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School
of Rock
Scooby
doo – immerzu
In
"School of Rock" probiert Jack Black neue Formen lebenslustiger Sozialarbeit
aus
Dieser
Tage wird Richard Linklater seinen neuen Film "Before Sunset"
im Wettbewerb der Berlinale zeigen. Linklater ist der Mann, der vor Jahren die
so genannten "Slacker" sprichtwörtlich gemacht hat, indem er
diesen Ganztagsherumhängern einen gleichnamigen Film widmete."Slacker"
(1990) war ein herrliches Werk; seine verwackelten Bilder spiegelten trefflich
in scheinbar zufälligen Lebenssituationen die unsicheren Aussichten einer
Generation um die 30 wieder, die sich in selbstbezüglichen Identitäten
wie "bike rider with nice shoes, scooby do philosophers, T-Shirt terrorist,
sidewalk psychic or anti-traveller" einrichtete. 24 Stunden kurvte man
mit den Slackern in "Slacker" durch eine Endlos-Laber-Schleife - sie
ergaben sich der Ausbeutung der eigenen Freizeitkultur, indem sie auf dem Campus
der Universität von Austin, Texas, in Studentenbuden, Coffee Shops und
sogar auf einem Autofriedhof monologisierten. Einer von ihnen verkaufte angebliche
Schamhaare von Madonna im Glas mit den Worten: "It gets you a little closer
to the rock goddess herself than a poster!" Die Slacker-Botschaft lautete:
"Imagine yourself".
So
viel Vorwort musste jetzt sein, denn Linklater hat seinen hübschen kleinen
Independent-Film nun unerwartet mit den Mitteln des Hollywood-Kinos fortgesetzt,
und zwar noch vor "Before Sunset". Wie die meisten seiner amerikanischen
Regie-Kumpel mit Independent-Wurzeln sucht auch der 1960 in Houston geborene
Linklater die eigene Adoleszenz filmisch zu verlängern, und mit "School
of Rock" hat er tatsächlich einen Film gedreht, bei dem ihm dies gelingt:
Der Held sieht nicht besonders gut aus und er wird eigentlich auch nicht gebraucht;
aber er macht doch das Beste aus dieser Situation und empfindet so viel Lebenslust,
dass er auch die Zuschauer anstecken könnte.
Ein
paar spezielle Voraussetzungen müssen die aber schon mitbringen, denn Dewey
Finn (Jack Black) ist eine Prüfung für jeden brutal abgeklärt
sich gebenden Zeitgeistler - ein singender Gitarrist mit Übergewicht, der
uncoole Klamotten, alberne Haarschnitte und - das schlimmste - die falsche Art
von Musik bevorzugt. Led Zeppelin, Deep Purple, AC/DC, zwanzigminütige
Gitarren-Soli - das ganze Programm der 70er-Jahre. Was Dewey an popkultureller
Modernität und musikalischer Meisterschaft fehlt, macht er durch vernichtenden
Enthusiasmus wett, nicht eben zur Freude seiner Umgebung. Dass er kaum Geld
hat, ficht Dewey wie jeden echten Rock 'n' Roller nicht weiter an; dass er jedoch
von seiner eigenen Band vor die Tür gesetzt wird, weil hinterrücks
ein neuer sexy Frontmann angeworben wurde, trifft ihn hart. Dann schlägt
sich der beste Freund auch noch auf die Seite der Dewey feindselig gesonnenen
Liebsten. Ausgelacht werden mag schon schlimm genug sein, einsam sein aber ist
viel schlimmer.
Über
diese eigentlich tragische Situation erhebt sich der Held mit Hilfe jenes pragmatischen
Sinngebungstricks, der schon in "Slacker" funktionierte: "Imagine
yourself". Wenn die Menschen meiner Musik nicht zuhören wollen, muss
man sie eben von Anfang an dazu erziehen. Zunächst erschleicht sich Dewey
nur aus finanzieller Not einen Job als Aushilfslehrer an einer prestige-trächtigen
Privatschule. Zu unterrichten weiß er natürlich nur, was er weiß
- die "Geschichte des Rock". Daher hat der Film auch seinen Namen:
aus der Klasse des Rock wird noch eine "School of Rock". Schnell gewinnt
der warmherzige Tolpatsch die Herzen der zunächst befremdeten Upper Middle
Class-Zehnjährigen, indem er die Ängstlichen ermutigt, den Verklemmten
Sicherheit schenkt und den Übersehenen eine Bühne gibt. Gerade ein
zu kurz geratener Zehnjähriger fühlt sich mit einer Gitarre und ein
bisschen Gel im Haar wie ein Star.
Jack
Black spielt Dewey Finn, aber auch sich selbst. Black ist in den USA als Darsteller
eine mittelgroße Nummer. Joan Cusack gibt an seiner Seite eine hinreißende
Vorstellung als zwangsneurotische Schuldirektorin, die durch die Liebe zu diesem
leidenschaftlichen Loser von Twinset und Perlenkette erlöst wird. Am Ende
haben wir aus dem Drehbuch von Mike White (u.a. "Nix wie raus aus Orange
County") folgendes gelernt: Auch Slacker sind nützliche Mitglieder
der menschlichen Gemeinschaft. Dewey formuliert es so: "Ich leiste meinen
sozialen Beitrag, indem ich rocke."
Anke
Westphal
Diese
Kritik ist vorher erschienen bei: www.berlinonline.de
Zu
diesem Film gibt’s im archiv
der filmzentrale mehrere Texte
School
of Rock
USA
2003. R: Richard Linklater. B:
Mike White. P: Scott Rudin. K:
Rogier Stoffers. Sch:
Sandra Adair. M:
Craig Wedren, Randall Poster. T: Jeffrey Stern. A: Jeremy Conway, Adam Scher.
Ko:
Karen Patch. Pg:
Paramount/Munich/New Century/SOR. V: UIP. L: 109 Min. FSK: 6, ffr. Da: Jack
Black (Dewey Finn), Joan Cusack (Rosalie Mullins), Mike White (Ned Schneebly),
Sarah Silverman (Patty), Joey Gaydos Jr. (Zack), Maryam Hassan (Tomika), Kevin
Clark (Freddy), Rebecca Brown (Katie).
Start:
5.2.2004 (D), 12.2.2004 (A, CH)
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