zur
startseite
zum
archiv
Solaris(2002)
Steven
Soderbergh versucht sich am klassischen SF-Stoff: George Clooneys Hintern ersetzt
philosophische Komplexität in einer bemerkenswerten Stilübung.
Inhalt
Auf
der Raumstation nahe dem Planeten Solaris kommt es zu unerklärlichen Erscheinungen.
George Clooney forscht nach – und sieht sich bald mit großen, metaphysischen
Fragen konfrontiert.
Kritik
Dass
Solaris
in Amerika elendiglich gefloppt ist, kann nur mäßig verwundern –
schließlich hat Steven Soderbergh Stanislaw Lems bemerkenswerten, ausufernden
philosophischen SF-Roman auf knappe 100 Minuten runterkondensiert, was nicht
einmal zwei Drittel der Spieldauer von Andrei Tarkowsky mystisch-transzendenter
und auch schon recht verwirrender Erstverfilmung ausmacht. Auf der Strecke geblieben
ist dabei die narrative Kohärenz – die Nebenfiguren (political-correctness-Crewmitglied
Viola Davis und ein überraschenderweise ausnehmend lustiger Jeremy Davies,
der einzige Kicherer in einem Meer der Melancholie) treiben durch die Story
wie die Kamera bisweilen vor dem titelgebenden Planeten, der an eine gigantische
Lavalampe erinnert. Dafür kann sich Soderbergh seinen cleveren stilistischen
Spielchen widmen: Erstaunlich sicher geführte Jump Cuts, versetzter Ton,
ein formschönes, monochromes Wechselbad in Metallic-Blau und Schatten-Schwarz.
Sehr schön anzusehen ist Solaris
damit jedenfalls, ansonsten verzettelt man sich in einem sympathisch unkommerziellen
Unterfangen.
Ob
die ganze Geschichte für jemanden, der weder mit Lem noch Tarkowskij Bekanntschaft
gemacht hat, fesselnd oder auch nur nachvollziehbar ist, sei dahingestellt:
Die Nebenstränge der Handlung verpuffen einfach im ätherischen Nichts
(fast so ätherisch wie die kulleräugige Natasha McElhone), der Kern
immerhin ist klar. Soderbergh (auch Autor und Kameramann, als letzterer klar
am erfolgreichsten) hat offensichtlich eingesehen, dass er kein großer
Denker ist, beschränkt sich vor allem auf die Liebesgeschichte: Psychiater
Chris Kelvin (George Clooney, ein wenig unglücklich mit den sentimentalen
Zügen seiner Rolle, aber er schlägt sich wacker) untersucht die mysteriösen
Vorgänge auf der Raumstation bei Solaris, bald erscheint auch ihm ein Besucher
aus seiner Erinnerung – seine Frau Rhea (McElhone), an deren Selbstmord er sich
schuldig fühlt. Nach ein paar bemerkenswerten filmischen Ideen geht es
schnell nur mehr um die großen Fragen – Was ist das Wesen des Menschseins?
Inwiefern existiert die Welt nur, wie wir sie wahrnehmen? Findet Komponist Cliff
Martinez auch mal eine andere Taste auf seinem Synthesizer? –, was ziemlich
okay wäre, bekäme Soderbergh nicht kalte Füße und fühlte
sich von Zeit zu Zeit verpflichtet, sie auch in Großbuchstaben auszuposaunen.
So
bleibt ein etwas unglücklicher Mix: Als Weltraum-Trip à la 2001
hat Solaris zuwenig Drogen-Affinität, als Denkwuchtel nicht den metaphysischen
Überbau von Tarkowskys
Version
(den peinlichen Ausrutscher in Richtung „christliche Parabel“ knapp vor Schluss
übergehen wir besser), an imposanter Größe mangelt es sowieso.
Die Entscheidung, George Clooneys Hintern groß zu präsentieren (ziemlich
die einzige, wohlgeformte kommerzielle Attraktion des Films), kann angesichts
der dramatischen Szene, von der dadurch abgelenkt wird, auch nur als Akt der
Umnachtung oder oberschlaue Ironie ausgelegt werden. Andererseits weht eine
verführerische, melancholische Trance durch den Film, die ihn ziemlich
super machen würde, hätte er sich auf sein ihm zustehendes Territorium
– das schlanke, feinkalibrierte 70-Minuten-B-Movie – beschränkt. So rinnt
das Ganze irgendwann aus, bis der Schluss einiges wieder gut macht. Vor allem
für Christen.
Trotzdem
wesentlich kürzer als "Ocean´s
Eleven
", weniger konfus als "Full
Frontal
", mit mehr Herz gemacht als "Erin
Brockovich
", ohne die schulmeisterhafte Filmkenner-Ironie von "The
Limey
" und nicht einmal so großspurig wie "Traffic
"
- damit eigentlich der einnehmendste Soderbergh seit seinem Knüller "Out
of Sight
", aber halt doch ein bisschen wie Martinez’ Score: one-note, wie man das
im Englischen so schön sagt.
Christoph
Huber,
07.03.2003
Dieser
Text ist zuerst erschienen in:
Zu diesem Film gibt's im archiv mehrere Kritiken
Solaris
Solaris
USA 2002
Genre: Drama, Romantik, Science Fiction
Mit: George Clooney, Natascha McElhone
Regie: Steven Soderbergh
zur
startseite
zum
archiv