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Die
Spur des Falken
There's
only one Maltese Falcon!
1941
nahm sich John Huston der Detektivgeschichte "The Maltese Falcon"
von Dashiell Hammett an, obwohl diese in den Jahren zuvor schon zweimal verfilmt
wurde. [1] Er hielt sich aber deutlich stärker als seine Vorgänger
an die Literaturvorlage, übernahm sogar einen Großteil der Dialoge
Wort für Wort. Heute ist es der einzige der drei Filme, der noch einer
größeren Öffentlichkeit bekannt ist und gilt als ganz großer
Klassiker.
"The
Maltese Falcon", der in Deutschland unter den Titeln "Der Malteserfalke"
und "Die Spur des Falken" erschien (letzterer ist der heutige geläufige
Titel für den Film) ist wirklich ein Klassiker des Detektivfilms. Der Zuschauer
bekommt eine schwer durchschaubare Geschichte, die immer wieder in neue Richtungen
geht, und in welcher sowohl Hauptfigur als auch Zuschauer lange im Dunkeln tappen.
Die
Hauptfigur ist Privatdetektiv Sam Spade (Humphrey Bogart), der mit Kollege Miles
Archer (Jerome Cowan) in San Francisco eine Detektei betreibt. Eines Tages bekommen
die beiden einen Routineauftrag. Eine Frau (Mary Astor) behauptet, dass ihre
kleine Schwester mit einem Liebhaber nach New York geflohen ist. Die beiden
Detektive sollen sie aufspüren und nach Hause bringen. Archer übernimmt
die Beschattung des Liebhabers und wird dabei erschossen. Kurz nachdem Spade
durch die Polizei davon erfahren hat, wird, noch in der selben Nacht, auch der
von Archer Observierte und daher Hauptverdächtige des ersten Mordes Opfer
von ein paar Pistolenkugeln.
Spade
rückt daraufhin in den Fokus der polizeilichen Ermittlungen. Man glaubt,
dass er seinen Partner gerächt habe. Auch jemand anderes vermutet, dass
Spade ein Mörder ist. Archers Frau Iva (Gladys George), die mit Spade ein
Verhältnis hat, äußert den Verdacht, dass er ihren Mann aus
dem Weg geräumt hat, um sie heiraten zu können. Spade serviert seine
einstige Geliebte erst einmal eiskalt ab und ist fest entschlossen die beiden
Morde aufzuklären.
Dies
führt ihn erst einmal zu ihrer Klientin, die Brigid O'Shaughnessy heißt
und ihm und Archer nicht nur einen falschen Namen genannt hat, sondern mit der
Story von der kleinen Schwester auch eine Lügengeschichte aufgetischt hat.
Obwohl Spade merkt, dass auch die weiteren Geschichten, die ihm die Frau erzählt,
nur Lügen beinhalten, fühlt er sich zu ihr hingezogen und macht sie
zu seiner Partnerin.
Kurz
darauf tritt eine weitere Person in die Geschichte ein. Der zwielichtige Geschäftsmann
Joel Cairo (Peter Lorre) bietet Spade fünftausend Dollar, wenn er ihm eine
schwarze Falkenfigur gebe. Cairo, der Spade zudem mit einer Pistole bedroht,
scheint dabei felsenfest überzeugt zu sein, dass Spade, der zum ersten
Mal etwas von der Figur hört, diese schon besitzt. Cairo ist nicht der
einzige, der Interesse an der Figur zeigt, auch dem schwergewichtigen Geschäftsmann
Kasper Gutman (Sydney Greenstreet) scheint kein Preis zu hoch, sei es Geld oder
Leichen, um die Figur in seinen Besitz zu bekommen. Spade erkennt, dass er die
Morde nur aufklären (und damit sich vom Morverdacht reinwaschen) kann,
wenn er die Figur findet und vielleicht springen dabei auch noch ein paar Dollar
für ihn raus.
"I
couldn't be fonder of you if you were my own son. But, well, if you lose a son,
its possible to get another. There's only one Maltese Falcon." (Kasper
Gutman)
Am
Anfang macht es Regisseur John Huston dem Zuschauer wahrlich nicht leicht. Aus
dem einfachen Oberservierungsfall wird plötzlich ein Doppelmord und dann
die Jagd nach einer wertvollen Figur, an welcher immer mehr Personen mit unterschiedlichen
Interessen sich zu beteiligen scheinen. Dabei sind die Beziehungen zwischen
den Personen mehr als undurchsichtig. Highlight in dieser Richtung ist sicher
die erste Konfrontation von Brigid O'Shaughnessy mit Joel Cairo in Sam Spades
Wohnung. Die beiden kennen sich schon von früher und werfen sich die Vorwürfe,
Namen und Orte gegenseitig an den Kopf, so dass dem Zuschauer beim Versuch mitzukommen
der Kopf raucht. Doch ähnlich geht es Sam Spade, der daneben steht.
