Ein Z und zwei Nullen
Die Ambiguität dieses Films wird schon in seinem merkwürdigen Titel
deutlich: Einerseits läßt sich darin schon die symbolbeladene Szenerie
erkennen, die Greenaway als Ausgangspunkt für seine kulturphilosophischen
Überlegungen wählt: Den Z-O-O. Andererseits steht er aber auch für die Suche nach der Natur des Lebens,
auf die sich die beiden Brüder Oliver und Oswald aufmachen, nachdem ihre
Frauen bei einem Autounfall (Zusammenstoß mit einem Schwan [!])
umgekommen sind. Sie untersuchen die Evolutionsgeschichte auf Hinweise
für die Ursachen von Tod und Verfall, analysieren Alles von den
Baktereien bis zu den Säugetieren; oder abstrahiert von A (wie Antilope)
bis - Z (wie Zebra). Dabei geht es dann auch um die Frage der
Reproduktionsfähigkeit durch die Kunst; Vollkommenheit äußert sich in
absoluter Symmetrie (der Film wird auch kontinuierlich abstrakter,
künstlicher). Die beiden Brüder stellen sich als operativ getrennte
siamesische Zwillinge heraus, die Maske läßt sie im Laufe des Films immer
ähnlicher aussehen. Der ursprüngliche Maler Greenaway setzt das auch in immer neuen exakt spiegelbildlich
komponierten Einstellungen um, die mit Michael Nymans tapetenmusterartig
rhythmisierter Musik unterlegt sind. Das Ziel dieser Konzeption bleibt
wie schon beim Kontrakt des Zeichners (1983) die vollständige Einheit von
Inhalt und Form.
Ebenso wie sich der Versuch des Arztes, mit Alba Bewick (Andrea Ferreol)
die Bilder des niederländischen Renaissancemalers Johannes Vermeer real
zu rekonstruieren, als vergeblich herausstellt, scheitern auch Oliver und
Oswald, als sie versuchen, ihre im Zeitraffer festgehaltenen
Verfallsexperimente mit der Krone der Schöpfung - ihren eigenen Leichen -
zu vollenden (ein Kurzschluß macht die unter einem Berg gieriger
Schnecken begrabene Kameravorrichtung zunichte): Am Ende ihrer Sinnsuche
stehen also doch nur zwei "Nullen".
Also mal wieder ausgesprochen geschmäcklerisch das Ganze, aber sowohl
inhaltlich als auch filmisch nachdenkenswert und noch ohne die in
Greenaways neueren Filmen zu beobachtende selbstzweckhafte
Über-Abstraktion.
Johann Georg Mannsperger
Dieser Text ist zuerst erschienen in:
Ein Z und zwei Nullen
UK/HOL 1985
R: Peter Greenaway D: Brian Deacon
Eric Deacon
Andrea Ferreol