonsten leeren Garage sitzt und telefoniert, dann läuft
er ins Freie, geht an den Straßenrand, ein Auto fährt vorbei und fliegt ohne besonderen
Grund in die Luft, ein Lieferwagen hält mit quietschenden Reifen und lädt ein Harmonium
ab, um gleich darauf wieder davonzurasen, immer wieder zucken blaue Lichtblitze durchs
Bild, manchmal sieht man auch eine ganze Weile nur psychedelische Farbmuster. Und das
Harmonium steht für den Rest des Films auf Sandlers Schreibtisch.
Dass das ganze ein Trip in die Innenwelt des möglicherweise leicht autistischen
Protagonisten sein soll, ist relativ klar, doch diese Prämisse zahlt sich nirgendwo aus, und
das Rätsel bleibt ohne Lösung. Die großartige Emily Watson ist verschenkt als Frau ohne
Eigenschaften, die sich aus reiner Drehbuchwillkür in den Helden verlieben muß, andere
Anderson-Regulars haben Kurzauftritte, selbst Adam Sandler fügt dem Bild aus seinen
bisherigen Filmen keine neuen Seiten hinzu. Und die Musik ist entsetzlich.
So bleibt es bei einigen großen Momenten, die einsam im Film herumstehen –
beispielsweise die regelmäßigen, hilflosen Zornausbrüche des Helden oder sein absurdes
Telefonat mit einer Sex-Hotline. Als Ganzes macht es keinen Sinn, die zentrale Wendung
vom Deppen zum Helden ist zum Gähnen vorhersagbar, und man hat eigentlich die ganze
Zeit das Gefühl, P.T. Anderson bei der zwanglosen Erholung nach den Strapazen von
Magnolia zuzusehen. Die Erholung sei ihm gegönnt, aber beim nächsten Mal bitte nicht als
Film.
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Zu diesem Film gibt’s im archiv der filmzentrale mehrere Kritiken