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Waking
Life
Richard Linklater hat in seinen Filmen "Dazed and Confused", "Slacker", "Before
Sunrise" oder "Suburbia"
immer die simplen Hollywood-Dialoge ignoriert, um sich in Charaktere zu vertiefen,
die fabulieren und über das Leben an sich philosophieren. Mit der sagenhaften
Tricktechnik von "Waking Life" gelang ihm ein ebenso einzigartiges,
reiches wie originelles Meisterwerk.
"Waking Life" nimmt das Publikum mit auf
eine emotionale Reise durch die animierten Träume des jungen Wiley Wiggins,
der nach Antworten sucht, der das Zusammenspiel von Traum und Wachen verstehen
will. Linklater nahm alle Szenen mit handlichen Mini-DV-Kameras auf, um sie
darauf hin in einem neuen kreativen Verfahren an Apple-Rechnern übermalen
zu lassen. So schuf er eine einmalige Traumlandschaft inmitten einer Stadtszenerie.
"Waking Life" zeigt Menschen in ihrem Kleinstadt-Alltag,
geht ihren Gedanken und Weltbildern in einer Reihe von Gesprächen nach.
Wiley Wiggins nimmt uns mit zu Bushöfen, zu Cafes und Straßen, wo
wir auf Musiker, Poeten, inhaftierte Träumer, Anarchisten und eine Tangoband
treffen. "Waking Life" strengt an, wenn er physikalische Theorien
untersucht und beobachtet, wie Gegenstände ein eigenes Leben erhalten.
Wie seine Figuren versucht er, unter die Oberfläche der Dinge zu schauen
- alles atmet, pulsiert und stellt die Frage, wo dieses Leben herkommt.
In vielen Punkten erinnert "Waking Life"
an Linklaters frühen Film "Slacker", in dem er die Leben von
Kleinstadt-Texanern zusammen brachte, die alle ihren eigenen Entscheidungen
verhaftet waren, das Leben eher beobachteten als an ihm teilhatten. "Waking
Life" holt Figuren aus vergangenen Filmen zurück und auch Schauspieler
oder Regisseure (Steven Soderbergh) der Independent-Szene in die eigenen Handlung
hinein. Die aufwändige Animation fasziniert mit den Effekten von Wasserfarben,
satten Strichen und einer konstanten Bewegung selbst in der Ruhe der Szene.
"Waking Life" überschwemmt mit Information, Bildern und einer
Vielfalt von Figuren, die das seltsame Gefühl, Mensch zu sein, teilen.
Günter H. Jekubzik
Dieser Text ist zuerst erschienen
bei:
Waking
Life
USA 2001
- Regie: Richard Linklater - Darsteller: Wiley Wiggins, Julie Delpy, Ethan Hawke,
Adam Goldberg, Steven Soderbergh, Robert C. Solomon, David Sosa, J.C. Shakespeare
- Prädikat: besonders wertvoll - FSK: ab 12 - Länge: 100 min. - Start:
4.7.2002
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