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Die
schwarze Witwe
Die
junge Kriminalbeamtin macht der schönen Kriminellen ein anzügliches
Luxusgeschenk: eine schwarze Riesenspinne als hochkarätige Brosche. Die
Beschenkte, halb beglückt und halb enttarnt, bedankt sich mit dem Satz:
„Die schwarze Witwe paart sich - und tötet". Dann drückt sie
jäh einen dicken feuchten Kuß auf die Beamtenlippen. - Der große
Unterhaltungsfilm DIE SCHWARZE WITWE bedient voll die Klischees des Kriminalfilms,
vom vergifteten Cognac bis zur dramatischen Überführung der Täterin
im Kreise der handelnden Personen, - aber dies mit Lust & Laune und allerlei
Attraktionen und unterschwelligen Ambivalenzen. Es ist eine Lust, diesen Film
zu sehen.
Die
attraktive, aber ehrgeizige Kriminalpolizistin also setzt sich auf die Spur
einer mysteriösen Serie von Todesfällen. Verbissen sitzt sie vor den
Monitoren, die für Filmzwecke eigens auf 24 Bilder in der Sekunde geschaltet
sind. Wer ist die junge schöne Unbekannte, die die reichen einsamen Manager
ehelicht und nach deren schnellem Ableben das Vermögen kassiert? Über
den Computer stellt sich eine knisternde Beziehung zwischen den Frauen her.
Die Instinkte der Witwe melden, daß jemand hinter ihr her ist; die Polizistin
wittert die Fährte. Das gibt die schönsten Parallelmontagen. Doch
bevor die beiden Frauen ein Paar werden, einerseits, oder sich darüber,
verständigen, wer wen in der Gewalt hat, andererseits, - bevor also diese
delikate und durchaus spannende Frage beantwortet ist, müssen die Störfaktoren
beseitigt werden. Wer stört - das sind die Männer. Fiese Machos in
der Behörde, die die Frau kleinhalten wollen. Blasse Softis um die Frauen
herum, typische Nebenrollen, gerade gut genug, um gekillt und ausgenommen zu
werden. Auch Dennis Hopper ist nichts weiter als ein Opfer, das zügig abgeräumt
wird. Nur Sami Frey behält, von Zufall und Glück begünstigt,
seine Hauptrolle. Abgehoben von den Dingen dieser Welt schlurft er durch die
Aschenfelder des Hawaii-Vulkans, willenloses Objekt der beiden Frauen, die ihn
(abwechselnd) lieben, um ihn zu ehelichen und zu töten (die eine), um ihn
zu retten (die andere). Inzwischen nämlich ist die Polizistin dem geheimnisvollen
Ruf der schwarzen Witwe gefolgt, hat ihre Möbel verkauft und sich ein Hinflugticket
nach Hawaii besorgt. Der Rafelson-Song „Magic Island" erklingt, und schon
sind die beiden Frauen Freundinnen. Im Tauchkurs üben sie fleißig
die vorgeschriebene Mund-zu-Mund-Beatmung. Und dann entdecken sie gemeinsam
die Wunderwelt der Wassertiefe, freilich in Gestalt von Under water diving doubles.
Da!! Das Tauchgerät versagt! Der Polizistin droht der Tod. Doch die schwarze
Witwe nutzt die Chance nicht, sich der Polizistin zu entledigen. Sie rettet
ihr das Leben. Taumelnd steigen beide aus der Brandung. Und die Polizistin wird
eine andere, jedenfalls einerseits. Sie teilt die Garderobe mit ihrer Freundin,
auch den Liebhaber. Cocktails, Lofts und Swimming-pools, - das ist schon etwas
anderes als die Großraumbüros der Strafverfolgungsbehörde.
Die
Annehmlichkeiten der Identitätsvermehrung haben Klasse, sozusagen Highsmith-Format.
Und aus dem Literaturwerk des „Jungen, der Ripley folgte" ist in diesem
Film die Junge geworden, die der schwarzen Witwe folgte. Freilich hinkt der
Vergleich. Denn dem Film ist dann doch ein moralisches Ende angepappt, denn
Crime doesn't pay. Das gehört zum Klischee, und die Schlußsequenz
kann man genausogut vergessen. Auch die Synchronschnitzer stören nicht
besonders, zum Beispiel der „Spachtel zum Eierkochenwenden" (?), weil man
ja sieht, daß es Rührei gibt. Dem Identitätstausch der Polizistin
tut es auch keinen Abbruch, wenn der deutsche Dialogtext sie mal beim FBI-Office,
dann wieder bei der Special Task Force des Department of Justice ansiedelt.
Aus der existentiellen Perspektive ist das alles eh eins.
Auch
über das Teammitglied Rick Martens konnte ich mich nicht echt aufregen:
Das ist der Gaffer, der an seinem Galgen das Mikro ins Bild hielt. Denn erstens
gewann der Film an Farbwerten, da das Mikro mal gelb, mal grau, mal blau ist.
Zum andern hat mir ein deutscher Kinobesitzer erklärt, daß er sowieso
das obere Drittel vom Bild wegcasht (oder war es ein Viertel?). Also noch mal:
was zählt das alles, wenn dafür das fehlt, was den US-Film sonst so
ätzend macht. Zum Beispiel die banalen Psycho-Dialoge, in denen die Motive
der Protagonisten/innen umständlich erklärt, wegdiskutiert und bereinigt
werden müssen. Nein, DIE SCHWARZE WITWE funktioniert übers Bild, und
das ist die fällige Antwort auf die Gradlinigkeit der Macho-Gesellschaft.
Der Film ist nix für die Straights, und das eben ist die Freude am Spaß.
Dietrich
Kuhlbrodt
Diese
Kritik ist zuerst erschienen in: epd Film 6/87
Die
schwarze Witwe
BLACK
WIDOW
USA
1986. R:
Bob Rafelson. B:
Ronald Bass. K Conrad L. Hall. Sch: John Bloom. M.- Michael Small. T.-
David McMillan. Ba: Gene Callahan. Ko: Patricia Norris. GI:
Laurence Mark. Pg und V: Twentieth Century-Fox. L:
2785 m (101 Min.). FSK: 12, ffr. FBW:
Wertvoll. St: 14.5.1987. D: Debra Winger (Alexandra), Theresa Russell (Catharine),
Sami Frey (Paul), Dennis Hopper (Ben), James Hong (Shin).
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