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Brüno
Dies ist keine Filmkritik. Lesen Sie
hier, wie wir an der kritischen Berichterstattung zu Brüno gehindert wurden.
Über Brüno, den neuen Film mit Sacha Baron Cohen,
sollen, dürfen und können wir nicht schreiben. Weniger als 24 Stunden
vor der Pressevorführung wurden wir dazu eingeladen, drei Stunden vor Beginn
wieder ausgeladen. Der Filmverleih Universal hat nicht nur eine Sperrfrist verhängt
– Filmkritiken dürfen erst drei Tage vor Kinostart erscheinen – sondern
Online-Medien von der Filmsichtung abgehalten.
Im Fall des Kinofilms Brüno setzt Universal unverhohlen eine Marketing-Strategie
ein, die exemplarisch für eine aktuelle Tendenz steht und vor allem zwei
Ziele verfolgen dürfte: Die Kontrolle über die Berichterstattung so
lange wie möglich zu behalten und diese zeitlich zu steuern. Wenn alle
Filmkritiken in der Woche des Starts erscheinen, so wird gemutmaßt, ergeben
sich stärkere Werbeeffekte für den Film und negative Besprechungen
verpuffen leichter, allein schon angesichts der vorher effektiv geführten
PR-Aktionen. Denn so lange es keine Filmkritiken geben darf, sollen die Journalisten
über den „fluff“ berichten. Um das eigens geschaffene Vakuum zu füllen,
bieten einige Verleiher ein breites Angebot an „Gratis-Content“ an, von Featurettes
über Online-Spiele, Promo-Bilder und vorgefertigte Interviews bis hin zu
„exklusiven“ Gewinnspielaktionen. Wichtigstes Teil in diesem Marketingpuzzle
bleibt der Trailer, gefolgt von Star-Präsenz. Am vergangenen Wochenende
etwa rührte Sacha Baron Cohen die Werbetrommel – auch in Berlin. Fotos
davon sind fast überall zu finden – Publikation erwünscht.
Online-Medien spielen in dem Zusammenhang
eine immer größere Rolle und verbreiten häufig nicht nur Fotos
der Marketingabteilungen, sondern angesichts des Zeitdrucks auch fertige Werbetexte.
Wir müssten uns – so die Argumentation eines Pressemitarbeiters – schon
damit zufriedengeben, den Film erst zwei Tage vor Start synchronisiert zu sehen.
Das wäre doch völlig normal und ausreichend. Ordentliche, gut recherchierte
Filmkritiken, deren Redaktion und Publikation, brauchen aber ihre Zeit.
Auf Brüno freuen wir uns allen Irrungen und Wirrungen
zum Trotz.
Frédéric Jaeger
Dieser Text ist zuerst erschienen in: www.critic.de
Zu
diesem Film gibt’s im archiv der filmzentrale mehrere
Texte
Brüno
USA 2009 - Regie: Larry Charles - Darsteller: Sacha Baron Cohen, Richard Bey, Ron Paul, Alice Evans, Trishelle Cannatella, Sandra Seeling, Alexander von Roon, Paula Abdul, David Hill, Ben Youcef, Amy Tiehel - FSK: ab 16 - Länge: 81 min. - Start: 9.7.2009
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