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Resident
Evil - Apocalypse
Eigentlich
gibt es nur zwei gute Momente in Resident
Evil: Apocalypse.
Der eine, relativ früh: Eine Kirche, von innen. Die kleine Gruppe versprengter
Hilfesuchender hat sich hier zusammen gefunden. Jill Valentine (Sienna Guilleroy),
Carlos Olivera (Oded Fehr) und ein paar andere sind auf der Flucht vor einer
Horde Leichen, die durch den Befall mit dem T-Virus zu untoten Monstern wurden
und – das Gesetz des Genres schreibt es vor – nun unterwegs sind, um frisches
Menschenfleisch zu vertilgen und jeden Gebissenen seinerseits in einen Zombie
zu verwandeln. Hinter den Kirchenbänken lauern Monsterhunde, schnell und
ziemlich gefährlich. Die Situation ist hoffnungslos, da plötzlich
bricht das Glas der Kirchenfenster laut ein, und Alice (Milla Jovovich) samt
ihrem Motorrad springt – in Zeitlupe natürlich – durch die Scherben, um
die Monster in die Flucht zu schlagen. Furchtbar trashig ist das, aber auch
charmant in seiner fast schon dadaistischen Sinnlosigkeit. Der zweite schöne
Moment: Wieder eine Menschengruppe, diesmal im Bus, sie versuchen ihren Weg
durch die bereits größtenteils zerstörte Stadt zu finden. Es
wird diskutiert, wie man am besten die Stadt verlassen könne. "Gar
nicht", sagt einer von ihnen, es sei alles abgeriegelt. Und am nächsten
Tag, da werde ein nuklearer Sprengsatz die Stadt vernichten. Mit einer Kraft
von 5 Megatonnen. Eine der anwesenden Frauen blickt den Sprechenden mit großen
Augen an. Sie überlegt, dann fragt sie, völlig verständnislos:
"Was bedeutet das?". Ein Lacher. Unfreiwillig vielleicht, aber auf
ähnliche Art charmant wie der Auftritt der Heldin. Ein C-Movie in jenen
Momenten, das nicht verbirgt, dass es nichts weiter sein will als schnelle,
vollkommen sinnfreie Action, die am nächsten Tag vergessen ist.
Leider
ist Resident
Evil 2 aber
nicht immer zum Lachen. Schlichtweg langweilig sind die meisten Actionsequenzen,
es gibt keine Überraschungen und keine visuellen Leckerbissen, lediglich
am Fließband abgeschlachtete Zombies und Schergen der bösen Umbrella
Corporation.
Deren Chef Major Cain (Thomas Kretschmann) ist zwar schön anzusehen und
bringt beeindruckend viel Charisma in die Riege lebloser Charaktere – aber auch
ihn kann man demnächst in einem besseren Film sehen: als zwielichtigen
Nazi-Offizier in Head
in the Clouds,
der im November in die hiesigen Kinos kommt. Es gibt Filme, die bringen ihren
Zombies Respekt entgegen: Entweder dadurch, dass sie sie in spektakulären
Splatter-Szenen zu den eigentlichen Stars des Films werden lassen, oder durch
zumindest angedeutete Sozialkritik wie erst jüngst im gelungenen Dawn
of the Dead-Remake.
In Resident
Evil 2
taucht eine Gestalt auf, die es so ähnlich schon in George A. Romeros Night
of the Living Dead
gab: Ein Typ, der von einem Hausdach aus genüsslich Zombies abschlachtet,
einen nach dem anderen. Das vermeintliche Opfer wurde da zum Täter, und
die Sympathie der Zuschauer – das war ein großes Verdienst der Romero-Zombie-Filme,
sie wusste nicht mehr, auf wen sie sich konzentrieren sollte, sie oszillierte
zwischen den Figuren und den Bildern der Gewalt – ein Gefühl der Verunsicherung
wurde erreicht. Verunsichert wird in Resident
Evil 2
niemand mehr, denn hier gibt es zwecks der offensichtlich angepeilten Jugendfreigabe
keine Splattereinlagen (die Kindheit der Republik hat das Spiel Resident
Evil schließlich
schon am Computer in zahllosen Reinkarnationen durchgespielt, sie mit zu harter
Gewalt aus dem Kino auszusperren, wäre kommerzieller Selbstmord).
Dass
die Sozialkritik zu kurz kommt in der Verfilmung eines erfolgreichen Computerspiels,
das mag man verschmerzen – aber die völlige Ziellosigkeit, mit der der
Film seinen Figuren durch die Handlung folgt, die Beliebigkeit, mit der gemordet
und gestorben und untot wiederauferstanden wird, gepaart mit der Verweigerung,
visuell die Erwartungen eines Splatterpublikums zu befriedigen, sie muss Resident
Evil 2 scheitern
lassen. Die beiden Sequenzen, in denen der Film zumindest andeutet, wie es hätte
sein können, sie funktionieren, weil Alice, die mit ihrem Motorrad nach
Monstern wirft, bis beide in einem riesigen Feuerball verglühen eine so
grotesk überzeichnete Gestalt ist, dass man fast glaubt, man habe es mit
Selbstironie zu tun – und Selbstironie wäre vielleicht das einzige Mittel
gewesen, dass der Inszenierung geblieben wäre, das Drehbuch zu retten.
Gelungen ist es ihr nicht, die Ironie verschwindet und macht Platz für
eine eigenartige Art von Pathos, die in beinahe jedem Moment durchscheinen lässt,
dass man es nicht mit einem Film zu tun hat, der gedreht wurde um eine Geschichte
zu erzählen, sondern mit einem Beispiel für exzessives Cross-Marketing.
Vom
Spiel zum Film zur Fortsetzung und wieder zum Spiel. Dass der Reigen noch nicht
zu Ende ist, deutet der Film ganz unverfroren an: Sicher die letzten 10 Minuten
werden darauf verwandt, Teil 3 vorzubereiten, und schließlich endet Resident
Evil 2
ganz frech mit einem Cliffhanger. Zuletzt hat sich das Matrix:
Reloaded
getraut – geholfen hat es auch ihm nichts.
Benjamin
Happel
Diese
Kritik ist zuerst erschienen bei:
Resident
Evil - Apocalypse
Deutschland
/ Frankreich / Großbritannien 2004 - Regie: Alexander Witt - Darsteller:
Milla Jovovich, Sienna Guillory, Oded Fehr, Thomas Kretschmann, Jared Harris,
Mike Epps, Sandrine Holt, Sophie Vavasseur - FSK: Keine Jugendfreigabe - Länge:
94 min. - Start: 23.9.2004
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