zur
startseite
zum
archiv
Der
Untertan
Meisterwerk
des Nachkriegsfilms
Auferstanden
aus Ruinen - in rein künstlerischer Hinsicht - war die ostdeutsche Defa
erheblich schneller nach dem Zweiten Weltkrieg als alle ihre westdeutschen Pendants.
Während im Westen mit dem Heimatfilm 1951 endlich ein dankbarer Weg zurück
zur Kommerzialisierung des Films gefunden wurde und mit ihm dann auch irgendwann
das berüchtigte Wirtschaftswunder, setzte der Osten auf Inhalte und den
Anschluß an das Kino der Weimarer Zeit auf der Ebene der visuellen Ästhetik
- extrem verallgemeinernd gesprochen, versteht sich. "Der Untertan",
nach der Romanvorlage von Heinrich Mann, zählt, obwohl er zur Oberprimaner-Pflichtvisite
gediehen ist, zum Intelligentesten, filmästhetisch Ausgereiftesten und
Selbstironischsten, was der deutsche Nachkriegsfilm bis heute zu bieten imstande
ist. Regisseur Wolfgang Staudte, neben Helmut Käutner für 10 bis 15
Jahre die filmische Stimme des deutschen Gewissens, zeichnet die von Heinrich
Mann so scharf und treffend formulierte Kritik am deutschen Untertanengeist
kompromißlos in komponierte und durchdachte Bilder, von Meister Robert
Baberske in bedrohliches Licht gesetzt. Staudtes Schonungslosigkeit ist ein
später selten wiederholter Glücksfall, begünstigt durch die Euphorie
eines jungen Sozialismus. In Westdeutschland wollte man dem Publikum "Der
Untertan" erst sechs Jahre später zumuten und nörgelte an dessen
"durchwegs nur zersetzender und geschichtsfälschender Tendenz"
(Evangelischer Filmbeobachter) herum.
Ein
weiterer Glücksfall der Verfilmung um die Lebensgeschichte von Diederich
Hessling fand sich in der Besetzung der Hauptrolle. Werner Peters gelang eine
solch erschreckend eindringliche Figur des Opportunisten und Bucklers Hessling,
daß er fortan nicht unerheblich zum Bild des häßlichen Deutschen
im internationalen Film beitrug. Für Peters, der zum festen Darstellerstamm
des frühen Staudte zählte und stets durch nachhaltige Leinwandpräsenz
auffiel, dürfte dieser enorme Erfolg recht zwiespältig ausgefallen
sein. Zwar schob sie eine beachtliche Karriere an, doch wurde Peters zum Inbegriff
des schmierigen, linkischen, feigen und widerlichen Grabschers - im deutschen
wie im internationalen Film. Hessling hat Peters ein Leben lang begleitet, Hessling
hat auch den deutschen Film seither begleitet, ohne je einen würdigen Nachfolger
bekommen zu haben. Das spricht ohne Frage für Staudtes Werk, das wirft
aber ebenso klar ein klägliches Licht auf die Mühen deutscher Filmkunst
um Konsequenz in Geschichtsaufarbeitung.
Oliver
Baumgarten
Dieser Text ist zuerst erschienen im:
Zu diesem Film gibt’s
im archiv mehrere Texte
Der
Untertan
DDR
1951, 97 Minuten
Regie:
Wolfgang Staudte
Drehbuch:
Fritz Staudte, Wolfgang Staudte, nach dem Roman von Heinrich Mann
Musik: Horst
Hans Sieber
Kamera: Robert
Baberske
Schnitt:
Johanna Rosinski
Ausstattung:
Karl Schneider, Erich Zander
Darsteller:
Werner Peters (Diederich Hessling), Paul Esser (Regierungspräsident von
Wulckow), Renate Fischer (Guste Daimchen), Ernst Legal (Pastor Zillich), Raimund
Schelcher (Dr. Wolfgang Buck), Eduard von Winterstein (Buck sen.), Friedrich
Maurer (Fabrikant Göppel), Sabine Thalbach (Agnes Göppel), Hannsgeorg
Laubenthal (Mahlmann), Friedrich Gnaß (Napoleon Fischer), Wolfgang Kühne
(Dr. Mennicke), Fritz Staudte (Amtsgerichtsrat Kühnemann), Axel Triebe
(Major Kunze)
zur
startseite
zum
archiv