zur startseite
zum archiv
Ulzhan
– Das vergessene Licht
Kein Borat-Kasachstan
Im "Ulzhan - Das vergessene Licht" wird
Volker Schlöndorff unfreiwillig komisch. Ein lebensmüder Franzose
sucht den Tod in Kasachstan. Aber eine kasachische Französischlehrerin
rettet ihn.
Ein Mann, gespielt von Philippe Torreton, sucht den
Tod. Er ist Franzose, aber er sucht ihn, weiß der Teufel, warum, in Kasachstan.
Es ist kein Borat-Kasachstan, das Volker Schlöndorff hier zeigt. Faszinierend
die Bilder aus der Hauptstadt Astana, am Reißbrett entworfen, aus der
Steppe gestampft, eine blitzblanke Stadt aus der Retorte, unheimlich am helllichten
Tag. Dann aber verlässt der Mann, Charles, die Stadt, zieht hinaus in die
Weite, immer noch auf der Suche nach dem Tod. Auch der Film geht von diesem
Punkt an entschlossen seinem Untergang entgegen.
Mag sein, Charles findet den Tod, jenseits der Grenze,
die, wie uns einmal erklärt wird, immer von Menschen gemacht ist. In "Ulzhan
- Das vergessene Licht" geht es jedoch eher um die Begegnungen auf dem
Weg. Da ist Shakuni, vom Blechtrommler David Bennent als im Innern tieftrauriger
Kobold gegeben, der seinen Unterhalt mehr schlecht als recht mit dem Verkauf
seltener Wörter verdient. Leider ist das so bescheuert, wie es klingt.
Und natürlich ist da Ulzhan (Ayanat Ksenbai), die kasachische Französischlehrerin,
ein Schutzgeist für Charles. Sie folgt ihm und rettet ihm das Leben, das
er immerzu wegwerfen will. Eine Krankenschwester der Steppe, eine Männerfantasie
zu Pferde, eine sanfte Amazone mit Helfersyndrom.
"Ulzhan" ist keine Ode auf den Tod, sondern
auf die Ferne, die Weite, die Steppe und zuletzt doch das Leben und die Liebe.
Dergleichen geht selten gut. Der total verunglückte Film ist kein Genre,
aber eine Realität. "Ulzhan" ist so ein verunglückter Film,
ein Werk alter Männer, die Wiedervereinigung auch des Blechtrommel-Teams.
Das Drehbuch stammt hier wie da von Jean-Claude Carrière, Mitarbeiter
nicht nur von Luis Buñuel und Jean-Luc Godard, ein Mann mit großer
Vergangenheit, der er mit seiner schwer beladenen Vorlage keine Ehre macht.
Viel zu viel will einem "Ulzhan" sagen.
Der Film verbindet esoterisch inspirierten Kulturpessimismus mit biederem Handwerk
und spuckt große Töne ins Ungefähre. Wenn Schlöndorff dann
wie nebenbei auch noch dokumentarisches Atombombenexplosions-Filmmaterial untermengt,
wird die Unterscheidung zwischen dem unfreiwillig Komischen und dem Obszönen
vollends unmöglich. Vielleicht hat Carrière etwas wie eine allegorische
Queste vorgeschwebt, als er das Drehbuch schrieb. Schlöndorff aber tritt
diesen Quark, der nie stark war, auch noch breit.
Ekkehard Knörer
Dieser Text ist zuerst erschienen
in der taz
Ulzhan
- Das vergessene Licht
Deutschland / Frankreich / Kasachstan 2007 - Regie: Volker Schlöndorff - Darsteller: Philippe Torreton, Ayanat Ksenbai, David Bennent, Vladimir Aryskin, Tanyrbergen Berdongarov, Marek Brodzki, Zhaksybek Kurmanbekov - FSK: ab 6 - Länge: 105 min. - Start: 13.12.2007
zur startseite
zum archiv