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Breaking Dawn - Bis(s) zum Ende der Nacht (Teil 2)
Die Wunschmaschine der Mädchen
Die "Twilight"-Saga ist ein Blockbuster mit jungem, weiblichem Zielpublikum. Mit Bill Condons "Breaking Dawn - Bis(s) zum Ende der Nacht (Teil 2)" kommt sie zu ihrem Abschluss
Auf den ersten Blick scheint alles wie gehabt: Während sich vor den Premierenkinos die Fans versammeln, um in gläubiger Freude den letzten Teil der "Twilight"-Serie zu bejubeln, sitzen die Kritiker vor ihren Computern, um ein letztes Mal ihrem Unwohlsein gegenüber dem Phänomen Ausdruck zu verleihen. Es ist ein für Blockbuster, vor allem wenn sie in Serie gehen, typisches Reaktionsmuster. Auf der einen Seite die Fans, deren Liebe zu Buchvorlage und Film einen Absolutheitscharakter annimmt, der Widerspruch kaum mehr erträgt. Auf der anderen Seite die reflektierende Kritik, die diese Fans kaum mehr aushält und nicht weiß, was sie schlimmer finden soll, das durchkommerzialisierte Filmprodukt oder die Tatsache, dass es so massenhaft angenommen wird.
Die meisten der sogenannten Franchises lösen diese tiefe Kluft in der Rezeption aus. Während jedoch die Comic- und Fantasy-Verfilmungen in den letzten Jahren allgemein eine Aufwertung erleben durften, nahmen im Fall der "Twilight"-Filme das Naserümpfen und die Häme immer weiter zu. Dass Letzteres etwas mit der Geschlechterverteilung des Zielpublikums, sprich damit zu tun hat, dass die "Twilight"-Serie überwiegend weibliche Zuschauer anzieht, wäre so plump, dass es kaum sein kann. Oder?
Dennoch wundert man sich eigentlich, dass die Marketingstrategen aus dieser Tatsache nicht mehr gemacht haben. Dass mit "Breaking Dawn - Bis(s) zum Ende der Nacht (Teil 2)" tatsächlich das erste sich an einem weiblichen Publikum ausrichtende Blockbuster-Franchise zum Abschluss kommt, scheint keinen erfolgreichen Slogan abzugeben. Und doch ist es genau dieser weibliche Aspekt, der die Filme über die bloße Frage nach Gefallen oder Nichtgefallen hinaus interessant macht.
Ununterbrochene Bestätigung
Ein letztes Mal lässt sich in "Breaking Dawn - Bis(s) zum Ende der Nacht (Teil 2)" also besichtigen, welche Mädchenfantasien sich in der Geschichte um Bella und ihren schönen Vampir Edward abbilden. Die Geschichte setzt punktgenau da ein, wo "Bis(s) zum Ende der Nacht (Teil 1)" aufhörte. Bella, von Kristen Stewart mit gleichbleibender stoischer Ernsthaftigkeit verkörpert, ist nun Mutter und gehört zu den Vampiren, Zustände, die der Film gleichermaßen als ermächtigend darstellt. Im Konflikt um das Töchterchen Renesmee, das vom Volturi-Clan bedroht wird, darf Bella nun endlich zeigen, was in ihr steckt: eine Löwenmutter und eine Kämpferin, die es mit Werwölfen und Vampiren gleichermaßen aufnehmen kann, sich der Liebe des Gatten genauso wie der Treue des besten Freundes sicher ist und ununterbrochen bestätigt bekommt, wie toll sie dabei aussieht. Es ist, was jedes Mädchen will.
Dieser Wunscherfüllungsaspekt, der so hemmungslos die weibliche Eitelkeit bedient, war schon immer für den leicht albernen Touch verantwortlich, der die Serie prägt. "Bis(s) zum Ende der Nacht (Teil 2)" steigert diese Albernheit noch, wenn der Film Bellas Vampir-Verwandlung als eine Art Schminkkurs mit Betonung auf Augen-Make-up zusammenschneidet oder ein letztes Mal, schnief, Werwolf Jacob (Taylor Lautner) das Hemd ablegen lässt, um sein berühmt gewordenes Sixpack zu entblößen. Überhaupt legt der Regisseur Bill Condon die Erzählung größtenteils als Modekatalogstrecke an: Mehr denn je stehen die Figuren in ihren stylishen Klamotten nach Konflikt- und Paarsituation geordnet eher herum, als dass sie handeln.
Den Camp-Aspekt umarmen
Wie gesagt, man kann darüber die Nase rümpfen, man kann
den Camp-Aspekt aber auch in einer Weise umarmen, wie es Michael Sheen hier
in der Rolle des Aro, des "Papstes" unter den Volturi-Vampiren, tut:
Mit diabolischem Lachen lässt er der Rampensau in sich freien Lauf - und
alle anderen neben ihm sehen recht blass aus. Nun, es sind Vampire. Denn auch
wenn die "Twilight"-Saga damit zu einem Abschluss gekommen ist, mehren
sich doch die Zeichen, dass dem "weiblichen Blockbuster" eine große
Zukunft zugeschrieben wird. Dass etwa das nächste Franchise der Art, die
"Hunger-Games"-Serie, bei der Kritik schon besser wegkam, spricht
genauso dafür, wie die rein ökonomische Berechnung, dass sich eben
auch mit dem Taschengeld der Mädchen ausgezeichnet Geld verdienen lässt.
Barbara Schweizerhof
Dieser Text ist zuerst erschienen in der: taz
Breaking Dawn - Bis(s) zum Ende der Nacht
(Teil 2)
USA 2012 - Originaltitel: The Twilight Saga: Breaking Dawn - Part 2 - Regie:
Bill Condon - Darsteller: Robert Pattinson, Kristen Stewart, Taylor Lautner,
Mackenzie Foy, Dakota Fanning, Cameron Bright, Kellan Lutz, Michael Sheen, Anna
Kendrick - FSK: ab 12 - Länge: 115 min. - Start: 22.11.2012
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