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South
Park – Der Film
Der Spielfilm zur Fernsehserie - Krieg zwischen
Kanada und Amerika, der Teufel will die Weltherrschaft an sich reißen
- und unsere Jungs mittendrin. Eine bitterböse Amerikasatire als Zeichentrickmusical.
Die Ankunft des kanadischen Spielfilms "Asses
On Fire " löst im friedlichen Städtchen South Park einen Skandal
aus: Die Kinder befleißigen sich obszöner Sprüche, der arme
Kenny muss im Zuge der Filmnachahmung dran glauben und fährt zur Hölle.
Das können die Eltern natürlich nicht dulden: Unter der Führung
von Kyles Mutter Sheila Broflovski gründen sich die Mothers Against Canada,
um der Zersetzung amerikanischer Werte Einhalt zu gebieten - Terrance &
Phillip, die Stars des Films, werden festgenommen, die kanadische Armee löscht
im Gegenschlag die Residenz der Baldwin-Brüder aus. Das kann nicht gutgehen:
Amerika erklärt Kanada den Krieg und veranstaltet vor den Kampfhandlungen
noch eine große Truppenshow, bei der als triumphaler Abschluss die zwei
kandischen Störenfriede hingerichtet werden sollen. Genau darauf hat Satan
aber nur gewartet - nach diesem Blutopfer will er gemeinsam mit seinem Partner,
dem kürzlich verstorbenen Saddam Hussein, die Weltherrschaft an sich reissen.
Kennys Geist warnt seine Freunde, und gemeinsam mit den anderen Kindern gründen
sie "La Resistance " und versuchen das drohende Unheil zu verhindern...
Das Erbe der anarchistischen Zeichentrickfilme von
Tex Avery, Chuck Jones oder Fritz Freleng traten in den neunziger Jahren Fernsehserien
an. Der postmoderne Humor der Simpsons, die wahnwitzige Infantilität von Ren & Stimpy,
die rudimentäre Verblödung von Beavis
& Butt-Head läuteten
eine Rückkehr von zunehmend politisch unkorrekter, satirischer Beschäftigung
mit dem amerikanischen Alltag ein - den Höhepunkt in dieser Richtung setzten
Trey Parker und Matt Stone mit ihrer Serie South
Park, wo vier Kinder mit Neigung
zu obszönen Flüchen und auch jeder anderen Art von tabubrecherischem
Humor durch eine Animationswelt ruckeln, die in ihrer herzergreifenden Armseligkeit
ihresgleichen sucht.
1999 wagten die Macher den Sprung ins Kino - wer
mit Parkers früheren Spielfilmen Cannibal
- The Musical oder Orgazmo
vertraut war, ahnte, dass er auch
bei der Umsetzung der Serie seine Trademarks nicht ablegen würde: Eine
Vorliebe für aberwitzige Gesangseinlagen, ein seltsam verschrobener Sinn
für die Art von Humor, die die Sittenwächter dieser Welt für
die Wurzel alles Übels ansehen, und inmitten einer perversen Welt ein zerrütteter
Sinn für kindliche Unschuld. South
Park: Bigger, Longer & Uncut
tritt achtzig Minuten lang den Beweis an, dass diese Dinge nicht nur zusammengehen,
sondern zusammengehören. Denn wovon dieser Film handelt, ist nicht weniger
als der endgültige Untergang des Abendlandes an seiner eigenen Blödheit.
Schon der Anfang stößt einen kopfüber
in den Wahnsinn - die kränklich schlecht animierten Hauptfiguren des Films
erfreuen das Herz gleich mit einer ausgelassenen Musiknummer (die im Vorübergehen
auch noch die eigene Unzulänglichkeit kommentiert, mit ihrer bescheiden
hässlichen Zweidimensionalität wirklich so etwas wie ein Musical machen
zu können). In der Welt von South
Park gehen nur zwei Dinge zusammen:
die Faust und das Auge. Noch bevor sich der Zuschauer daran gewöhnt hat,
dass er hier ohne Rücksicht auf Verluste die Welt als wahnsinnige Lächerlichkeit
um die Ohren geknallt bekommt, malt South
Park auch schon sein eigenes, hässliches
Spiegelbild auf die Leinwand: Gegen die grottenschlechte Animation und die endlose
Variation des immergleichen Furzwitzes in „Asses On Fire“ sieht selbst dieser
Film aus wie Citizen
Kane. Ganz Kanada jubiliert da
unbeholfen zu Uncle Fucka und die illegal ins Kino eingedrungenen Kinder versehen
sich mit Weisheiten fürs ganze Leben wie "shit-faced cockmaster".
Der Witz von South Park ist durch und durch obszön, weil er in einer
obszönen Welt spielt. Wie sagt es Cartman so schön nach dem Besuch
von „Asses On Fire“: "This movie has warped my fragile little mind."
