zur
startseite
zum
archiv
The
Rutles - All You Need is Cash
Jaggers
Urteil: „Schrecklich!”
„Elvis
lebt!“
Wenn
es stimmt, was die Fans des „King“ nicht müde werden zu behaupten, steht
zu hoffen, dass König Elvis I. neulich einem anderen King zu dessen Bühnenabschied
wenigstens ein Dankesschreiben geschickt hat: Immerhin hat Elvis Presley seinerzeit
bei Mister B.B. King den Blues kennen gelernt und von ihm die ersten Akkorde
auf der Gitarre erlernt.
So
war das und so bleibt es: Blues ist „black music mainly sung by white people“,
und die Wurzeln von Beat und Rock liegen irgendwo in den Sümpfen von Louisiana.
Weil das so ist, muss dort natürlich auch die Spurensuche nach einem Sound
beginnen, der sich in den 60er Jahren von England aus aufmachte, die Welt zu
erobern; und so führt uns die weithin unbekannte Dokumentation „The Rutles
– All you need is cash“ unter anderem auch zu Blind Lemon Pye, der dem Vernehmen
nach Quelle aller Inspiration für den einmaligen Sound der Band gewesen
sein soll, um die’s hier 73 kurzweilige Minuten lang geht.
Zeitzeuge
Blind Lemon Pye erweist sich beim stilecht „on the banks of the bayou“ durchgeführten
Interview allerdings als ziemlich ahnungslos: Nicht er habe den vier inzwischen
zu Weltruhm gelangten Musikern die Töne beigebracht, sondern die hätten,
ganz im Gegenteil, ihn dazu gebracht, seinen Job bei der Eisenbahn an den Nagel
zu hängen und selbst eine Musikerkarriere einzuschlagen („An’ I been starvin’
ever since“)
Der
Ursprung des unverkennbaren Sounds der Band hingegen sei, wird der verwirrte
Reporter beschieden, „nebenan“ zu suchen: Nachbar Ruttling Orange Peel sei der
Gesuchte (was dessen Frau allerdings bestreitet).
Filmfans,
die sich angesichts des Adressen-Verwirrspiels an einen ganz ähnlichen
Gag aus dem Ulk „Das Leben des Brian“ erinnert fühlen, befinden sich hingegen
auf der richtigen Spur. Wer jetzt allerdings mutmaßt, da müsse jemand
bei den britischen Anarcho-Komikern „Monty Python“ abgekupfert haben, der irrt:
Tatsächlich ist „The Rutles“ der ältere der beiden Filme – und so
darf man vielleicht annehmen, dass Eric Idle, der hinter diesem selbst unter
bekennenden Python-Fans weithin unbekannten, genialen „spoof“ aus dem Jahre
1978 steckt, den Gag für „Das Leben des Brian“ schlicht recycelt hat.
In
Wirklichkeit handelt es sich bei dem ursprünglich fürs britische Fernsehen
produzierten 73-minütigen Film natürlich um das, was spätestens
seit Rob Reiners ebenfalls famosem Musikfilm „Spinal Tap“ (1984) unter der Bezeichnung
„Mockumentary“ bekannt ist: eine Pseudo-Dokumentation, die gleichermaßen
den Inhalt wie auch die Form einer tatsächlichen Dokumentation verulkt.
Während
Reiners Film sich in den letzten Jahren zunehmender Beliebtheit wie Bekanntheit
erfreut, fristet das Kleinod aus dem Monty Python-Dunstkreis hierzulande nach
wie vor ein Schattendasein. Das ist bedauerlich, denn Eric Idles Persiflage
steht der von Reiner in nichts nach – weder was den Unterhaltungswert angeht,
noch was die Liebe zum Detail angeht, mit der zuwerke gegangen wurde.
Ob
einschaltquotentreibender Auftritt zu Beginn und Ende der Ed Sullivan Show,
Eklat um angebliche gotteslästerliche Äußerungen, Drogenkonsum,
verquaste-psychedelische Ausflüge ins Filmgeschäft („The Tragical
History Tour“) oder die sich hartnäckig haltende Wandersage um Paul McCartneys
angeblichen Tod und das Cover des Abbey Road-Albums: „The Rutles“ spart keines
der wichtigen „ups“ and „downs“ im Werden und Vergehen der „Beatles“ aus und
karikiert Auftreten, Aussehen und auch den Sound der Originale mit sicherem
Gespür fürs Detail.
