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Was
nützt die Liebe in Gedanken?
Nutzloser
Kitsch
Immerhin
zugute halten kann man diesem Film, dass er die Erwartungen, gleich auf welche
Weise sie sich auch nach dem Trailer gestaltet haben mögen, komplett erfüllt.
Man kann darin durchaus einen Film nicht so sehr über die Liebe als solche
sehen, sondern über das Bild, das man sich von dieser macht. Oder aber
man fasst sich während der Sichtung ob dieses nicht enden wollenden Kitschgebräus
wiederholt resignierend an den Kopf. Das größte Problem des Films
ist, dass er seinem Thema hoffnungslos erlegen, sich selbst ebenso verfallen
ist, wiewohl es doch eigentlich nur juvenile Petitessen sind, die sich da ereignen.
Distanz wäre da vonnöten, wo er überhöht, Nuance dort, wo
er nur Brei zustande bringt.
In
den 20er Jahren finden sich in einem gutbürgerlichen Landhaus im Berliner
Umland, weil die Eltern verreist sind, für ein ausgedehntes Wochenende
die beiden Geschwister Guenter (August Diehl) und Hilde (Anna Maria Mühe)
und der eher verarmte Dichter Paul (Daniel Brühl) ein. Nach etwas romantischer
Schwärmerei steht fest: Paul und Guenter gründen einen Selbstmörderclub,
dessen Mitglieder sich richten, sobald die Liebe sie verlassen hat. Am Abend
finden sich weitere Freunde und Bekannte zu einer ausgelassenen Party ein. Ökonomien
fordern ihren Tribut: Guenter liebt Hans, mit dem er mal was hatte, der hat
aber nun was mit Hilde, die mit allen anderen auch was hat und in die aber Paul
verliebt ist. Zwei Tage später sind Tote zu beklagen, basierend auf einer
wahren Geschichte.
Jedem
ist das mal passiert: Auf einer Party sein und der heimlich ausgesuchte Schwarm
knutscht mit wem anders rum. Mal pampig gesagt: Deswegen bringt man sich aber
noch lange nicht um, die wenigsten zumindest machen dies. Behauptet man das
Gegenteil, sollte die Argumentation geschliffen sein. Was nützt die Liebe
in Gedanken? begnügt sich allerdings damit, auf der bloßen Oberfläche
des Bildes durch allerlei schwülstige wie naheliegende Bilder viel zu behaupten.
Da sitzen schmachtend betrachtete Schmetterlinge auf Pistolenläufen, Nebelschwaden
ziehen über nächtliche Seen, Weizenähren wogen im Wind wie im
Close-Up - Thanatos, ick hör Dir trappsen! Das ist alles so wohlbekannt,
wie unerheblich: Nie ist man drin im Film, der Film aber geht in seiner liebestrunkenen
Bilderwelt von nichts anderem als seiner Wirkmächtigkeit aus und entblößt
damit eine nicht von der Hand zu weisende Lächerlichkeit: Eigentlich findet
man das Geschwafel nur noch kleinkariert, die Figuren auf unsympathische Art
und Weise naiv. Dabei haben auch (ich möchte sagen: gerade und besonders)
romantische Stoffe, die sowieso schon mit sich und einer latenten Peinlichkeit
zu kämpfen haben, eine gewisse Tiefe in der Herangehensweise verdient,
die sich nicht im Aufgreifen von Naheliegendem, Offensichtlichem, schlicht Abgenagtem
erschöpft.
Dass
der Film sich letztendlich nur in solchem Einerlei ergießen wird, steht
als Drohung schon von Anbeginn im Raume, wenn man sich, neben all dem eh schon
Ärgerlichen der ästhetischen wie narrativen Auflösung, das da
folgen mag, auch noch mit einem der unelegantesten Kniffe der Dramaturgie beginnen
lässt: Der inhaftierte Paul sitzt in der Wache, eine Art Testament wird
verlesen, kurzer Blick auf die Medienberichterstattung der Ereignisse, dann
Verhör und Paul verschwindet aus dem Bild, ins Off, von wo aus er seine
illustrierten Erinnerungen an die letzten Tage kommentiert. Warum dieses bornierte
Element deutschen Geschichtchen-Erzählkinos aus den Köpfen der Drehbuchautoren
nicht rauszukriegen ist, bleibt auch bis auf weiteres fraglich. Es funktioniert
nur selten, meist nie, und ist mindestens ebenso häufig schlicht nicht
notwendig. Und auch Was nützt die Liebe in Gedanken? kann aus dieser Exposition
kein Kapital schlagen, steht sich dadurch dramaturgisch eigentlich schon im
Weg: Wer nun den Freitod wählen wird und wer nicht, ist somit nicht mehr
von Belang, für die nächste Frage - Wie konnte es nur soweit kommen?
- gibt der Film schlicht zu wenig her.
Bleibt
einmal mehr die Erkenntnis: Auch ein auf hohem technischen Niveau an die Wand
gefahrener Wagen wird in der Statistik lediglich als Versicherungsfall aufgeführt.
Der
Film läuft auf den 54. Internationalen Filmfestspielen Berlin im Panorama.
Ab 12.02. zudem regulär im Kino.
Thomas
Groh
Diese
Kritik erschien zuerst im Rahmen der Berlinale-Berichterstattung für die
Website der Zeitschrift F.LM - Texte zum Film, unter http://www.F.LM.de
Was
nützt die Liebe in Gedanken?
(Deutschland
2004)
Regie:
Achim von Börries
Drehbuch:
Achim von Borries, Hendrik Handloegten, Annette Hess, Alexander Pfeuffer
Darsteller:
August Diehl, Daniel Brühl, Anna Maria Mühe, Jana Pallaske, u.a.
Verleih:
X Filme
Länge:
89 Minuten
Internet
Moviedatabase
http://imdb.com/title/tt0325733/combined
Offizielle
Site
http://www.liebe-in-gedanken.de/
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