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Starsky
& Hutch
In
einer Stadt vor unserer Zeit
Ein
eindeutiger Fall für den Psychiater, dieser Mann. Todd Phillips wurde zweifellos
ins falsche Jahrzehnt geboren. Nicht nur das, er steckt sogar mitten in der
falschen Retro-Welle: Hat ihm denn keiner gesagt, daß die 70er in den
90ern waren und man in den 00ern eigentlich die 80er macht? Ein "Miami
Vice"-Film wäre heute also (paradoxerweise) wesentlich zeitgemäßer.
Nicht, daß sich der New Yorker Regisseur davon irgendwie beeindrucken
ließe.
"Starsky
& Hutch", soweit noch keine Überraschung, ist nicht gerade ein
Meisterwerk geworden. Was den Film jedoch zu einem angenehmen, ja streckenweise
auch amüsanten Genrebeitrag werden läßt, sind all die anderen
Sachen, die er gottseidank ebenfalls nicht geworden ist. Zum Beispiel ist dies
kein reines Stiller/Wilson-Vehikel wie "Zoolander". Es ist auch keine
Kotz- und Pupsorgie wie Phillips' vorherige, spektakulär unwitzige Filme
"Road Trip" und "Old School". Man weiß nicht einmal
sicher zu sagen, ob es sich bei "Starsky & Hutch" wirklich um
eine Komödie handelt. Wohl eher eine liebevolle Hommage, die ihre Figuren
durchaus ernst nimmt, die die leider obligatorischen Zitatwitze zumindest in
Grenzen hält und die statt dessen lieber mit einer Stimmung des verschmitzten
Augenzwinkerns arbeitet.
Und
wie sehr dieser Regisseur die 70er lieben muß! Man darf Phillips durchaus
Respekt zollen für diese erstaunlich vollständige Wiederbelebung einer
Epoche. Daß Frisuren und Klamotten zur allgemeinen Belustigung wieder
ausgegraben wurden, war zu erwarten. Auch daß das Set Design und die Architektur
so akkurat ist, überrascht nur in Bezug auf die herrschende Sorgfalt. Aber
Phillips geht tatsächlich soweit, sich selbst ebenso wie Kameramann Peterson
und Cutter Jones einen Regelkanon des Filmemachen von 1975 aufzuerlegen. Mit
dieser mutigen Entscheidung verleiht er dem Film tatsächlich das Gefühl
einer lange verblichenen (Fernseh-)Ästhetik, in der Verfolgungsjagden noch
mit Reißschwenks verfolgt wurden, spektakuläre Autostunts noch in
Zeitlupe abliefen und man hunderte Meter in wackeligen, unscharfen Zooms zurücklegte.
Allein durch Kamerawinkel und Ausleuchtung erwachen streckenweise (angenehme)
Erinnerungen an die ursprüngliche "Drei Engel für Charlie"-Serie,
an "Bullit", "Taxi
Driver"
oder auch schon mal an das billig gedrehte Exploitationkino der Zeit.
Daß
die Komik dabei eher zu kurz kommt, hat zwei Ursachen. Zum einen das höchstens
durchschnittliche Drehbuch, das die Protagonisten durch einen Flickenteppich
von typischen Schauplätzen der fiktiven Metropole Bay City hetzt (dunkle,
dampfende Seitengassen! Umkleidekabinen! Polizeireviere mit Schreibmaschinen!
Discos!). Die daraus resultierende Situationskomik verpufft oft kläglich,
auch weil einige Motive, wie Will Ferrells perverser Sträfling, einen Rückfall
in den heutigen Klamaukfilm darstellen und sichtlich nicht in die Stimmung passen
wollen. Nein, es sind die beiden Protagonisten und ihre leichtfüßigen
Improvisationen, die diesen Film in Humorfragen bestimmen. Und während
Owen Wilson in ihrem letzten gemeinsamen Projekt "Zoolander" noch
meilenweit überlegen schien, ist es dieses Mal Ben Stiller mit seiner beeindruckenden
Dauerimitation des jungen Pacino, der hier die Nase vor dem Kollegen hat. Bedingungslos
beugen müssen sich beide allerdings Snoop Dogg, der als Traumbesetzung
des legendären Huggy Bear mit solchem Grandeur seinen klapprigen Körperbau
mitsamt der mehreren Schichten Pelzmantel durch die Szenerie spazieren führt,
daß er droht, den gesamten Film zu stehlen.
Trotzdem
dürfte der Film für Komödienfreunde eher eine Enttäuschung
werden. Ein wahres Fest erwartet dagegen alle 70er-Jahre-Fernsehnostalgiker,
die ein paar ehrliche Tränen zerdrücken werden. Und auch als Lehrstunde
taugt "Starsky & Hutch", für alle Filmstudenten, die wissen
wollen, wie man damals eigentlich Filme gedreht hat, in dieser prähistorischen
Zeit vor der Steadycam. Todd Phillips jedenfalls scheint seine Bestimmung gefunden
zu haben, sein nächstes Projekt, wiederum die Verfilmung einer 70er-Kultserie,
ist bereits angekündigt: "Der 6-Millionen-Dollar-Mann", mit Jim
Carrey in der teilkybernetischen Hauptrolle. Besser, stärker, schneller.
Daniel
Bickermann
Diese
Kritik ist zuerst erschienen im:
Starsky
& Hutch
USA
2004. R,B: Todd Phillips. B: John O'Brien, Scot Armstrong. K: Barry Peterson.
M: Theodore Shapiro. S:
Leslie Jones. P: Dimension Films. D:
Ben Stiller, Owen Wilson, Snoop Dogg, Fred Williamson u.a. Buena Vista ab 25.
März
04
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