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Unlucky
Monkey
Aus Zufalls-Pointen entwickelt Sabu hier ein Drama.
Zwei Räuber wollen eine Bank überfallen. Als sie dort ankommen und
ihre Masken überstülpen, stürmen zwei andere Räuber mit
den gleichen Masken aus derselben Bank, die Tasche mit dem Geld unter dem Arm.
Sie fliehen, sie stürzen auf die Straße und werden von Autos überfahren.
Die Tasche mit dem Geld fliegt in sehr hohem Bogen in die Luft und fällt
einem der beiden Räuber, die noch keine waren, in den Arm. Der andere gerät
auch unter ein Auto und stirbt. Der Mann mit der Tasche und der Maske, vom Drehbuch
und keiner eigenen Absicht in die Position des Komplizen gerückt, der er
gar nicht war, flieht, rennt durch die engen Straßen, ein gezücktes
Messer in der Hand. Als er um eine Ecke biegt, stößt er – die zweite
Pointe – mit einer jungen Frau zusammen und rammt ihr, aus einem der reinen
Flucht-Bewegung geschuldeten Versehen, das Messer in den Bauch. Sie reißt
ihm, zu Boden sinkend, die Maske vom Gesicht. Wir sehen dann, wie der unfreiwillige
Räuber und Messerstecher die Tasche mit dem Geld auf einem Feld vor der
Stadt vergräbt.
Ein anderer Schauplatz, eine ähnliche Verkettung.
Zwei Yakuza, deren Boss ums Leben kam, im Gespräch mit einem Yakuza, der
sich ihrer Dienste versichern möchte. Ein Dritter, der zu ihnen gehört,
findet im Müll die Maske des Bankräubers, der keiner ist, zieht sie
sich über, stürmt ins Zimmer, in dem die Yakuza mit dem neuen Boss
sprechen. Einer der beiden steht, eine Flasche in der Hand, vor dem Yakuza im
weißen Anzug, erschrickt, schlägt in einem der Schreckens-Bewegung
geschuldeten Versehen, dem Boss die Flasche über den Kopf. Der sinkt auf
den Tisch, wir sehen in einer Draufsicht das Blut auf der Tischplatte. Wir sehen,
wie die drei Mörder ohne Willen den Toten auf einem Feld vor der Stadt
vergraben.
Die Plots, die Sabu so aufeinander zu pointiert,
den einen als verkettete Wiederholung des anderen, werden sich treffen. Einmal,
ohne Konsequenzen, in einer Nudelbar. Später, mit Konsequenzen, auf dem
Feld vor der Stadt, auf dem das Geld und der Tote ausgegraben werden, mit anderen
als den erwartbaren Folgen. Dazwischen das Drama. Der Räuber und Messerstecher
ohne Absicht wird von den Taten, die fast keine sind, eingeholt. Er begibt sich
ruhelos auf die Flucht vor sich selbst. Er will sterben. Sein titelgebendes
Unglück wird sein, dass es ihm nicht gelingt. Nicht von eigener, nicht
von fremder Hand, wie ein über das Wasser wandelnder Jesus überquert
er in der letzten Einstellung elend langsam, körperlich und psychisch lädiert,
eine viel befahrene Straße, der Verkehr rauscht an ihm vorbei.
Dazwischen auch das Bemühen Sabus, sich als
Großmeister des Slow Burn zu erweisen. Dem getüftelten Strukturalismus
der rasanten Kollisions-Pointen korrespondieren Stillstellungen leerer Blicke,
Suspensionen des Geschehens um der Suspension willen, nicht des Geschehens.
Im auf Dauer gestellten Slow Burn läuft das Drama, das den Pointen abgewonnen
werden soll, leer.
Ekkehard Knörer
Dieser Text ist zuerst erschienen
bei:
Unlucky Monkey
Originaltitel:
Anrakkî monkî
Japan
1998
99
min
Regie:
Hiroyuki Tanaka (Sabu)
Buch:
Hiroyiki Tanaka (Sabu)
Darsteller:
Shinichi Tsutsumi, Hiroshi Shimizu, Akira Yamamoto, Ikko Suziki, Kimika Yoshino
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