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Die
Vergessenen
Alienation
Julianne
Moore wollte nicht in diesem Film mitspielen. Nein, sie wollte es nicht. Sie
hatte es nur vergessen. Genauso wie Regisseur Joseph Ruben vergaß seinen
Drehbuchautor Gerald di Pego auch noch für die zweite Hälfte des Films
zu bezahlen, während dieser erfolgreich seine weniger glamouröse Vergangenheit,
bestehend aus „The-Incredible-Hulk-Scripts“ und Luis Mandokis Engel-Depression
„Angel Eyes“ (2001), verdrängte. Irgendjemand hat dann auch noch vergessen
in der deutschen Übersetzung aus „The Forgotten“ „die Vermessenen“ zu machen,
anstatt die Vergesslichen unter dem Mantel der „Vergessenen“ über deutsches
Kino-Territorium schlafwandeln zu lassen. Ein Film zum Gähnen und zum Vergessen.
Die
verschwörungsreiche Geschichte um extraterrestrische Gedankenexperimente,
alles in allem besetzt mit paranormalen bis zuweilen logikfremden Figuren, ersinnt
ein hanebüchenes Handlungsmuster, das mit Julianne Moore in der Hauptrolle
der trauernden Mutter eines verstorbenen (oder zumindest verschwundenen) Sohnes
zumindest ein erhellendes Element besitzt. Es scheint, als sei die ganze Welt
einem kollateralen Gedächtnisschwund zum Opfer gefallen, denn von einem
Tag auf den anderen erlischt jegliches materielles Beweisstück für
die Existenz von Telly Paretas (Julianne Moore) Sohn Sam (Christopher Kovaleski).
Photos verschwinden, Zeitungsartikel lösen sich in Luft auf und alle –
bis auf die verzweifelte, aber niemals zweifelnde Mutter – negieren die Existenz
von Sam Pareta. Als hätte es den Flugzeugabsturz nie gegeben. Als wäre
Sam einfach niemals dagewesen.
Der
nächste oder übernächste Gedankenschritt lässt Telly nicht
an ihrem Verstand herumdoktern, ganz im Gegenteil, es scheint, als stünde
die Möglichkeit einer extraterrestrischen Verschwörung wesentlich
näher als die simple Diagnose eines posttraumatischen Schockzustands. Zumindest
ihr Arzt Dr. Jack Munce (Gary Sinise) stellt ihr diesen Befund in Aussicht,
doch es finden sich mit der Zeit immer mehr Mitstreiter und Betroffene wie der
Alkoholiker Ash Correll (Dominic West), der ebenfalls den Verlust eines Kindes,
seiner Tochter Lauren (Kathryn Faughnan), beklagt, sowie mehr oder minder stichhaltige
Anhaltspunkte für das große Ganze hinter dem großen Chaos.
»Ich will meinen Sohn zurück.«, ertönt es da nicht nur
einmal aus Tellys Mund. Doch was als hinreichend spannendes Mystery-Vehikel,
irgendwo zwischen Akte X und x-beliebigen Ufo-Filmchen beginnt, geriert im Verlauf
der schleppenden Handlung zu einem erschreckend einfachen, weil beleidigend
ernüchternden Film.
»Die
hören uns zu.«. Wer? »Na die.«, und geschwind schleudert
es den nächsten Bundespolizisten in luftige Höhen, wo sich zwischendurch
immer mal wieder die Silhouette eines fliegenden Service-Geschirrs auftut, das
klammheimlich hinter porösen Wolken hinunterlugt, um das bunte Treiben
auf Erden wohl mit einem zynisch-unmenschlichen Lachen zu registrieren. „The
Forgotten“ ist ungefähr so interessant wie kalter Kaffee, eine lieblos
zusammengebastelte Verschwörungstheorie, der es in jeder Phase an Glaubwürdigkeit,
aber insbesondere an ein bisschen Würfelzucker fehlt, um den faden Beigeschmack
dieses stereotypen B-movies zumindest mit Süßstoff erträglich
zu machen. Julianne Moore bietet ansatzweise Grund zum Aufatmen und weitergoutieren,
denn in all den erzählten Belanglosigkeiten, musikalisch untermalt von
einem vollkommen uninspirierten James Horner, findet sich dann hin und wieder
doch so was wie menschliche Wärme. Irgendwo in den unendlichen Weiten des
Weltraums, in einer weit, weit entfernten Galaxie.
Patrick
Joseph
Die
Vergessenen (2004)
USA
2004 - Originaltitel: The Forgotten - Regie: Joseph Ruben - Darsteller: Julianne
Moore, Dominic West, Gary Sinise, Alfre Woodard, Linus Roache, Anthony Edwards,
Christopher Kovaleski, Jessica Hecht, Robert Wisdom - FSK: ab 12 - Länge:
91 min. - Start: 11.11.2004
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