Die
Perspektive des Zuschauers wird dadurch dieselbe wie die von Sam Spade. Das
ist im ganzen Film so. Man weiß nur das, was auch Spade weiß, ist
- sofern man mitdenkt - immer auf der gleichen "Ermittlungshöhe"
wie er. Dadurch wird die Identifikation mit Spade gewährleistet, was für
die Spannung nicht unerheblich ist. Dabei ist Spade ganz sicher nicht der typische
Held. Er ist gerade zu Beginn ein Unsympath. Die Witwe seines Partners, mit
der er auch ein Verhältnis ab, wird von ihm gleich mal rausgeworfen und
ihr wird deutlich gemacht, dass sie nicht auf eine Hochzeit mit ihm zu hoffen
braucht (obwohl er ihr diese Hoffnungen wohl im Vorfeld gemacht hat). Als nächstes
wird erst einmal die Anweisung erteilt, dass die Namen an Tür und Fenster
der Detektei bitte entfernt werden und nun da Archer tot ist, statt "Archer
und Spade" sein kompletter Name in großen Lettern diese zieren möge.
Es scheint, dass ihm der Tod des Partners nicht gerade ungelegen kommt und so
verwundert es gar nicht, dass ihn die Polizei bald nicht nur für den Täter
beim zweiten Mord, sondern auch beim ersten Mord an Archer hält.
Doch
nach und nach gewinnt dieser Spade die Sympathien des Zuschauer. Es ist die
zum einen lässige, aber auch zynische und harte Art, hinter der aber auch
etwas Romantik steckt, mit der Spade auftritt und die von Bogart hervorragend
verkörpert wird. Bogart, der zuvor hauptsächlich Bösewichte verkörperte,
spielt hier einen Rollentyp, der schnell zu seiner Paraderolle werden sollte.
Offensichtlich ein zynischer Egoist hinter dessen harten Schale aber doch ein
weicherer Kern steckt als man vermuten sollte. Ein Mann, der trotz seiner unfreundlichen
Art auch ein Charmeur ist, und der im tiefen Herzen romantisch veranlagt ist.
Ein Jahr nach "Die Spur des Falken" sollte er diese Rolle in seinem
wohl bekanntesten Film "Casablanca"
noch verbessern.
Dort
überzeugen in kleineren Rollen an seiner Seite auch Peter Lorre und Sydney
Greenstreet, die auch hier (in wichtigeren Rollen als in „Casablanca“) mitwirken
und Garanten für das Gelingen des Films. Beide spielen schmierige (vor
allem Lorre) Geschäftsmänner, die überzeugt sind, dass ihr Geld
ihnen jeden Weg ebnen wird. Die bis in die kleinste Nebenrolle stimmige Besetzung
wird durch eine hervorragende Mary Astor komplettiert. Obwohl sie immer wieder
lügt und eine mehr als undurchsichtige Rolle spielt, man ihr nie vertrauen
kann, versteht man, warum Spade Gefühle für sie entwickelt. Ihr Charakter
ist dabei nicht die typische Femme Fatale, sondern setzt ihrem verlogenen und
hinterhältigem Wesen ein anständiges Äußeres entgegen.
Vor allem die Kleidung, aber auch die Frisur, wirken sehr brav und bieder.
Hustons
Maßnahme die Dialoge fast komplett aus der Buchvorlage zu übernehmen
und kaum zu ändern, erweist sich als Glücksgriff. Die Dialoge bringen
die Geschehnisse immer treffend auf den Punkt, bereichern den Film mit viel
schwarzem Humor und vor allem aus dem Mund von Spades Charakter mit Zynismus.
Ob es die Dialoge zwischen Spade und Greenstreet, Spade und Lorre oder Spade
und Astor sind, die Sätze sind immer perfekt aufeinander abgestimmt, die
Schauspieler müssen sich nur noch die Bälle zuspielen.
All
das, gepaart mit der gelungenen Inszenierung von Huston, zu der Kameraführung
und Beleuchtung einen nicht unwesentlichen Beitrag leisten, sorgt dafür,
dass "Die Spur des Falken" nicht nur ein hervorragender Film, sondern
auch nach über sechzig Jahren noch absolut sehenswert ist. Ein Höhepunkt
im Schaffen aller Mitwirkenden.
Björn
Becher
Diese
Kritik ist zuerst erschienen bei: www.ciao.de
[1]
zum einen 1931 von Roy Del Ruth unter dem Titel "The maltese falcon"
mit Ricardo Cortez und Bebe Daniels in den Hauptrollen, zum anderen 1936 unter
dem Titel "Satan Met a Lady" mit Warren William und Bette Davis in
den Hauptrollen.
Die
Spur des Falken
Der
Malteserfalke
(The
Maltese Falcon)
USA
1941
Regie:
John Huston
Buch:
John Huston nach dem Roman von Dashiell Hammett
Kamera:
Arthur Edeson
Musik:
Adolph Deutsch
Schnitt:
Thomas Richards
Darsteller:
Humphrey
Bogart (Sam Spade), Mary Astor (Brigid O'Shaughnessy), Gladys George (Iva Archer),
Peter Lorre (Joel Cairo), Sydney Greenstreet (Kasper Gutman), Barton MacLane
(Det. Lt.
Dundy), Lee Patrick (Effie Perine), Ward Bond (Det. Tom Polhaus), Jerome Cowan
(Miles Archer), Elisha Cook jr. (Wilmer Cook), James Burke (Luke), Murray Alper
(Frank Richman), John Hamilton (Bryan), Walter Huston (Schiffsoffzier)
©
Björn Becher 2005
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