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Spike
Lee's Spiel des Lebens
Gleich
mehrfach taucht das Element des Kreises auf. Einmal als Grundstruktur des Films
selbst, der seine Anfangsszene ganz zum Schluß noch einmal aufgreift.
Ein Mann wirft da einen Ball über eine Gefängnismauer. Am Ende wird
dieser nach einer langen Reise in einer Sportarena landen: ein Wunder, das in
einem Bild letztendlich zusammenbringt, was den ganzen Film über nicht
zusammenkommen will. Vater und Sohn. Natürlich ist der Ball selbst irgendwie
auch ein rundes Ding. Der Ball fliegt. Und so wie Regisseur Spike Lee den Ball
und das Spiel mit ihm inszeniert, geht er schon in den ersten Filmminuten ästhetisch
aufs Ganze, und das Publikum bleibt erschlagen zurück. „Basketball is just
like poetry in motion", sagt ein dribbelnder Junge ein wenig später.
Die Bilder, die von Aaron Coplands sich darüber auftürmenden Soundbergen
nicht zu trennen sind, lassen eher Riefenstahl als Rap anklingen. Nichts gegen
Basketball. Aber muß man deswegen gleich so die Heldenkeule schwingen?
Und auch im weiteren sieht man Kameramann Malik Hassan Sayeed die gründliche
Schulung an Werbung und Videoclips allzu zu gut an. Auf der Tonspur allerdings
machen die Rapper von „Public Enemy" Copland bald heftig Konkurrenz.
Auch
He
Got Game
stellt die uramerikanische Frage nach der rechten Lebensweise, durchgespielt
für den afroamerikanischen Mittelstand an Basketball-Nachwuchsstar Jesus
Shuttlesworth, der kurz vor dem High-School-Abschluß zur Beute gieriger
Talentsucher wird. NBA-Proficlubs wie diverse Universitäten umgarnen den
jungen Mann mit Geld, salbungsvollen Worten und Versprechungen. Doch Jesus ist
erstmal überfordert, will sich – noch – nicht entscheiden. Und Freund und
Feind mischen aus Eigeninteresse kräftig mit.
Das
ist nicht gerade ein aufregender Stoff. Wie also daraus einen Film machen? Ein
Weg wäre der Versuch, das Geflecht aus Spekulationen und Hoffnungen, auch
ökonomisch, aufzudröseln. Vielleicht wäre Robert Altman so vorgegangen.
Spike Lee entschließt sich für den eher hollywoodüblichen Weg
der „Polarisierung und Sentimentalisierung".
Jesus'
Vater Jake wird für eine Woche aus dem berüchtigten Attica State Prison
entlassen, um seinen Sohn dazu zu bringen, sich für ein bestimmtes College
zu entscheiden. Deadline ist Sonntag Null Uhr. Bei Erfolg Freiheit für
den Senior, wenn nicht, zurück hinter Gitter. Eine persönliche Marotte
des Gouverneurs ist einziger Anlaß dieses abstrusen Bewährungsprogramms.
Der Vater, wir sehen es irgendwann in einer Rückblende, hat wegen seiner
Gewalttätigkeit den Tod der Mutter auf dem Gewissen. Seinen Sohn hat Jake,
der selbst ein gescheiterter Basketballspieler ist, zum Erfolg gequält,
mit Liegestützen zur Strafe für jeden verpatzten Korb. Doch im Knast
ist er zu einem reifen, gläubigen, fast weisen Mann geworden. Jesus hat
damals mit dem Vater gebrochen, will auch jetzt nichts von ihm wissen und setzt
ihn vor die Tür. Bis auf dieses, irgendwie verständliche Verhalten,
ist Jesus ein anständiger Junge und immun selbst gegen grobe Bestechungsversuche
mit Luxusgütern. Mit einem schlichten „It's illegal" lehnt er die
Rolex ab. Nur den heimtückischen Verführungskünsten einiger Collegenutten
kann er nicht widerstehen. Gegen soviel weißhäutige Fleischesfülle
hat das junge Sportlergemüt keine Chance.
Überhaupt
die Frauen: eigentlich durch die Bank Huren, ob nun eher niederträchtig,
süß oder mitleiderregend heruntergekommen. In einer Folge von Kurzeinstellungen
werden uns und Jesus in einer Art Schreckenskabinett die Gefahren, die der Sex
– neben Drogen und Alkohol – mit sich bringt, furchterregend vorgeführt.
Eine abstoßend misogyne Weltsicht, die bei Spike Lee nicht neu ist und
hier dadurch unterstützt wird, daß auch Jesus Freundin Lala, eine
Puertoricanerin, aus purer Geld- und Sexgier gegen ihn intrigiert.
Interessant
ist die Lichtdramaturgie, die sowohl Geschlechter- wie Hautfarbenkontraste freudig
überhöht: Als leichtbekleidete chicks den angehenden Basketballstar
bei einem Collegebesuch gleich dutzendweise abgeküssen, leuchten sie drastisch
überbelichtet in strahlendem Weiß.
Silvia
Hallensleben
Diese
Kritik ist zuerst erschienen bei:
Spike
Lee’s Spiel des Lebens
he
got game
USA
1998. R und B: Spike Lee. P: Jon Kilik, Spike Lee. K:
Malik Hassan Sayeed. Sch: Alexander Brown. M: Aaron Copland, Public Enemy. T:
Allan Byer, Mathew Price. A: Wynn Thomas, David Stein. Ko:
Sandra Hernandez. Sp:
Randall Balsmeyer. Pg: Touchstone Pictures/40 Acres and a Mule Filmworks. V:
Kinowelt. L: 135 Min. St: 21.1.1999. D: Denzel Washington (Jake Shuttlesworth),
Ray Allen (Jesus Shuttlesworth), Milla Jovovich (Dakota Burns), Rosario Dawson
(Lala Bonilla), Hill Harper (Coleman „Bogger" Sykes), Zelda Harris (Mary
Shuttlesworth), Ned Beatty (Wärter Wyatt), Jim Brown (Spivey).
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