zur startseite
zum archiv
Warum
Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken
Der fundamentale
Unterschied
Unbestritten komisch ist die These von den unveränderlichen
evolutionären Tatsachen. Leider sehr viel weniger komisch ist Leander Haußmanns
filmische Umsetzung dieser These.
Vor neun Jahren erschien ein Buch
mit dem Titel "Why men dont listen and women cant read maps". Geschrieben
haben es die Kommunikationstrainer Allan und Barbara Pease, ein Ehepaar aus
Australien. Das Verhalten von Frauen und Männern folge, so ihre bestsellertaugliche
These, noch heute Mustern, die sich im Neandertal bewährt haben. Männer
jagen, Frauen sammeln, Männer verbinden sich möglichst oft mit möglichst
vielen Partnerinnen, Frauen bauen lieber ein Nest. Da diese steinzeitlichen
Elementarfakten von den Wirkweisen der Hormone befeuert werden, sorgen sie noch
heute für fundamentale Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Alle
Gendertheorien, aller Konstruktivismus, alle Emanzipation, alle sozialen, ökonomischen,
kulturellen Bedingtheiten, alle psychonanalytischen Erklärungen menschlichen
Verhaltens - nichts davon ist von Belang, weil Natur und Evolution alles schon
geregelt haben.
Das Tolle an dieser These ist,
dass sie als Selffullfilling Prophecy umso mächtiger wird, je häufiger
man sie wiederholt. Je mehr man mit dem vermeintlichen Unterschied erklärt,
umso mehr verhärtet er sich zum naturgegebenen Fatum. Daneben hat die These
den Vorteil, dass man von aller Verantwortung entlastet ist, sobald die Steinzeit,
die Testosterone und Östrogene ins Spiel kommen. Persönlichen wie
gesellschaftlichen Handlungsraum gibt es nicht, wenn alles einem jahrtausendealten
Plan unterworfen ist.
Der Film- und Theaterregisseur
Leander Haußmann mag es, sich mit Menschen in Unfreiheit zu befassen.
Das hat er in "NVA"
oder "Sonnenallee" unter Beweis gestellt. Er mag außerdem eine Art von
Brachialkomik, die zu den Peaseschen Brachialthesen prima passt. "Warum
Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken" ist verfilmte
Populärwissenschaft im Gewand der romantischen Komödie.
In den Hauptrollen agieren Benno
Fürmann als Jan und Jessica Schwarz als Katrin. In ihm vergrößert
und vergröbert sich das Männerbild einer Zeitschrift wie GQ (erfolgreich,
gut aussehend, durchtrainiert), in ihr das Frauenbild von Cosmopolitan (erfolgreich,
gut aussehend, durchtrainiert). Glücklich werden Jan und Kathrin nicht
miteinander, eben weil ihnen der Peasesche Fundamentalunterschied diese Option
verwehrt. Damit das niemand vergisst, müssen sich Schwarz und Führmann
manchmal als Neandertaler verkleiden, ihre zotteligen Pelze und ihre fauligen
Zähne in die Kamera halten und mit Keulen respektive steinernem Küchenwerkzeug
hantieren. Gut sieht das nicht aus.
Haußmanns Film hangelt sich
durch den ganzen Unfug der
großen und kleine Unterschiede. Katrin
kann nicht einparken, interessiert sich nicht gebührend für Fußball,
und zu Sex fällt ihr vor allem ein, wie sie einen Orgasmus vorspielt. Jan
fällt zu Sex viel mehr ein, unter anderem das Dekolleté seiner blonden
Sekretärin Frau Luschmund. Haußmann richtet sich im Modus halber
Ironie bequem ein. Indem er Szenen und Figuren halbherzig überzeichnet,
hat er im Zweifelsfall immer eine Ausrede: Ist doch alles gar nicht so gemeint.
Man sehnt sich dann sehr nach der Entschiedenheit, dem Witz und dem Biss der
guten alten Screwball-Comedy.
Cristina Nord
Dieser Text ist zuerst erschienen
in der: taz
Warum
Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken
Deutschland
2007 - Regie: Leander Haußmann - Darsteller: Benno Fürmann, Jessica
Schwarz, Matthias Matschke, Annika Kuhl, Uwe Ochsenknecht, Nadja Becker, Sasha
Schmitz, Thomas Kretschmann, Peter Lohmeyer - FSK: ab 12 - Länge: 103 min.
- Start: 29.11.2007
zur startseite
zum archiv