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Ein
Leben für ein Leben
Paul Schrader führt in "Ein
Leben für ein Leben" Jeff Goldblum als Mann vor, der als Hund das
KZ überlebt.
Paul Schraders "Adam Resurrected"
nach der als Kult gehandelten Romanvorlage von Yoram Kaniuk ist ein Film, der
mich ratlos macht. Seine aberwitzige Geschichte nämlich tischt er einem
auf, als sei sie nichts anderes als eine groteske Tragikomödie der handelsüblichen
Art. Das ist sie aber nicht.
Ihren Anfang nimmt die Erzählung
mit der Einweisung eines Manns namens Adam Stein (unter übergroßem
Darstellungs-Einsatz gespielt von Jeff Goldblum) in eine auch für psychiatrisch-psychologische
Experimente genutzten Irrenanstalt in der israelischen Wüste. Stein macht
auf den ersten Blick einen keineswegs an diesen Ort gehörigen Eindruck.
Selbstbewusst, zu Scherzen mit seinen Mit-Insassen stets aufgelegt. Auf den
zweiten Blick, der auch einer in seine Vergangenheit ist, legt sich dieser erste
Eindruck jedoch schnell. Stein war, bevor die Nazis die Macht übernahmen,
ein erfolgreicher Varietè-Entertainer, Clown, Zauberer, jovialer Betatscher
von Brüsten der auf der Bühne mit ihm auftretenden Tänzerinnen.
Wir sehen das in den Bildern des Films, konventionellerweise in diesen Rückblenden
in gestochen scharfem Schwarz-Weiß.
Zu sehen ist eine Konfrontation mit einem
Mann (Willem Dafoe), der später als Nazi-Kommandant Klein in jenem KZ wieder
auftaucht, in dem Adam Stein mit Frau und Kindern landet. Klein befiehlt Stein:
Mach mir den Hund! Und in der Tat, Stein macht, gedemütigt für sein
Leben, auf allen Vieren den Hund. Jahrelang, auf Kommando von Klein und so überlebt
er, gelegentlich auch auf anders gelagerte Entertainment-Qualitäten zurückgreifend,
fiedelnd, das KZ und das Nazi-Regime. Seine Familie kommt ums Leben, der Film
blendet meist recht schnell wieder zurück in die Farbe der Sechziger-Jahre,
die ihm Erzählgegenwart ist.
Entscheidendes tut sich, als Adam Stein
einen Neuzugang in der Anstalt hört und erschnüffelt (irgendwie ist
er immer noch Hund). Ein zwölfjähriger Junge, der sich selbst für
einen Hund hält. Erst bricht Stein zusammen, dann aber wird daraus eine
Freundschaft mit Heilungs- und Erlösungspotenzial. Auch in anderen Teilen
des Films treibt der Hund als Metapher, als Dingsymbol einer vielfach und ambivalent
besetzten Traumatisierung, sein Unwesen. Im Bereich des Sexuellen etwa, für
den die lüsterne Schwester Gina Grey (Ayelet Zurer) zuständig ist.
Auf allen Vieren kriecht sie und bellt, zum Beischlaf bereit; darauf nimmt Adam
Stein sie hündisch von hinten.
Paul Schrader findet für seine seltsam
durch die Zeiten und Räume taumelnde Geschichte keinen einheitlichen Ton.
Mal "Einer
flog über das Kuckucksnest",
dann wieder "Schindlers
Liste" - dabei aber
weder je wirklich komisch oder auch tragisch. Das Argument, dass eine solch
groteske Geschichte vielleicht nur auf so uneinheitliche Art zu erzählen
ist, klingt gut auf dem Papier, trifft den Film, der einen ganz und gar kalt
lässt, aber nicht. Man blickt auf ihn, seine Hauptfigur und ihr Lebens-
und Triebschicksal, wie auf das Leben einer unbegreiflichen Spezies im Zoo.
Des Films Irresein ist von klinischer Sterilität und bleibt handwerklich
bis zum Ende von großer Konventionalität (da kann Sebastian Edschmids
Kamera noch so beweglich durch die Gänge und Säle und Räume schweifen.)
Es ist ein kalter, ein unbeteiligter Blick, den einem Schrader, gewiss nicht
mit Absicht, aufdrängt. Es ist kaum vorstellbar, dass, was hier so rastlos
ins Leere geht, im Roman, den ich nicht kenne, funktioniert haben soll. Das
ist natürlich kein Urteil über den Roman, aber ein einigermaßen
verheerendes Urteil über Schraders "Adam Resurrected", der ihm
die passende filmische Gestalt zu geben versucht.
Ekkehard Knörer
Dieser Text ist zuerst erschienen
im: Perlentaucher
Ein
Leben für ein Leben - Adam Resurrected
Deutschland
/ USA / Israel 2008 - Originaltitel: Adam resurrected - Regie: Paul Schrader
- Darsteller: Jeff Goldblum, Willem Dafoe, Ayelet Zurer, Sir Derek Jacobi, Hana
Laslo, Joachim Krol, Moritz Bleibtreu, Veronica Ferres – Start(D): 19.2.2009
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