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Ein
Teil von mir
Selbst
noch Kind sein und selbst schon ein Kind haben. Christoph Röhls Langfilmdebüt
auf der Suche nach der Balance zwischen sensiblem Stoff und unverkrampfter Erzählweise.
Wie schnell sich das Leben doch komplett ändern kann! Gerade
war Jonas (Ludwig Trepte) noch ein unauffälliger, gut behüteter 16-Jähriger,
doch die unverhoffte Mitteilung seiner schon fast vergessenen Partybekanntschaft
Vicky (Karoline Teska) katapultiert den Teenager in Gefühlswelten, für
die er noch nicht bereit ist: Er wird Vater. Anfangs versteckt sich Jonas vor
seinen Gefühlen und seiner Verantwortung. Er erzählt niemandem davon,
will von dem Kind nichts wissen. Doch mit gewitzter, fast schon verzweifelter
Konsequenz
schafft es die junge Mutter, Jonas die gemeinsame
Tochter wenigstens einmal zu zeigen. Allmählich entdeckt der frischgebackene
Vater seine Gefühle für das Kind und eine Art Bewunderung für
dessen Mutter. Die Kamera fängt dabei einige sehr intime Momente zwischen
dem jungen Vater und dem Baby ein. Neugierig beugt sich Jonas über das
Kind, das ihm die Hand entgegenstreckt und lacht. Der Zuschauer spürt,
dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis Jonas sich nicht mehr gegen seine
Gefühle wehren kann.
Das Langfilmdebüt des Regisseurs Christoph Röhl ist
zwar im Teenager-Milieu (alle aufgezogen von alleinerziehenden Müttern)
angesiedelt, beschäftigt sich aber vielmehr allgemein mit den Gefühlen
eines Vaters für sein Kind als mit den vielschichtigen Problemen, die eine
Schwangerschaft für ein 17-jähriges Mädchen und den ein Jahr
jüngeren Vater mit sich bringen. Eine tiefgründige Auseinandersetzung
mit dem Thema wurde in Ein Teil von mir bewusst ausgelassen. Christoph Röhl will keine sozialrealistische
Geschichte erzählen, sondern die Psychologie seiner Figuren in den Vordergrund
stellen. Er konzentriert sich auf die unbeholfenen Fortschritte auf dem Weg
zu den eigenen Gefühlen, der eigenen Identität.
Ein Teil von mir ist zweifelsohne ein sehr ambitioniertes Projekt. Es ist ein
leiser Film über die komplexen Gefühlswelten junger Eltern und deren
Mütter. Über die Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens, des Vaterwerdens,
des Mutterseins. Ein schwerer Stoff, der mit Leichtigkeit erzählt werden
soll. Im Verlauf des Films lassen sich jedoch leider nur sehr wenige Momente
finden, die wirklich für die große Leinwand geeignet sind. An einigen
Stellen sieht man dem Film die Mühe deutlich an: Der Versuch mit Leichtigkeit
zu erzählen wirkt dann schwerfällig und bemüht. Die Schauspieler
stolpern dabei immer wieder über zu konstruiert wirkende Szenen und Dialoge,
was in diesem stillen Film besonders negativ hervorsticht. Das nimmt dem Film
einiges an Dynamik und Dramatik, die dem Projekt sehr gut getan hätten.
Verena
Gröbmayr
Dieser
Text ist zuerst erschienen bei: www.critic.de
Ein
Teil von mir
Deutschland
2008
Laufzeit:
85 Minuten
Regie:
Christoph Röhl
Drehbuch:
Philippe Longchamp, Christoph Röhl
Produktion:
Christine Ruppert
Darsteller:
Ludwig Trepte, Karoline Teska, Lena Stolze, Julia Richter, Jennifer Ulrich,
Tabea Fiebig, Kai Michael Müller, Patrick Atzler, Felix Spyrka, Michael
Silbereisen
Kamera:
Peter Steuger
Musik:
Hermann Skibbe
Schnitt:
Julia Oehring
Kinostart:
15.10.2009
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