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Trainspotting
Renton
und seine Kumpels, eine Gruppe junger Schotten, haben keine sonderlich rosigen
Zukunftsaussichten. Ihr Alltag besteht aus exzessiven Drogenpartys, Schnorren,
Suff und kleinen Gaunereien. Um ihn aus diesem Sumpf zu retten, wird Renton
von seinen Eltern zur Entziehungskur gezwungen, wonach er sich noch ein letztes
Mal auf ein krummes Ding mit seinen Freunden einläßt.
Im
Presseheft steht "Britpop als Film" und allerhand ähnlicher Unfug,
man sollte sich davon nicht abschrecken lassen, denn der Film kann ja nix dafür,
auch wenn er sich redlich Mühe gibt, von seinem Publikum gehaßt zu
werden. Die Protagonisten sind überwiegend mit Ekel zu betrachten; der
eine ist ein komplett hirnloser Junkie, der andere ein jähzorniger Prolo;
einer macht sich bei seiner Familie lieb Kind, um sie dann anschließend
wieder zu bescheißen; der nächste wiederum, ein Naturbursche, der
Drogen ablehnt, endet später schließlich doch an der Sucht. Bei derartigen
trostlosen Unterschichtsdramen kommt ja normalerweie Hoffnung auf, wenn das
nette, junge Mädchen aufftaucht, doch selbst dieses erweist sich bald als
erpresserisches, kleines Aas.
So
könnte der Film melancholisch sein wie "Tee im Harem des Archimedes"
oder penetrant aufklärerisch wie "Kids",
Filme aus den Glasscherbenvierteln von Paris und New York. Doch "Trainspotting"
zeigt dem Zuschauer wesentlich härtere Bilder und macht sich gleichzeitig
einen Spaß draus, indem er es wagt, von der detaillierten, realistischen
Darstellung sozialen und gesundheitlichen Niedergangs hinüberzuwechseln
in absurde oder gar klaumaukige Szenen.
Wenn
zum Beispiel Rentons Opiumzäpfchen versehentlich in die Kloschüssel
geraten sind, dann wird nicht nur gezeigt, wie er im Dreck herumkramt, damit
wir alle recht betroffen sind, sondern wir sehen, wie er tatächlich hineinsteigt
und untertaucht, Unterwasseraufnahme inklusive. An anderer Stelle landet Spud,
der Junkie, mit einem Mädchen im Bett, ist aber für die Liebe viel
zu bedröhnt und scheißt im Laufe der Nacht noch ins Laken.
Da
ist natürlich viel Freude am Kleinbürgererschrecken dabei, doch wenn
es dem Zuschauer nicht zwischendurch schlecht wird, kann er das schon lustig
finden. Danny Boyle überrascht sein Publikum, stößt es ab, versöhnt
es wieder, moralisiert nie und schafft es doch im Verband der Versager freundschaftliche
Wärme ausfindig zu machen.
Keine
Ahnung, ob das irgendwas mit Britpop zu tun hat, man kann vielleicht auch Punk
sagen, muß man aber nicht.
Richard
Oehmann
Diese Kritik ist zuerst erschienen bei: artechock
Trainspotting
England
1996 - 93 Minuten
Regie:
Danny Boyle
Kamera:
Brian Tufano
Drehbuch:
John Hodge, Irvine Welsh
Besetzung:
Ewan McGregor, Ewen Bremmer, Jonny Lee Miller, Kevin McKidd
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