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Wrong
Turn
Schnitzeljagd
Als
in den Siebzigern die Kettensägen rasselten, hatten viele Teens wenig zu
lachen. Ein Genre schaffte es von seinem kleinen Fan-Dasein zum Sprung auf die
große Leinwand. Der Horrorfilm wurde in all seiner Brutalität gesellschaftsfähig.
So hält sich das größtenteils bis heute, doch anders als diese
Enttabuisierung blieb das Interesse an immer wiederkehrenden Handlungen, Charakteren
und Motiven nicht für lange Dauer. Gelangweilt wendete sich die Masse wieder
ab und nur die schon vorher gefesselten Liebhaber blieben ihrem Genre treu,
bis im 2003 erneut der Horror zuschlug. Auf einmal kämpfte Horror-Ikone
Freddy gegen Horror-Ikone Jason, Leatherface füllte seine Kettensäge
wieder mit Benzin und degenerierte Hillbillies waren wieder da, wo sie dreißig
Jahre zuvor schon ihr Unwesen getrieben hatten. Weg von den schlecht kopierten
Videobändern ging es erneut auf die große, weiße Leinwand,
genannt Kino. Wrong
Turn
gehört zu den Filmen, die bei dieser neuen Flut hervorstechen. Wohl weniger
durch die Story, denn die ist altbekannt, als durch Schauspieler und Inszenierung.
Doch
warum laufen die Teenies wieder? Chris Flynn ist eigentlich nur auf dem Weg
zu einem Vorstellungsgespräch, das wegen eines Staus zu scheitern droht.
Um pünktlich zu kommen, entscheidet er sich für einen anderen, wenig
befahrenen Weg durchs Hinterland. Durch eine Unachtsamkeit verursacht er einen
Unfall mit einem auf der Strecke liegen gebliebenem Auto. Die fünf Teenager,
die mit ihrem Wagen lediglich in Urlaub fahren wollten, sind über einen
zwischen zwei Bäumen gespannten Stacheldraht gefahren und so raufen sich
drei der Teenager und Chris zusammen, um auf dem abgelegenen Waldgelände
ein Haus mit Telefon zu finden. Zwei der Teenager bleiben zurück bei den
kaputten Wagen. Es kommt, was unweigerlich kommen muss, wenn sexbesessene Jugendliche
alleingelassen werden. Nein, keine ungewollte Schwangerschaft, sondern ein qualvoller,
blutiger Tod.
Davon
noch völlig unberührt findet die restliche Gruppe tatsächlich
eine alte Hütte, und wie schon Hänsel und Gretel vor hunderten Jahren
festgestellt haben verbirgt sich hinter einer hoffnungsvollen Rettung nicht
immer ein Traumschloss. Kaum wird die Hütte inspiziert, finden sie dort
einzelne Körperteile, sortiert und eingemacht, und ehe sie verstehen, wo
sie sich tatsächlich aufhalten, kommen die Besitzer zurück. Drei wohl
durch Inzucht degenerierte, blutrünstige Kannibalen, die fortan Jagd auf
die Jugendlichen machen, bis der letzte tot umfällt und verspeist werden
kann.
Sicherlich,
die Story von einer Gruppe Jugendlicher, die in einer unwirtlichen, unbewohnten
Waldgegend auf Einsiedler trifft, die die pure Lust am Töten umtreibt,
ist weder neu noch sonderlich originell, das hat man auch in der Eifel, aber
dennoch spricht dies nicht gegen jede Menge Spaß, die man bei solch einem
Film haben kann. Rob Schmidt gelingt es nicht, das Genre neu zu definieren,
da dem Film Innovation und Originalität fehlt, aber was er bietet, ist
ein kurzweiliges, blutiges, ordentlich inszeniertes Vergnügen bei dem sich
die Genre-Dummheiten in Grenzen halten.
Dies
merkt man schon in der Eröffnungssequenz, in der eine junge Blondine gerade
noch in Ruhe klettert und im nächsten Moment an ihrer Sicherheitsleine
ins Verderben gezogen wird. Doch anders als üblich, kreischt sie nicht
nur rum, sondern greift clever zum Messer, um sich zu kappen. Auch wenn sie
schließlich doch als Futter endet, zeigt dieses Intro schon, dass man
nicht ganz an Genreklischees fest hängt, sondern auch mittlerweile starke
Frauencharaktere zeigen kann. Ganz ohne Altbekanntes kommt der Film nicht aus,
aber es hält sich in Grenzen, so dass es nicht wehtut.
Zudem
leisten die Schauspieler ordentliche Arbeit und wenigstens drei der Figuren
sind nicht nur als hohles Futter inszeniert. Vor allem Desmond Harrington als
Chris und die neue Actionheroine Eliza Dushku als Jessie sind nicht nur für
beide Geschlechter ein Hingucker, sondern auch so sympathisch, dass man ihnen
nicht den sofortigen Tod wünscht. Tatsächlich fiebert man mit ihnen
mit, was ungewöhnlich ist, da man sonst in solchen Filmen gerne ein Ableben
herbeiwünscht, um den Splatterspaß in vollen Zügen zu genießen.
Und
wenn man schon einmal über Splatter spricht, dann muss man über die
Kontroversen dieses Films sprechen. Immer wieder wurde über die Altersfreigabe
des Films diskutiert, da eine Kennzeichnung mit FSK 16 wohl für die dargestellte
Gewalt nicht in Jugendhände gehört. Doch nüchtern betrachtet,
erweist sich die Gewalt zwar nicht als harmlos, aber auch nicht als so brutal,
wie es oft gesagt wurde. Pfeildurchbohrungen und eine fast grotesk-witzige Köpfung
sind hier das Maß aller Dinge, aber nicht brutaler als man es etwa in
"13 Geister", "Cube"
oder "Sleepy Hollow" gesehen hat. Und wenn dann Gewalt mal angedeutet
wird, wie etwa in der wohl spannendsten Szene, in der sich die Jugendlichen
im Haus der Degenerierten verstecken und dabei zusehen müssen, wie ihre
Freundin auseinander genommen wird und ihr Blut langsam auf sie zuläuft,
zeigt der Film ungeahnte Spannungsqualitäten.
Der
Rest besteht aus der üblichen Schnitzeljagd, aber auch diese macht durch
die schnelle und kurzweilige Inszenierung durchaus Spaß. Auch der Showdown
gefällt, zumal ihm eine witzige Einstellung an der obligatorischen Tankstelle
folgt, von deren Witz man sich gerne mehr gewünscht hätte. Und wer
sich geduldig den Abspann anschaut, bekommt sogar noch ein Schmankerl. Oder
nur eine Vorbereitung auf Teil Zwei?
Fazit:
Mutierte
Hinterwäldler, die Teenies jagen, sind nicht sonderlich originell, aber
spannend und nett. Wir wollen mehr Eliza.
7
kurzweilige von 10 degenerierten Punkten
André
Kuhlemann
Diese
Kritik ist zuerst erschienen bei: ciao.de
Wrong
Turn
USA
/ Deutschland 2003 - Regie: Rob Schmidt - Darsteller: Desmond Harrington, Eliza
Dushku, Emmanuelle Chriqui, Jeremy Sisto, Kevin Zegers, Lindy Booth, Julian
Richings, Garry Robbins, Ted Clark, Yvonne Gaudry, Joel Harris - FSK: ab 16
- Länge: 84 min. - Start: 28.8.2003
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