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The
Punisher
Das
einzig Gute vorweg: John Travolta als Unterweltboss Howard Saint ist großartig.
Sein Charisma überstrahlt das seines Gegenspielers Tom Jane, der Frank
Castle alias The
Punisher
mimt, bei weitem. Travolta in einer Szene - und die Szene ist gerettet. Travolta
spricht - und man vergisst, dass Identifikationsfigur und Sympathieträger
eigentlich Tom Jane sein sollte. The
Punisher
ist eine weitere Marvel-Comic-Verfilmung, von denen es in letzter Zeit bessere
(Spiderman,
Hulk)
und schlechtere (Daredevil)
zu sehen gab.
Ein
klassischer Prolog für die Genese eines Superhelden: die Familie wird ausgelöscht,
wunderschöne Frau und liebenswerter Sohn grausam niedergemetzelt von den
Handlangern Howard Saints. Saints Motiv: Rache für seinen eigenen Sohn,
der nämlich ist beim letzten Undercover-Einsatz Frank Castles ums Leben
gekommen. Und da The
Punisher
zuverlässig dem alten Auge-um-Auge Prinzip folgt, ist die Konsequenz nur
logisch: Frank Castle wird, sobald er sich von seinen schweren Verletzungen
erholt hat - auch er sollte schließlich ermordet werden - zurückkehren
als Superheld. Ein recht gewöhnlicher Superheld, möchte man auf den
ersten Blick meinen, denn er kann weder fliegen noch Häuser empor krabbeln
oder durch Wände sehen. Alles was er hat, ist sein Bedürfnis nach
dem, was er für Gerechtigkeit hält und ein T-Shirt, das letzte Geschenk
seines Sohnes. Böse Geister abhalten soll es, und verdammt cool sieht es
auch aus mit seinem Totenkopf, der fortan zu Symbol und Markenzeichen des Punisher
werden wird.
Es
gibt einen Voice-Over Monolog Frank Castles in diesem Film, der die gesamte
Ideologie, die er verfolgt treffend zusammenfaßt: Manchmal, so schwafelt
es da aus dem Off, manchmal, in bestimmten Extremsituationen, da greife das
Gesetz einfach nicht. Man müsse die Gerechtigkeit dann eben selbst in die
Hand nehmen. Mit Rache habe das alles nichts zu tun, denn die sei lediglich
ein persönliches Gefühl. Worum es ginge, ist Bestrafung. Castle irrt
sich, denn es geht hier sehr wohl um Rache. Die Rache ist eines der beliebtesten
Motive im amerikanischen Kino und hat sicherlich auch zu dem ein oder anderen
cineastischen Höhepunkt geführt. Ärgerlich für die Produzenten
des Punisher, dass eine der besten Rachegeschichten gerade erst im Kino zu sehen
war: in seinem Mammutwerk Kill
Bill
zeigte uns Quentin Tarantino, wie man die Geschichte um eine Rache trotz ausufernder
Brutalität so kunstvoll und leicht inszenieren kann, dass einem die harte
Kost der reaktionären Idee nie bitter aufstößt. Wenn Uma Thurman
als Beatrice Kiddo aufs äußerste stilisiert durch die Lüfte
tanzt, um die Körper ihrer Feinde kunstvoll zu zerlegen, dann ist das eine
Feier des Kinos und seiner Möglichkeiten. Wenn David Carradine als Bill
einen Monolog über Superman und seine Ausnahmestellung unter den Superhelden
hält, dann weiß man: Tarantino zelebriert das Zitat, und die Rache
ist ihm lediglich ein ausgeklügelter MacGuffin, an dem er sich durch die
Filmgeschichte hangeln kann. The
Punisher
fehlt diese Ironie, ihm fehlt jedwede kinematografische Selbstreferenz - man
glaubt, er meine es ernst. Sicherlich zitiert auch Hensleigh - aber wie! Sein
Held ist eine visuelle Kopie von Stallones Rambo
- seine Muskeln scheinen ihre geradezu natürliche und unhinterfragte Fortführung
in den gigantisch-phallischen Gewehren zu finden, die er beständig bei
sich trägt. Und dass es dem Punisher nicht einmal nur um Rache, sondern
eben um Bestrafung geht, macht ihn selbst zu einem jener Sadisten, die er am
Ende zu bekämpfen schwört. Wie der Punisher seine Opfer tötet,
das wird nicht nur zu einem garantierten und gerechtfertigten FSK-18-Zertifikat
führen, sondern erinnert auch auf beängstigende Weise an die Furcht
erregenden Bilder misshandelter irakischer Soldaten, die seit einer Weile durch
die Presse geistern.
Gewalt
im Kino kann diskursiven Charakter haben - im Subgenre der Splatterfilme finden
sich (wenige) geradezu essayistische Arbeiten über Körperlichkeit
und Selbstverhältnis - das Texas
Chainsaw Massacre
etwa inszenierte die Verfolgung der Opfer wie einen avantgardistischen Experimentalfilm
aus Lichtblitzen und abstrakten Schwarweiss-Formen. Die Gewalt aber im Punisher,
und diesen Verdacht wird man nicht los, ist reiner Selbstzweck. Ein Held, der
vom Hass gesteuert wird, darf alles - seine Zerstörungen der feindlichen
Körper entspringen lediglich der reinen, archaischen Lust an der Gewalt.
Benjamin
Happel
Diese
Kritik ist zuerst erschienen in:
Zu
diesem Film gibt’s im archiv der
filmzentrale mehrere Kritiken
The
Punisher
USA
2004
Regie:
Jonathan Hensleigh
Drehbuch:
J. Hensleigh, Michael France
Kamera:
Conrad W. Hall
Schnitt:
Steven Kemper
Darsteller:
Thomas Jane, John Travolta, Laura Harring, Omar Avila, James Carpinello, Mark
Collie, Russ Comegys, Antoni Corone, Rick Elmhurst, Ben Foster, Michael Reardon,
u.a.
Ab
10. Juni 2004 in deutschen Kinos.
Offizielle
Website: http://www.punisher-derfilm.de
Internet
Moviedatabase: http://german.imdb.com/title/tt0330793/
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