Rotation
In
diesem zweiten Teil von Wolfgang Staudtes Trilogie
zum Bewußtsein im Nachkriegsdeutschland
(nach Die
Mörder sind unter uns
und vor Der
Untertan)
konzentriert er sich auf die Wirkung des Nazistaates auf den Einzelnen und die
Strategien des Regimes, immer engere Kreise um seine Gegner zu ziehen. Beides
wird mit erschreckender Wirklichkeitsnähe gezeigt. Staudte interessiert
die widersprüchliche Psychologie des unpolitischen Normalbürgers und
Mitläufers, dessen "Widerstand" sich zunächst auf ein vorgetäuschtes
Husten beim "Heil Hitler" beschränkt, der aus Angst um seinen
Arbeitsplatz aber dann doch in die Partei eintritt, nun aber, als es bereits
zu spät ist, das Unrecht erkennt und dem Widerstand zuarbeitet. Das kann
sein Gewissen nicht mehr retten, bringt ihn aber hinter Gitter. Ausgeliefert
vom eigenen Sohn, der zum begeisterten Anhänger der HJ geworden ist, sieht
er am Anfang des Films (in einer typisch Staudteschen Einstellung) seiner Exekution
entgegen. Die vorhergehenden 20 Jahre werden anschließend in Rückblenden
erzählt. Die Jahre 1933-45 werden allerdings in einem kaum zulässigen
"Zeitraffer" dargestellt, der einen allzu fragmentarischen Eindruck
hinterläßt.
Staudte
versteht es, die Sympathien des Zuschauers exakt am Rande zwischen Identifikation
mit der Hauptfigur (Paul Esser als Hans Behnke) und Verachtung ihres Handelns
zu balancieren. Die Authentizität der Darstellung geht so weit, daß
jegliche Musikuntermalung stets einer Schallquelle im filmischen Raum zugeordnet
werden kann. Das geht bis hin zur melodramatischen Konfrontation Behnkes mit
seinem verräterischen Sohn zu Beethovens Fünfter - die aus einem Radio
im Büro des nazistischen Arbeitgebers schallt.
Im
letzten Moment von aliierten Soldaten gerettet, versöhnt sich Behnke (zum
moralischen Schluß) einige Wochen nach Kriegsende mit seinem nunmehr geläuterten
Sohn, dessen Weltbild zusammengebrochen war, als er seinen bewunderten HJ-Führer
feige vor den Eroberern fliehen sah.
Unter
"Rotation" - von der Druckwalze in Behnkes Zeitungsbetrieb symbolisiert
- stellt sich Staudte die ewige Wiederkehr geschichtlicher Ereignisse vor, die
(wie der Sohn am Schluß erkennt) "von denen, die den Frieden lieben,
durchbrochen werden muß". Etwas moralinsauer also das Ganze - aber
wer wird sich darüber bei einem DEFA-Film aus dem Jahr 1949 wundern?!
Johann
Georg Mannsperger
Dieser
Text ist zuerst erschienen in:
Zu diesem Film gibt es im archiv mehrere Texte
Rotation
Deutschland
1949
R:
Wolfgang Staudte D: Paul Esser, Irene Korb