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Vier Brüder
Die
Braven
Vier Brüder sollt Ihr
sein. Und Eurer toten Mutter gedenken. Der Mutter aller Muttern. Die Frau, die
die Kids aus den Pflegeheimen holte, in Familien unterbrachte und ihnen eine
neue Chance gab. In dreißig Jahren nur vier hoffnungslose Fälle,
Kriminelle und Versager, adoptiert schließlich von der Heiligen selbst
und zu Klosterschülern erzogen, heißt es. Nun wurde die engelsgleiche
Mutter heimtückisch erschossen. Requiem, während im winterlichen Detroit
die Musik zu weinen beginnt. In trauerfeierlicher Runde und sinnlichem Ambiente
kommen die Brüder zusammen, verzehren einen Truthahn und lassen den Geist
der Mutter vor ihrem Auge erscheinen. Andächtiges Tischgebet und Manieren,
die das Gespenst noch ins Gedächtnis ruft.
Familiärer Zusammenhalt,
Mutterliebe und nicht zuletzt Zweifel gebieten die Aufklärung des Mordes.
Raubein Bruder Bobby, früher Eishockeyspieler und Michigan-Metzger genannt,
also stürmt das Feld eines Basketballmatches, ganz gerissen und entschlossen,
haut einem Spieler eine runter, der nicht wissend, wie ihm geschieht, und zückt
die Knarre inmitten der Menschentraube, sein Ansinnen verkündigend. Wirkung
zeigt diese Methode der Rechtschaffenheit - von Mutter gelernt? - und führt
zum ersten bösen Buben; dieser, im Glauben an die Flucht, sich eilig aus
dem Fenster abseilend, nicht eilig genug. Bobby und die Seinen kappen das Fluchtmittel,
der Gangster liegt lang, mit gebrochenem Bein im Schnee. Die Auskunft ist erpresst,
als Dank entfernen sich, versprechend einen Krankenwagen, die gut erzogenen
Brüder. Und wie schnell die Lämmchen doch sich entkleideten! Den Schafspelz
auf die bürgerliche Wertegarderobe warfen.
Freilich je nach Bruder unterscheidet
sich die Schwärze in ihrem Schwarz. Die schwärzesten unter ihnen fackeln
nicht lange und exekutieren nach dem Gesetz der Straße die Mörder
der Mutter. Doch man ahnt es, da ist noch eine größere Verwicklung
im Gange, da ist's des Ballerns noch nicht genug. Also wird nach einer Schießerei
das Detroiter Straßengericht abermals angerufen. Es leitet die Verhandlung
mit gezogener Waffe Bruder Bobby. Sofort ist der Name des Drahtziehers aus dem
Mund des verunglückten Handlangers geflossen. Bruder Bobby dankt mit der
Betätigung des Abzugs. Woher er wisse, wer es auf sie abgesehen hat, fragt
die Polizei, seit jeher der Familie wohl gesonnen, und lässt eine Leiche
abtransportieren. - "Sein Freund da drüben im Sack hat's mir gesagt".
Haha. Darüber hinweg sehen kann auch ein Bulle, der korrupte Bullen hasst.
Nach einem klassischen Face-to-Face-Finale
auf gefrorenem See fällt erst mal auf, wie viel Weiß vor lauter Schnee,
na gut mit manchem Blutfleck, dieses Werk regiert. Weiß ist kühl,
aber auch rein und unschuldig. Und irgendwie scheint es, als hätte der
Wolf sich sein aufgerissenes Schafskostüm dann wieder zusammengenäht
und sei hineingeschlüpft. Auf der Straße wird derweil Eishockey gespielt.
"Habt noch viel Spaß, aber seid nicht so brutal", ruft der
wiedererzartete Michigan-Metzger - und die Kinder spielen. Wie zum Hohne erscheint
auf der Veranda neuerlich der Geist der Alten. Mutter strickt und ist ganz glücklich.
Daniel Szczotkowski
Dieser Text ist
zuerst erschienen bei: www.ciao.de
Vier Brüder
USA 2005 - Originaltitel: Four Brothers - Regie: John Singleton
- Darsteller: Mark Wahlberg, Tyrese Gibson, André Benjamin, Garrett Hedlund,
Terrence Howard, Josh Charles, Sofia Vergara, Chiwetel Ejiofor - FSK: ab 16
- Länge: 108 min. - Start: 10.11.2005
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