Wer
die "Prefab Four“ "The Rutles" hört, meint die "Fab
Four" von den „Beatles“ zu hören – und auch die Zeichentrick-Passagen,
mit denen „Yellow Submarine“ aufs Korn genommen wird, imitieren den Stil des
Originals so treffend, dass man dahinter auf den ersten Blick auch bislang unveröffentlichtes
Beatles-Material vermuten könnte. Das gilt übrigens auch für
die Musik und deren Texte: „Cheese and Onion“ vom legendären Album „Sgt.
Rutter’s Only Darts Club Band“ könnte ebenso glatt als Beatles-Song durchgehen
wie jedes andere der Rutles-Stücke. Beatles-Kennern dürfte es nicht
schwer fallen, jede der im Film zu hörenden, überaus treffenden musikalischen
Persiflagen auf Anhieb dem Original zuzuordnen.
Nah
am Original ist auch Idles Darstellung von Pilzkopf McCartney (der hier McQuigley
heißt). Das liegt wohl weniger daran, dass es zwischen Idle und McCartney
tatsächlich eine frappierende Ähnlichkeit gäbe als daran, dass
Idle Mimik und Gestus des Beatle-Songschreibers dermaßen gut imitiert,
dass der Zuschauer sich nur allzu bereitwillig der Illusion einer weitergehenden
Ähnlichkeit hingibt: Wenn Idle mit leicht entrücktem Blick der Queen
ein Ständchen bringt, meint man zuweilen tatsächlich, Idle müsse
ein Doppelgänger, wenn nicht gar ein Zwilling McCartneys sein.
Ein
Beatles-Original tritt sogar ganz leibhaftig auf, nämlich der mit Idle
befreundete selige George Harrison, der zwei Jahre nach Entstehen von "The
Rutles" auch als ausführender Produzent von „Das Leben des Brian“
in Erscheinung treten wird (und hier ebenfalls ein kurzes Cameo hat).
Harrison
ist beileibe nicht der einzige prominente Gast, den Eric Idle und Regisseur
Neil Innes sich für ihren Bandfilm eingeladen haben. Kurze Interviews mit
Paul Simon und Mick Jagger verleihen dem Doku-I das Testimonial-Tüpfelchen.
Gerade der Stones-Sänger scheint an seiner Rolle sichtlich Vergnügen
zu haben: “It was ’orrible“, befindet Mick Jagger über einen Song, den
die Rutles den Stones zum Kauf angeboten haben sollen – angesichts der offenen
Konkurrenz zwischen den lauten, ungehobelten Stones und den verhältnismäßig
zahmen Beatles darf man sich seinen Teil dazu denken, ob Jagger wirklich an
die „Rutles“ denkt, wenn er sich über die „Rutles“ lustig macht.
In
weiteren kleinen Rollen zu sehen sind Dan Aykroyd, Bill Murray und John Belushi
(ob es wohl zwischen den Komikern der legendären US-TV-Show “Saturday Night
Live“ und den britischen Monty Pythons eine Art Schüleraustausch gegeben
hat?), Mick Jaggers damalige Ehefrau Bianca Jagger, Stones-Gitarrist Ron Wood
und die amerikanische Komikerin Gilda Radner.
Man
muss sicherlich kein erklärter Beatles-Fan sein, um sich mit den „Rutles“
ausgezeichnet zu unterhalten, aber gerade Beatles-Afficionados wird natürlich
angesichts der gewissenhaften Recherche, die für „The Rutles“ offensichtlich
betrieben wurde, das Herz aufgehen (das ist ein bisschen so wie bei Helmut Dietls
„Schtonk“: je klarer einem ist, wie wenig da erfunden, sondern nur satirisch
überhöht wurde, desto mehr Vergnügen hat man am Film): je mehr
Beatles-Allgemeinwissen man mitbringt, desto mehr Spaß werden einem „The
Rutles“ machen.
Was
man allerdings in jedem Fall haben sollte, sind Englischkenntnisse (keine Bange,
das Schulenglisch sollte vollkommen ausreichen – und wenn’s mal nicht so ist,
machen die „Rutles“ trotzdem noch Spaß: ein bisschen Beatles-Wissen ist
im Zweifelsfalle wichtiger als Sprachkenntnisse, und ein großer Teil der
Komik erschließt sich schon allein durchs Zuschauen), da es eine deutsche
Synchronfassung zwar angeblich gibt, diese aber derzeit nicht erhältlich
zu sein scheint: Momentan gibt’s die „Rutles“ nur als Import aus „UK“ oder „USA“.