Und tatsächlich - der fragile Geist des fettleibigen
Cartman, der das vorlauteste Mundwerk aller Figuren in diesem Film hat, ist
wirklich ein Produkt des alltäglichen Wahnsinns (und wird mit der für
den Film typischen Cleverness durch eine Kombination aus bösem Zensurkritikscherz,
A Clockwork
Orange-Zitat und Playstation-Kampfspiel
am Ende das Schicksal der Welt entscheiden). Parker und Stone lassen keine Chance
aus, jemanden vor den Kopf zu stoßen - hier sind alle gleich, weil alle
gleichermaßen verhöhnt werden. Wer leicht beleidigt ist, für
den ist dieser Film wohl die Inkarnation des Bösen. Und davon handelt er
auch gleich noch - jede Gemeinheit hat hier einen doppelten Boden. Die Dialoge
der achtjährigen Jungs laufen so: "Kyle, all those times I said you
were a dumb, stupid Jew, well, I was wrong, you´re not a Jew" - und
wenn darauf die Antwort folgt "Cartman, I am Jewish!", kann das nur
eine Schlussfolgerung zulassen: "There, there, don´t be hard on yourself,
Kyle."
Der Welt den Film, den sie verdient - was die Kinder
an Niederträchtigkeiten absondern, ist nämlich nur mehr die unschuldige
Variante des Alltags. Amerika ist in South
Park das entmenschte Paradies bigotter
Verlogenheit: Das Militär plant den Angriff mit der Operation Human Shield
- geopfert werden dabei aber nur die Schwarzen, der Lehrer lehrt die Klasse
schon in jungen Jahren, wie das so ist mit den Frauen ("I don´t trust
anything that bleeds for five days and doesn´t die") und die Deutschen
sind zwar genauso verabscheuungswürdig wie der Rest der unamerikanischen
Welt ("What´s wrong with German people?"), aber von denen kann
man sich immerhin was abschauen: "death camps" für die noch böseren
Kanadier.
In ihrer irrsinnigen Erzählung einer völlig
außer Kontrolle geratenen Gesellschaft lassen die Macher von South Park
keine Gelegenheit aus: Bill Gates muss hier genauso dran glauben wie die Baldwin-Brüder,
Winona Ryder oder Emergency Room (George Clooney, der alte Scherzbold, schaut
sogar vorbei, um sich selbst zu verhöhnen) - hier herrscht ein amoklaufendes
Tempo an Anspielungen, das man beim einmaligen Durchsehen gar nicht mehr wahrnehmen
kann, so flink tappt South Park von einem Fettnäpfchen ins nächste. Die
Populärkultur als Weltuntergangsszenario: Die einzige tragische Figur ist
hier Satan - der träumt davon, wie Kate Winslet am Schiffsbug dahinzugleiten,
aber ist nun mal zum Bösen verurteilt. Nur kann man damit keinen Hund mehr
hinter dem Ofen hervorlocken: Satan selber jagt den versammelten Protagonisten
nämlich heutzutage keine Angst mehr ein; dazu braucht es schon ein Feinbild
aus den Medien. Die Rolle übernimmt dann Saddam Hussein (ein berauschend
schlecht zusammengepappter Zeitungsausschnitt von grenzenloser Bösartigkeit),
der den armen Teufel in jeder Hinsicht missbraucht - auch sexuell: "You
like that, don´t you? Bitch!"
Verschlagen wie dieser Nachsatz ist der ganze Film
selbst - sein Stakkatofeuer aus unkorrektem Witz kennt keine Moral mehr. Stattdessen
zerlegt er seine sentimentalen Momente selbst: So ähnlich, wie der arme
Stan, der verliebt ist - und jedesmal wenn er das Mädchen seiner Träume
sieht (inklusive passend schmalziger Musiknummer), kann er nicht anders, als
ihr ins Gesicht zu reihern. South
Park versteht sich selbst als genau
diese Art von zum Brüllen komischen Auswurf. Dieser Film kennt kein Happy
End: Auch wenn am Schluss alles gut wird (und sich die Schöpfer vor Mike
Judge verbeugen, der mit Beavis &
Butt-Head Do America gewissermassen
die Vorarbeit geleistet hat und hier einen entscheidenden Satz beiträgt),
kann gar nichts gut werden - es bleibt immer nur die Rückkehr in den Wahnsinn.
Und darum gibt es auch nach dem Abspann und einer hinterfotzig schleimigen Ballade
mit dem schön triefigen Titel „Through The Eyes Of A Child“ noch einen
Schlussscherz, wo sich das Niedliche und das Unappetitliche ein letztes Mal
verbrüdern.
Fazit: Nicht nur der lustigste, sondern auch der
politisch bedeutsamste amerikanische Film des Jahres 1999. Der rabenschwarze,
völlig unkorrekte Humor ist allerdings nicht jedermanns Sache - und vor
der deutschen Synchronfassung muss man auch gleich noch warnen.
Christoph Huber
Dieser Text ist zuerst erschienen
bei: www.allesfilm.com
(
USA
1999
Regie:
Trey Parker
Drehbuch:
Trey Parker, Matt Stone
Dt.Start:
20. Januar 2000; Premiere: 30. Juni 1999 (USA) - Länge: 81 min
Darsteller:
Trey Parker (Stan Marsh / Eric Cartman), Trey Parker (Mr.Garrison / Mr.Hat),
Trey Parker (Officer Barbrady), Matt Stone (Kyle Broslofski), Mike Judge (Kenny
McCormick), Mary Kay Bergman (Mrs. Cartman / Sheila / Klitoris), Isaac Hayes
(Chef), Franchesca Clifford (Ike Broslofski), George Clooney (Dr. Gouache),
Minnie Driver (Brooke Shields), Eric Idle (Dr. Vosknocker), Brent Spiner (Conan
O'Brien), Dave Foley (The Baldwins), Toddy Walters (Winona Ryder)
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