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Der
entsorgte Vater
Eine
Verschwörung der Frauen?
Haben die bösen Feministinnen am
Ende doch obsiegt und können sogar auf die Hilfe der Gerichte hoffen, wenn
sie Väter auf ihre Rolle als Erzeuger von Kindern festlegen? Werden Kinder
von Furien gnadenlos als Geiseln im Geschlechterkampf eingesetzt? Vor ein paar
Jahren tat sich der "Spiegel"-Autor Matthias Matussek mit geharnischten
Thesen zur "Entsorgung" der Väter in unserer Gesellschaft hervor.
Prominente wie der Schauspieler Mathieu Carriere trugen die schmerzhaften Konsequenzen
biografischer Brüche dann in allerlei Talkshows.
Auch der Filmemacher Douglas Wolfsperger
ist solch ein "entsorgter Vater": Seit einigen Jahren kämpft
er gegen seine ehemalige Lebensgefährtin um das Recht, weiterhin Kontakt
zur gemeinsamen Tochter haben zu dürfen. Die juristischen Mittel, um dieses
Recht durchzusetzen, sind längst erschöpft; ein Gerichtsentscheid
zwingt Wolfsperger zum Abschied von der Tochter. Auf dem Weg dorthin rekapituliert
der Filmemacher die Ereignisse, berichtet fassungslos von seiner Ohnmacht, von
einem aussichtslosen Kampf. Als unverheirateter Vater hat man nicht automatisch
das Sorgerecht für ein Kind, man tut gut daran, es zu beantragen. Aber
wer denkt schon daran, wenn er noch verliebt ist?
Wolfsperger jedenfalls war, wie er heute
zugibt, wohl etwas blauäugig. Seine Expartnerin hat wieder geheiratet,
die Tochter trägt jetzt einen anderen Nachnamen. Man geht nicht fehl, wenn
man den Film "Der entsorgte Vater" als eine verzweifelte Videogrußbotschaft
an die verlorene Tochter nimmt. Die persönliche Betroffenheit des Regisseurs
ist beklemmend, aber zugleich auch die elementare Schwäche dieses Films,
der individuelle Biografien und private Katastrophengeschichten zu etwas Verallgemeinerbarem
verdichten möchte. Weil die Geschichte Wolfspergers rasch erzählt
ist, hat er sich weitere Betroffene respektive Verbündete gesucht.
Da haben Trennungsväter ihre Kinder
teilweise seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen, wissen nicht mal mehr, wie die
Kinder aussehen, können deshalb sogar unwissentlich an der Schule unterrichten,
die das Kind besucht. Da werden Besuchsrechte vorenthalten, Weihnachtsgeschenke
ungeöffnet zurückgeschickt, Missbrauchsvorwürfe in den Raum gestellt.
Die ganze Welt erscheint so als Verschwörung von Frauen, die ihre Netzwerke
vom Kindergarten bis zu den höchsten Instanzen der Gerichte gesponnen haben.
Das Problem: Aufgrund der thematischen
Konstellation fehlt diesen Angriffen ein Gegenüber. Gern würde man
einmal die Ex des Filmemachers hören und erfahren, warum sie handelte,
wie sie handelte. Eine einzige Frau kommt hier zu Wort, und die spricht vom
Vater ihrer Tochter immer als "Erzeuger". Einmal wird davon gesprochen,
dass "die Rechtlosigkeit des Vaters politisch gewollt" sei. Mit dieser
These hätte man vielleicht einmal beteiligte Instanzen, etwa Familienrichter
oder -politiker, konfrontieren können. Lieber lässt der Regisseur
diese These aber polemisch im Raum stehen und zeigt stattdessen Männer,
die traurig, wütend und desillusioniert bei Waldspaziergängen ihre
Beziehungswunden lecken. Immerhin: wer diesen Film gesehen hat, der wird nicht
länger behaupten, Männer könnten einfach nicht über ihre
Gefühle reden.
Ulrich Kriest
Dieser Text ist zuerst erschienen
in der: Stuttgarter Zeitung vom 10.06.2009
Der
entsorgte Vater
Deutschland 2008 - Regie: Douglas Wolfsperger - Mitwirkende: Douglas Wolfsperger, Franzjörg Krieg, Harald Merker, Bernd Sosna, Ralf Bähringer, Birgit Laub - FSK: ab 12 - Länge: 86 min. - Start: 11.6.2009
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