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Der
Rote Kakadu
Bonbonbunt das Presseheft, schön bunt mit einem
heftigen Stich in den Rotton die DDR kurz vor dem Mauerbau. Dies der Zeitpunkt,
durch Zwischentafeln mit Mauerbau-Countdown unterstrichen, den "Der rote
Kakadu" rekonstruiert. Der rote Kakadu ist eine Tanzbar in Dresden, in
der man zu westlicher Musik westlich tanzt. Es sei denn, es taucht ein Bonze
auf und verordnet die russische Orthodoxie. Man pisst ihm ins Sektglas, er schluckt
und wir dürfen lachen. Dieser Art ist die Komik im Film, also plump. Mit
der Politik verhält es sich kaum anders und auch mit der Liebe nicht.
Der Film folgt einem Drehbuch von Michael Klier und
Karin Aström. Günter Schütter, der gerade im Verbund mit Dominik
Graf oft großartig ist, hat es bearbeitet, aber – bei Gott – nicht genug.
Der Film macht in Liebe und will doch Politik. Die plumpe Komik ermäßigt
zur einen wie zur anderen Seite jeden Anspruch. Das Absurde, das verschärft
und nicht mildert, das kontrapunktiert und nicht glättet, bleibt aus.
Dominik Graf setzt sich ins Verhältnis: zu diesem
Drehbuch, zur DDR, die er reimaginiert. Grau, so viel steht vor bröckelndem
Putz, den man in hinteren Winkeln noch auftreiben konnte, war sie nicht. Dynamisch
der Einstieg, alles rennt und rettet und flüchtet, es ist ein Spaß,
es ist doch Ernst, zwei finden sich, die zueinander nicht finden werden. So
weit ist es gut. Eine weitere Szene gibt Hoffnung, zunächst. Die beiden,
Luise (Jessica Schwarz) und Siggi (Max Riemelt), als Schatten in Schatten eines
finsteren Hauses, man hört sie wohl, man sieht sie kaum. Dann aber werden
ihre Gesichter zum Dialog in der Bildmitte postiert, von irgendwo fällt
ein mildes Licht und macht aus der Dunkelheit elegantes Chiaroscuro. Zu Eleganz
kommt es öfter, aber ist eine Eleganz ohne Funktion. Dominik Graf ist in
"Der rote Kakadu", was er nie war: ein erzkonventioneller Regisseur,
der seiner faden Geschichte bei Gelegenheit Glanzlichter aufsteckt. Reine Dekoration.
Die DDR in "Der rote Kakadu" ist Dekor.
Es wäre verfehlt, mangelnde Authentizität zu beklagen, im Gegenteil,
es fehlt vielmehr an Kraft zur gründlicheren Reimagination. Vermutlich
stimmen die Details, umso falscher das Ganze. Der Film zerfällt in visuelle
Verklärung und Politikdiskurs aus Kindermund. Dazwischen vermittelt nichts,
es sei denn der Humor, der Tische rückt und Pisse trinkt. Die Liebes-Triangel
schluckt als Klischee aus Klischees die Energie, die sie spenden sollte. Es
ist ein Jammer und im Grund kaum zu fassen. Dominik Graf hat einen X-Film gedreht
und es ist tatsächlich drin, was drauf steht.
Ekkehard Knörer
Dieser Text ist zuerst erschienen in: Jump Cut
Der
Rote Kakadu
Deutschland
2005 - Regie: Dominik Graf - Darsteller: Max Riemelt, Jessica Schwarz, Ronald
Zehrfeld, Ingeborg Westphal, Devid Striesow, Kathrin Angerer, Tanja Schleiff,
Lutz Teschner, Volker Zack Michalowski - Prädikat: wertvoll - FSK: ab 12
- Länge: 129 min. - Start: 16.2.2006
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