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Ein
Augenblick Freiheit
Schwanengesang
Die Bedrängnis oppositionell Gesinnter
dort ist leider nicht auf das heutige Regime im Iran beschränkt. So konnte
der Filmregisseur Arash T. Riahi große Teile seines Films über die
Schicksale dreier Flüchtlingsgruppen aus dem Iran aus der eigenen Lebensgeschichte
speisen. Die gefährliche Flucht durch die Berge in die Türkei hat
er als Zehnjähriger selbst erlebt, als er mit den Eltern vor dem Schahregime
nach Österreich floh. Die beiden Kinder, die von jungen Männern zu
ihrer Restfamilie nach Europa gebracht werden sollen, spiegeln das Schicksal
seiner Geschwister. Komplettiert werden die Familiengeschichten durch einen
dritten Erzählstrang, der von der Freundschaft zweier kurdischer Männer
erzählt.
Nach der Bergtour stehen in Arashs Film
die Mühen der Ebene im Zentrum. Ein Zwischenstopp in Ankara gerät
zur quälenden Endloswarteschleife, die an Nerven und Lebenskräften
zehrt: Korrupte Billighoteliers, unerweichbare Migrationsbeamte, Schlepper und
Verfolger. Der iranische Geheimdienst ist auch in der Türkei aktiv und
schreckt vor Entführung und Folter nicht zurück. Arash, der 2006 mit
seinem humorvollen Dokumentarfilm „Exile Family Movie“ einen Erfolg landete,
erzählt seine Geschichte auch diesmal als Drama mit grotesken Episoden:
Etwa wenn die Kurden zur Stillung ihres Hühnchen-Hungers in einem Parkteich
einen Schwan fangen und von einer Tierfreundin die Polizei auf den Hals gehetzt
bekommen. Der Grundton des Films aber ist dunkel. Opfer gibt es zu viele, an
Menschenleben und Hoffnung. Nur die Liebe ist auch hier stärker. Dennoch
wachsen bei manchen Flüchtlinge Zweifel
über den Sinn des Tuns.
Sechs Jahre hat der Regisseur und Autor
am Drehbuch gebastelt, dabei auch Gelegenheit zur Teilnahme an renommierten
Workshops erhalten. Die professionelle Begleitung tut dem Film nicht nur gut:
Zu viele der zur emotionalen Steigerung gesetzten Verdichtungen sind aus dem
internationalen Gefühlskino allzu vertraut und überlagern als durchsichtige
Effekte die eigene Filmsprache. Dass das Konzept dennoch aufgeht, zeigen die
vielen Publikumspreise, die „Ein Augenblick Freiheit“ auf Festivals weltweit
eingesammelt hat. Vielleicht hat Arash doch alles richtig gemacht. Denn ein
möglichst großes Publikum möchte man dem Film schon aus politischen
Gründen wünschen.
Silvia Hallensleben
Dieser Text ist zuerst erschienen
im: Tagesspiegel vom 13.08.2009
Ein
Augenblick Freiheit
Österreich / Frankreich 2008 - Originaltitel: For a moment freedom - Regie: Arash T. Riahi - Darsteller: Navid Akhavan, Fares Fares, Behi Djanati Ataï, Payam Madjlessi - Prädikat: besonders wertvoll - FSK: ab 12 - Fassung: O.m.d.U. - Länge: 110 min. - Start: 13.8.2009
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