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Ein
Sommer in New York - The Visitor
Jesusmäßiges
Lichtspiel
Ins
Register Seelenbildung für Universitätsprofessoren gehört Thomas
McCarthys zweiter Film "Ein Sommer in New York - The Visitor".
Pianomusik
perlt. Mann, nicht mehr jung, spielt Klavier. Lehrerin gibt ihm, wie einem Kind,
Handhaltungsinstruktionen. Mann blickt gequält und schickt sie davon. Mild
ist das Licht in Connecticut. Elliptisch tun die Einstellungen. Es geht zu einer
Konferenz nach New York.
Eine
schwarze Frau liegt im Bad im New Yorker Appartement. Der Mann, nicht mehr jung,
ist Professor und blickt leicht schockiert. Ein Paar in der Wohnung, die der
Mann seit Ewigkeiten nicht besucht. Die Frau des Mannes, Klavierspielerin, ist
verstorben. Das Paar in der Wohnung, er aus Syrien, sie aus Ghana, darf bleiben.
Sanfte Perkussion auf der Tonspur.
Der
Syrer heißt Tarek und trommelt, die Frau aus Ghana heißt Zainab
und verkauft auf der Straße selbstgebastelten Schmuck. Der Professor heißt
Walter und findet Gefallen am Trommeln. Klaviermusik perlt. Sanfte Perkussion
auf der Tonspur. Dann wird Tarek verhaftet, Abschiebung droht. Die Wärter
geben dem arabischen Wirt niemals Trinkgeld. Grau ist das Licht vor dem Gefängnis
in Queens.
"The
Visitor", der zweite Film von Thomas McCarthy, ist ganz ohne Arg. Richard
Jenkins, in "Six Feet Under" der ewig wiederkehrende tote Vater, spielt
einen Mann, dessen Seele eingefroren war und auftaut. Der trommelnde Mann in
der Abschiebehaft, seine schmuckverkaufende Freundin und dann eine auftauchende
Vierte im Bunde kommen beim Auftauen recht. Das New Yorker Appartement ist nie
leer. Im CD-Player jetzt Fela Kuti, ein interkulturelles Geschenk. Später
beim Fensterputzen die Klaviermusik der verstorbenen Frau. Sind so feine Korrespondenzen.
Der
Kitsch hat viele Gesichter. Oft bringt gerade allzu guter Geschmack das Verderben.
"Sommer in New York - The Visitor" ist ein jesusmäßiges
Lichtspiel für schöne Seelen. Mild lächelt Thomas McCarthys Film
mit sanftem Augenaufschlag. Nie schießt er über das Ziel, seufzt
immer nur still. Zu viel zu tun ist den Darstellern streng verboten. Wie Donnerhall
exquisit kleine Gesten. Attraktiv ist die Frau aus dem Osten, aufgetaut der
Mann aus dem Westen. Man geht gemeinsam ins Musical in der 42. Straße
und speist und trinkt hinterher im warmen Licht des Restaurants nahe den Fifth
Avenuen. Der gute Geschmack, der ein höflicher, aber streng blickender
Herr ist im Anzug, untersagt ein zu glückliches Ende. Sitzt der Professor
am Bahnsteig und trommelt. Fährt eine U-Bahn vorüber. Würden
alle Menschen doch Brüder!
Ekkehard
Knörer
Dieser Text ist zuerst erschienen in: www.perlentaucher.de
Zu
diesem Film gibt’s im archiv der filmzentrale mehrere
Texte
Ein
Sommer in New York - The Visitor
USA
2007 - Originaltitel: The Visitor - Regie: Thomas McCarthy - Darsteller: Richard
Jenkins, Hiam Abbass, Haaz Sleiman, Danai Gurira, Marian Seldes, Maggie Moore,
Bill McHenry - FSK: ohne Altersbeschränkung - Länge: 108 min. - Start:
14.1.2010
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