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Super
Size Me
Der
Deal: Einen Monat lang ausschließlich bei McDonalds essen, dreimal täglich
und jeder Aufforderung zum "super size" Folge leisten. Der Filmemacher
Morgan Spurlock hat die Idee, als er im Fernsehen einen Bericht über zwei
Teenager sieht, die McDonalds verklagen. Sie sind fett, fast food ist schuld,
sagen sie. Drei Ärzte überwachen das Experiment, halten es für
keine gute Idee, glauben aber nicht, dass viel passiert. Spurlocks Freundin
übrigens ist Köchin, Veganerin.
"Super
Size Me" ist ein Agitdoc-Film von Mooreschem Kaliber. Ein Mann mit einer
Mission. Mit weniger egozentrischem Nachdruck, dafür mit größerem
Identifikationspotenzial. Am 21. Tag beginnt man, ernsthaft um seine Gesundheit
zu fürchten. Er ist depressiv, er ist, sagt die Ärztin, abhängig
von fast food, er kommt die Treppen kaum mehr hoch, die Lust auf Sex ist ihm
vergangen. Das ganze ist zu einer Jackass-Übung geworden und keiner hatte
damit gerechnet.
Mit
dem Experiment allein ist es nicht getan. Zum Agitdoc gehört das Herbeischaffen
von Experten, Informanten, das Herumreisen, Vorführen, Zeigen. Spurlock
lässt einem kaum Zeit zum Atemholen. Man wird zugeballert mit Statistiken,
talking heads, Bildern, Zahlen, Visualisierungen. Das ganze hat den Faktoid-Gehalt
einer SPIEGEL-Titelgeschichte und ist nicht weniger dubios. McDonalds füttert
jeden Tag ganz Spanien, bang, Grafik, Spanien auf der Leinwand. Statt Analyse
gibt es brachiale Evidenzerzeugung. Und Agitdoc muss beglaubigt werden durch
den Körper, die Person. Evidenter ist nichts als das Subjekt, der Körper,
die Person. Am Subjekt wird der Anschein des unabweislich Objektiven erzeugt.
Hier
ist der Körper ein verletzlicher und umso überzeugender. Moore polarisiert
in seiner Massivität, Spurlocks Verfall generiert Sympathie und Mitleid.
Beide aber zehren von der mythischen Struktur des David gegen den Großkonzern.
Zelluloidschleuder. Der Film funktioniert. Natürlich denkt man weniger
als man fühlt. Und das Problem ist ja nicht, dass "Super Size Me"
unrecht hätte, das Problem ist, dass man ihm emotional glauben würde,
selbst wenn es nicht so wäre. Die Rhetorik des Agitdoc ist eine Rhetorik
der Überwältigung. Wer nicht gerne überrannt wird, spürt
Unbehagen noch und gerade da, wo er zustimmt.
Ekkehard
Knörer
Diese
Kritik ist zuerst erschienen in:
Super
Size Me
USA
2004 - Regie: Morgan Spurlock - Darsteller: Morgan Spurlock, Daryl Isaacs, Lisa
Ganjhu, Stephen Siegel, Bridget Bennett, Eric Rowley, Alexandra Jamieson - Prädikat:
besonders wertvoll - FSK: ohne Altersbeschränkung - Länge: 100 min.
- Start: 15.7.2004
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