Neben
der regulären DVD, die lediglich den Film in einer 71 Minuten langen Schnittfassung
bietet, wurde mittlerweile auch eine „Special Edition“ aufgelegt. Da inzwischen
ohnehin nur noch die neue Special Edition erhältlich zu sein scheint, dürfte
sich die Frage danach, welche Version die empfehlenswertere sei, in der Praxis
wohl gar nicht mehr stellen – wer aber trotzdem die Wahl hat, darf seine Entscheidung
m.E. auch mit Blick auf den im Einzelfall veranschlagten Preis treffen, denn
die alte und die neue Fassung unterscheiden sich wirklich nur marginal voneinander
(die zusätzlichen zwei Minuten Spielzeit der neuen Auflage sind mir nur
aufgefallen, weil ich den Film schon sehr oft gesehen habe).
Auch
Bild und Ton sind in beiden Fällen ok, mehr aber wohl auch nicht: „The
Rutles“ ist eine mit kleinem Budget fürs Puschenkino gedrehte Produktion
– in den späten 70ern jedenfalls, aus denen der Film datiert, hat am Mono-Ton
sicherlich niemand etwas zu beanstanden gehabt. Das Bild könnte schärfer
sein, die Farben kräftiger – aber auch da habe ich schon weit Schlimmeres
gesehen.
Neben
zwei zusätzlichen Filmminuten bietet die Special Edition eine kurze, eigens
für die Neuauflage produzierte Anmoderation von Eric Idle (der in „The
Rutles“ übrigens gleich in drei Rollen schlüpft) und einige weitere
Szenen, die der Schere zum Opfer gefallen sind. Das alles stellt in meinen Augen
noch keinen hinreichenden Grund dafür dar, unbedingt zur Special Edition
zu greifen.
Wer
einen triftigen Grund dafür sucht, der Special Edition den Vorzug zu geben,
findet ihn wohl nur in Eric Idles filmbegleitendem Audiokommentar, der für
mich die zweifellos netteste Dreingabe der Special Edition ist.
Ganz
gleich, für welche Ausgabe man sich entscheiden mag (meine Abbildung zeigt
das Cover der Special Edition): Die „Rutles“ sind einfach klasse – ganz gleich,
was Mick Jagger, der hier das letzte Wort haben soll, auch über die Band
denken mag.
Eric
Idle: ”Do you think they´ll ever get back together again?”
Mick
Jagger: “I hope not.”
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
Die
Special Edition DVD
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
(bei
der es sich übrigens nicht um
eine
Audio-DVD handelt, sondern um
eine
handelsübliche Video-DVD –
eine
andere Ausgabe gibt es
meines
Wissens aber auch gar nicht)
Studio:
Second Sight Films Ltd.
DVD
veröffentlicht am 7. Oktober 2002
Laufzeit:
73 Minuten
•
Region: 0
•
PAL, Special Edition
•
ASIN: B00006L9WX
•
Katalognummer: 2NDVD3047
•
Sprache: Englisch
•
Untertitel: keine
Laufzeit
: 73 Min.
Zusätzliche
Ausstattung:
°
geschnittene Szenen
°
Kommentar von Eric Idle
°
Ansage von Eric Idle
Eine
Kritik von “Gemeinwesen”
Diese
Kritik ist zuerst erschienen bei: www.ciao.de
The
Rutles - All you need is Cash
THE
RUTLES - ALL YOU NEED IS CASH
England
- 1978 - 70 min.
Musikfilm, Komödie
Verleih:
offen
Erstaufführung:
26.11.1995 premiere
Regie:
Gary Weis, Eric Idle
Buch:
Eric Idle
Kamera:
Gary Weis
Musik:
Neil Innes
Darsteller:
Eric
Idle (Dirk)
Neil
Innes (Nasty)
Rikki
Fataar (Stig)
John
Halsey (Barry)
Michael
Palin (Eric Manchester)
John
Belushi (Ron Decline)
Dan
Aykroyd (Brian Thigh)
zur
startseite
zum
archiv