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Smokin'
Aces
Blei in der Luft
In Las Vegas gehen Entertainment und Verbrechen Hand
in Hand; doch der Kartenmagier und Kleinkriminelle Buddy Aces Israel hat alle
gegen sich aufgebracht: Den Mafiaboss Primo Sparazza, weil er beim FBI als Kronzeuge
gegen ihn aussagen will, die Polizei, weil er die Regeln des Deals immer wieder
verletzt, seine Anwälte, weil er abgehauen ist und die Kaution damit verfallen
ließ. Sparazza setzt eine Million Dollar Kopfgeld auf Israel aus und fordert
sein Herz, und schon sind alle hinter ihm her: eine Armee von Killern, darunter
zwei veritable bitches, durchgeknallte Neonazi-Punks, ein Sadist mit vielfältigen
Gummimaskierungen, auch ein geheimnisvoller Schwede, den niemand kennt. Dazu
die FBI-Agenten Carruthers und Messner, die ihn beschützen sollen, und
ein paar Kautionsjäger, darunter Ben Affleck, der als einer der ersten
umgenietet wird.
Die Jagd, die normalerweise als Road Movie in die
Weite der Landschaft ausgebreitet wird, verlegt Regisseur Joe Carnahan in ein
Hotel dort, im Penthouse, hat sich Israel verschanzt, eine Festung, die die
verschiedenen Parteien auf verschiedene Weise stürmen. Wobei von vornherein
klar ist: Wer im Weg steht, wird umgeballert. Das gleicht dann einem Computer-Killerspiel
im Multiplayermodus, wenn Carnahan flott von einem Handlungsstrang zum anderen
schneidet: Jeder versucht, sich ins höhere Level, ins höchste Stockwerk
zu schießen. Eine Hauptfigur kann sich schon deshalb nicht herauskristallisieren,
weil jeder jederzeit sterben kann. Und welch schöne Sterbeszenen der Film
bereithält: Zwei, die sich im Aufzug gegenseitig durchlöchern, richtig
durchlöchern; der Killer, der sein Opfer mitfühlend tröstet;
ein anderer, der die Mundwinkel der Leiche bewegt und dabei Worte der Vergebung
murmelt.
Das alles hat was von der einfachsten surrealistischen
Tat, nämlich laut André Breton mit Revolvern in den Fäusten
auf die Straße zu gehen und blindlings, solange man kann, in die Menge
zu schießen. So erreicht der Film die irreale Sphäre, in der nur
noch das Übermaß an Gewalt zählt, die dann weniger brutal als
vielmehr einfallsreich erscheint. Über anderthalb Stunden sinnloses Töten
und die Frage nach dem Sinn steht denn auch am Ende des Films, wenn auch seine
Figuren begreifen, dass eine Sinnstiftung ihrer Handlungen nicht durch Verbrechen,
nicht durch FBI erfolgen kann, die beide letztendlich dasselbe sind. Real ist
nur der Tod.
Harald Mühlbeyer
Dieser Text ist zuerst erschienen
in:
Smokin'
Aces
USA 2007 - Regie: Joe Carnahan - Darsteller: Ben Affleck, Andy Garcia, Alicia Keys, Ray Liotta, Jeremy Piven, Ryan Reynolds, Peter Berg, Martin Henderson, Taraji Henson, Common, Jason Bateman, Zach Cumer, Yvonne Koenig, David Proval - Start: 1.3.2007
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