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Rosamunde
Von den knallbunten Farben der Kamera (Gerard Vandenberg)
ist der Film schier ertränkt. Die Gangstergeschichte aus dem Berlin der
dreißiger Jahre, vom Fernsehspielprofi Egon Günther (HEIMATMUSEUM)
ersonnen und in Szene gesetzt, kommt aufdringlich und überschminkt daher,
laut und knallig, bar jeglicher Nuancen, aber von der jovialen Herrenart, die
die Puppen tanzen läßt. - Vorgeführt wird das inzestuöse
Geschwisterpaar Rosamunde (Anna Dobra) und Emil (Jürgen Vogel). Die beiden
jungen Provinzler planen zusammen mit den Reichshauptstadtproleten Bruno (Richy
Müller) und Franz (Boris Koneczny) den großen Coup: erpresserischen
Menschenraub. Opfer ist der „Judenlümmel" Abel, den lieben langen
Film hindurch liebevoll „das kleine Arschloch" geheißen (Patrick
Elias), und zahlen soll Vater Levin Austerlitz, das Kapitalistenschwein (Mario
Adorf). Das Ende kennt man aus BONNIE UND CLYDE.
Regisseur Günther hat nichts unversucht gelassen,
seine Figuren so debil wie möglich zu zeigen. Die Proletenjungs wissen
noch nicht einmal, wie man Zahnpasta auf die Bürste kriegt. Wer sich darüber
noch nicht kaputtgelacht hat, darf das Ungeschick belächeln, mit dem die
Protagonisten ihre Gefühle äußern; Franz: „Ich steh zu dir,
Bruno, bis zum Tod". Bruno: „Das ist die Nacht, Franz, und die geht vorbei".
Aber nun kommt anscheinend das Beste: Das Drehbuch schickt Emil, den tumben
Tor, in einen Luxuspuff. Der Gipfel des Günther-Humors scheint erreicht:
ein Neger-Direktor, Strapse, Riesenbrüste und paarweise Nackttanz - die
Kamera kann sich kaum wieder lösen.
Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob ROSAMUNDE
„nur" eine Klamotte sein soll. Egon Günther, der seine Karriere 1964
bei der DEFA begann und in Ost und West interessante Filme gedreht hat, reklamiert
für seinen Film einen „authentischen" Fall, andererseits reduzieren
sich z.B. die Losungen der organisierten, demonstrierenden Arbeiterschaft auf
die Formel „Wir haben Hunger!", was historisch allzusehr vereinfacht ist.
Wenn also auch der Hungermarsch eine Klamotte sein sollte, dann ist er eine
schlechte, weil lieb- und interesselos inszeniert. Der Marsch kommt wie von
ungefähr daher, wird wahrgenommen und vergessen, hat allenfalls einen Gag
transportiert. Eine „Frauenbrigade" tritt nur zum Zweck auf, einen Lacher
einzufangen: Kommissar-Klischee Manfred Krug hat seine Bullen, allen voran Mathieu
Carriere, zwecks Tarnung in Frauenkleider gesteckt. Wer sich auf solche Altherrenwitze
verläßt, der löst letztlich nur betretenes Schweigen aus.
Dietrich Kuhlbrodt
Dieser Text ist
zuerst erschienen in: epd Film 2/90
Rosamunde
BRD 1988. R u. B: Egon Günther. K: Gerard Vandenberg.
T: Walter Steffenhagen. Ko: Ingrid Zord. Pg: Mutoskop-Filmproduktion/Toro/Maran
Film. Gl: Dieter Prade. P: Matthias Deyle. V:
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